Alle vier Netzbetreiber launchen DVB-H. Starttermin: unbekannt

29.05.2006
Heute gaben die vier deutschen Netzbetreiber in Berlin bekannt, das Thema Mobile-TV zur Chefsache zu machen. Statt auf den regional bereits kommerziell verwendbaren DMB-Standard setzen die Kommunikationsriesen auf das weiter entwickelte DVB-H.

Selten sah man alle Netzbetreiber Deutschlands so gemütlich und gelöst in einer Runde beisammensitzen: T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2 kündigten heute ihr gemeinsames Pilotprojekt für mobiles Fernsehen an, das - nicht unerwartet - auf DVB-H basiert. Dieser europäische Rundfunkstandard ist ans gängige terrestrische DVB-T Digitalfernsehen angelehnt und versteht sich als Broadcast-Technologie. Im Gegensatz zum UMTS-gestützten bisher bekannten MobileTV sendet DVB-H nicht Daten über IP-Streams zum Empfänger, sondern nutzt ein Frequenzspektrum, das ein Signal an beliebig viele Empfangsgeräte ohne Leistungseinbußen übermitteln kann.

Das ambitionierte Vorhaben, bis zur WM 2006 ein lauffähiges kommerzielles DVB-H-Programm zu starten, ist damit gescheitert. Nicht aber die technische Umsetzung: innerhalb des Pilotprojekts werden ausgewählte Nutzer - beispielsweise UMTS-Kunden von Vodafone, die in letzter Zeit das mobile TV-Angebot des Betreibers genutzt haben - in den Genuss lauffähiger Testgeräte kommen. Das Projekt wurde heute feierlich mit einem symbolischen Knopfdruck eröffnet und soll bis zum 31. August sein Programm in den drei Großstädten Berlin, Hamburg und Hannover ausstrahlen.

Für die Kommerzialisierung, die nicht vor 2007 geplant ist, stellen die vier Netzbetreiber ein Betreiberkonsortium auf, in dem auch die Landesmedienanstalten ihren Beitrag leisten werden. Noch ist nämlich die Verteilung der Frequenzspektren für die Ausstrahlung des DVB-H-Signals alles andere als festgeschrieben und die Frequenzen von Land zu Land unterschiedlich verteilt.

Derzeit lassen sich 16 Programme über DVB-H empfangen, darunter alle gängigen Fernsehsender wie ARD und ZDF, RTL, SAT.1, PRO7 und N24 sowie ein regional getrennter Spartenkanal und je nach Region auch die dritten Programme der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten. Theoretisch lassen sich übers DVB-H-Spektrum bis zu 50 Kanäle broadcasten.

Und das ist auch der entscheidene Punkt, warum die vier Netzbetreiber sich für den Standard entschieden haben: die Konkurrenztechnologie DMB-T, die derzeit von debitel und einem eigenen Betreiberkonsortium (der MFD GmbH) kommerziell gelauncht wird, bietet nur eine Bandbreite für maximal 5-10 Kanälen. Der Nachteil: bis die Netzbetreiber ein konkurrenzfähiges Produkt am Markt haben, werden DMB-Anbieter bereits auf über ein Jahr Erfahrung im mobilen TV-Markt zurückblicken können. Ob sich der Kunde dann noch wegen der größeren Kanalvielfalt für eine neue Technologie entscheidet, bleibt fraglich - ist aber nicht unwahrscheinlich.

Der erste Eindruck der neuen Rundfunkwelt fällt übrigens außerordentlich positiv aus: ist man erst einmal in einem abgedeckten Gebiet, ist der mobile TV-Genuss - anders als UMTS - standhaft, ruckelfrei und qualitativ äußerst hochwertig. Erste Endgeräte stammen von Nokia (N92), BenQ-Siemens (der nach wie vor nicht näher bezeichnete Prototyp mit Linux-System), Motorola (ebenfalls mit Linux-Smartphone), Samsung (SGH-P910) und Sagem (mit einer MyX-8 ähnlichen Variante samt ausziehbarer Antenne). Laut Aussagen von Projektbeteiligten halten die Geräte auch bei andauerndem TV-Konsum bis zu 4 Stunden durch - für ein Fußballspiel sollte das also ausreichen.

Wer in Berlin in den Genuss des mobilen Fernsehens kommen will, kann sich eine Kostprobe im Restaurant Il Punto abholen. Hier installiert Vodafone einen Showcase mit einigen Endgeräten, die das DVB-H-Signal empfangen können. Das Il Punto findet man am Pariser Platz 6a (Eingang Ebertstraße 24) in 10117 Berlin.

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