AWS

Amazon Web Services im Porträt

Bernd Reder ist freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Technologien, Netzwerke und IT in München.

AWS: Offen für Linux, Windows und mehr

Ein weiterer Pluspunkt sind die Entwicklungsumgebungen von AWS. Sie unterstützen alle gängigen Frameworks, von Java und JavaScript über .NET bis hin zu Ruby, Python und PHP. Zudem stehen Cloud-Ressourcen für die Entwicklung und Bereitstellung von Code zur Verfügung, etwa CodePipeline und CodeDeploy.

Positiv zu werten ist die Offenheit der Amazon-Cloud-Plattform. Amazon EC2 stellt beispielsweise seit jeher sowohl Windows- als auch Linux-Instanzen zur Verfügung. Microsoft dagegen tat sich lange Zeit schwer mit Services jenseits der Windows-Welt. Nutzer von AWS-Diensten können somit unterschiedliche Services "mixen", also beispielsweise virtualisierte Windows- und Linux-Systeme in Kombination mit Linux-Firewalls und dem Amazon Simple Email Service (SES).

Diese Vielfalt von AWS-Cloud-Services hat zwei Facetten: Zum einen ist auf dem Markt derzeit kein vergleichbares Angebot vorhanden. Zum anderen erfordert die Vielzahl der Optionen ein profundes "Cloud-Wissen" beim Anwender. Vor allem Unternehmen, deren IT-Abteilungen mit Cloud-Services wenig Erfahrung haben, kann dieses Angebot überfordern. Das bestätigt das deutsche Beratungshaus Crisp Research: "Die meisten Unternehmen, die mit geringer Komplexität und wenig Aufwand auf der Infrastrukturebene kurzfristig Erfolge erzielen möchten, sind mit der Amazon Cloud überfordert. Das Angebot ist sehr vielfältig, richtet sich aber weiterhin an Infrastruktur-Profis und Entwickler."

Niedrige Preise setzen Microsoft, IBM und T-Systems unter Druck

Amazon, die Muttergesellschaft von AWS, ist bekannt dafür, sich als preisgünstige Alternative zum klassischen Fachhandel zu positionieren. Eine vergleichbare Strategie verfolgt auch AWS, berichtet Constantin Gonzalez Schmitz, Principal Solutions Architect bei AWS Deutschland: "Ebenso wie unsere Kollegen von Amazon.com bieten wir unseren Kunden ein breites Angebot, hohe Verfügbarkeit und niedrige Preise." Dass diese Strategie darauf hinausläuft, Konkurrenten wie Microsoft, IBM, Google oder T-Systems mittels Preis-Dumping in Bedrängnis zu bringen, weist Gonzales Schmitz zurück: "Wir bauen unsere Plattform immer weiter aus und erzielen dadurch Skalierungseffekte. Die damit verbundenen Kostenvorteile geben wir an unsere Kunden weiter." Auch künftig will AWS an dieser Strategie festhalten: "Seit dem Start von AWS im Jahre 2006 haben wir mehr als 50 Mal die Preise gesenkt, und wir sind uns sicher, dass unsere Kunden sich auch in Zukunft nicht über Preissenkungen beschweren werden."

Mitbewerber wie Microsoft, Google und IBM bringt dies unter Zugzwang. So senkte die Windows-Company 2016 den Preis für die Virtual Machines der Reihe Azure D, die über Microsofts Cloud-Plattform Azure bereitgestellt werden, um bis zu 17 Prozent. "Im Gegensatz zu AWS-EC2-Instanzen stellen wir kostenlos zusätzliche Funktionen wie Load Balancing und die automatische Skalierung bereit", erläutert Nicole Herskovitz, Produktmarketing-Direktorin Cloud Platform bei Microsoft, in einem Beitrag im Azure-Blog. Zudem kündigte sie weitere Preisnachlässe an, beispielsweise für Entwickler, die Azure als Test- und Entwicklungsplattform nutzen.

Auch im Frühjahr 2017 setzte sich die Tendenz zu sinkenden Preisen bei Azure fort. So mussten Kunden von Microsoft bis zu 51 Prozent weniger für Virtual Machines und Storage-Ressourcen bezahlen. Die Preispolitik ist sowohl für Microsoft als auch AWS jedoch ein zweischneidiges Schwert. Günstige Preise und die hohe Angebotsvielfalt erhöhen zwar die Attraktivität der Cloud-Dienste. Gleichzeitig droht jedoch die Gefahr, dass die Gewinnmarge schrumpft. Dies dürfte wiederum den Anteilseignern von Amazon ein Dorn im Auge sein. Immerhin gibt es erste Anzeichen dafür, dass der Preiskampf zu Ende geht, zumindest zwischen AWS, Azure und Google. Dagegen drängen Anbieter wie der deutsche IT-Konzern 1&1 sowie der chinesische Amazon-Konkurrent Alibaba mit günstigen Angeboten auf den Public-Cloud-Markt.

AWS Marketplace: Cloud-Applikationen aus dem Web-Store

Um seine Cloud-Plattformen für Anwender attraktiver zu machen, hat sich AWS sukzessive für Anbieter von Cloud-Applikationen geöffnet. Im Marketplace von Amazon Web Services standen im Frühjahr 2017 mehr als 5.000 Applikationen aus 35 Kategorien zur Verfügung. Mit dem Marketplace greift AWS in Deutschland vergleichbare Angebote von T-Systems und Salesforce.com an, aber natürlich auch Microsofts Azure-Plattform.

Über den Marketplace bietet AWS Applikationen und Systemsoftware aller Art an. Anwender können diese über die Amazon-Cloud nutzen.
Über den Marketplace bietet AWS Applikationen und Systemsoftware aller Art an. Anwender können diese über die Amazon-Cloud nutzen.
Foto: AWS

Nach Einschätzung der Beratungsgesellschaft ISG zählt AWS neben Salesforce.com zu den wenigen Anbietern im Bereich Cloud Computing, denen es gelungen ist, ein funktionierendes Ökosystem rund um ihre Plattformen zu etablieren. Dies schließt nicht nur Standardapplikationen wie Datenbanken und Office-Pakete ein, die über den AWS Marketplace bereitgestellt werden. Wichtig sind laut ISG auch spezielle Angebote für individuelle Anforderungen, beispielsweise Next-Generation Firewalls oder Application Delivery Controller.

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