AMD versucht es mit: "Megahertz sind out!"

18.10.2001
Nachdem Intel das Megahertz-Rennen vor rund einem halben Jahr zu seinen Gunsten entschieden hat, zieht AMD jetzt ein anderes Register. Der CPUSpezialist aus Sunnyvale, Kalifornien, startet eine große Kampagne gegen die so genannte "Megahertz-Lüge".

Es könnte alles so einfach sein: Je mehr PS ein Auto besitzt, desto schneller kann es fahren. Mit je mehr MHz ein Prozessor getaktet wird, umso schneller rechnet er. Zu Anfang der PC-Ära stimmte diese Aussage in etwa. Bei den modernen schnellen CPUs mit Taktfrequenzen weit über 1 GHz spielen jedoch noch andere Kriterien eine wichtige Rolle. Beim Marketing und in der Werbung gilt die MHz-Angabe aber immer noch als das Verkaufskriterium Nummer eins.

Denn ein 2.000-MHz-PC verkauft sich einfach besser als ein 1.500-MHz-Rechner: Der Konsument greift natürlich zum vermeintlich schnelleren PC.

Bei einem Auto ist jedem klar, dass ein Lastwagen mit einem 300-PS-Dieselmotor nicht ganz so schnell fährt wie ein Sportwagen mit "nur" 220 PS.

Bei PCs ist der Irrglaube, mehr MHz bedeuteten eine höhere Rechenleistung, immer noch weit verbreitet. Die endgültige Arbeitsgeschwindigkeit eines Rechners hängt jedoch von vielen Faktoren ab. Und dabei ist der Prozessor nur ein kleines Rädchen im Getriebe. Grafikkarte, Festplatte, Controller, Chipsatz und Speicher fließen bei der Beurteilung der Rechengeschwindigkeit zu einem großen Teil mit ein.

Die 286-, 386- und 486-CPUs von AMD und Intel basierten auf der gleichen internen Struktur. Vergleichstest zwischen den beiden Kontrahenten ließen sich also recht leicht durchführen. Als Formel für die Rechenleistung galt: IPC (work per clock cycle) x MHz = Performance. Übersetzt heißt das: Arbeitsschritte pro Taktzyklus mal Taktfrequenz ergibt die Rechenleistung.

In der fünften Prozessorgeneration, also ab dem Pentium oder dem Athlon, weichen die internen Strukturen zwischen AMD- und Intel-CPUs jedoch gewaltig voneinander ab. Je nach internem Aufbau kann die CPU zum Beispiel für eine spezielle arithmetische Aufgabe mehr oder weniger Taktzyklen benötigen. Ein direkter Vergleich bei allen Anwendungen ist nicht mehr möglich. Deshalb haben bei einigen Programmen AMD-Prozessoren die Nase vorn, bei anderen die CPUs von Intel.

Bremsklotz Speicher

Bei einer sehr hohen Taktfrequenz kann die CPU sehr viele Rechenschritte pro Sekunde durchführen. Aber jetzt kommt ein weiterer Punkt ins Spiel: der Speicher. In den letzten Jahren haben die Prozessoren einen gewaltigen Schritt in Bezug auf die Taktfrequenz gemacht. Heute sind sie bis zu 17-mal schneller als der Hauptspeicher. Das bedeutet in der Praxis: Die CPU holt Daten aus dem Speicher und verändert sie in zum Beispiel vier Taktzyklen. Danach wäre eigentlich Pause angesagt. Denn jetzt müsste der Prozessor im ungünstigsten Fall 13 Taktzyklen warten, bis er die Daten wieder zurück in den Hauptspeicher schreiben kann. Um diese Wartezeit zu überbrücken, haben sich die Entwickler etwas einfallen lassen - den Cache-Speicher. Der arbeitet entweder genauso schnell wie der Prozessor oder zumindest mit der halben Taktfrequenz. Leider ist dieser Speicher recht klein und kann deshalb nur wenige Daten aufnehmen. Moderne CPUs arbeiten deshalb zusätzlich noch mit einem anderen Verfahren. Hierbei "raten" sie quasi den nächsten Befehl und führen ihn schon mal aus. War die Annahme richtig, kann die CPU bei der nächsten Anforderung schon mit dem fertigen Ergebnis aufwarten; war sie falsch, musste sie von vorn beginnen. Je besser die Trefferquote, desto schneller arbeitet die CPU. Diese so genannten Prefetching Pipelines sind in den Prozessoren mehrfach vorhanden und können bis zu zwölf Stufen umfassen. Intels und AMDs Prozessoren haben nun aber unterschiedliche Versionen dieser Pipelines. Deshalb ist die Trefferquote je nach Anwendungssoftware auch unterschiedlich groß. Außerdem benötigen sie unterschiedlich viele Taktzyklen für bestimmte Befehle, da sie noch mit verschiedenen Algorithmen arbeiten. Durch diese beiden Faktoren kommen die unterschiedlichen Rechenzeiten zustande.

AMDs neuester: der Athlon XP

Das neueste Kind aus dem Hause AMD arbeitet mit einem Palomino-Kern, wie er auch schon im mobilen Athlon eingesetzt wurde. Im Vergleich zum alten Thunderbird-Athlon arbeitet der XP bei gleicher Taktfrequenz rund 20 Prozent schneller und verbraucht gleichzeitig etwa 20 Prozent weniger Strom. Außerdem wurde eine SSE-Befehlseinheit integriert. Damit verabschiedet sich AMD wohl endgültig von der 3DNow-Technologie.

Ebenfalls neu im Prozessor ist die Temperaturmessung mittels einer integrierten Messdiode, die endlich genaue Rückschlüsse auf die tatsächliche Temperatur auf dem Chip zulässt. Allerdings nur, wenn das Mainboard diese Funktion auch unterstützt. Auf eine interne Schutzschaltung, die eine Selbstzerstörung des Prozessors bei Überhitzung verhindert, hat AMD verzichtet.

Auf dem schnellsten Prozessor der XP-Reihe (insgesamt vier Modelle von 1.500 bis 1.800 MHz) prangt die Aufschrift 1800+. Die Zahl 1.800 soll die Geschwindigkeit der CPU angeben, die der eines mit 1.800 MHz getakteten Intel-Prozessors entspricht. "Intel baut das Marketing in seine Prozessoren ein, während AMD es nur aufdruckt", so der Kommentar eines Insiders.

In Wirklichkeit wird der schnellste Prozessor von AMD mit nur 1,53 GHz getaktet. Zugegeben, der schnellste Prozessor von AMD weist eine beeindruckende Zahl von Features auf. Das Einzige, was er aber dem Pentium 4 wirklich entgegensetzen kann, ist sein Preis-Leistungs-Verhältnis. Und während der Athlon XP in puncto Taktfrequenz schon ziemlich ausgereizt sein dürfte, steckt im Pentium 4 noch viel Potenzial. Er dürfte nach Meinung von Experten mit fast gleichem Kern bis zu 10 GHz gut sein. Und während Intel an jedem Dollar Umsatz gut 13 Cent in die eigene Tasche stecken kann, muss sich AMD mit etwa einem Achtel begnügen. Es brechen schwere Zeiten für den kalifornischen Chiphersteller an.

www.intel.de

www.amd.de

ComputerPartner Meinung:

Ob der Kunde die 1.800 versteht, ist fraglich. Vor einigen Jahren schon haben Cyrix und auch AMD mit einer ähnlichen Strategie Schiffbruch erlitten. Denn Megahertz-Zahlen ziehen beim Verkaufsgespräch bis heute noch immer am besten. (jh)

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