An der Schnapstankstelle

29.11.2001
Das Hauptproblem bei der Stromversorgung von Notebooks und anderen mobilen elektronischen Geräten liegt in der geringen Energiespeicherdichte der heute eingesetzten Akkus. Mit allerlei Tricks und Energiesparmaßnahmen versuchen Entwicklungsingenieure, die Laufzeiten der mobilen Geräte zu verlängern. Dieses Problem könnten Brennstoffzellen lösen, die direkt chemische in elektrische Energie umwandeln.

Das Prinzip der Brennstoffzelle ist schon seit langem bekannt. Bereits 1839 demonstrierte der walisische Richter William Groves, ein Freund des Physikers Michael Faraday, zum ersten Mal das Prinzip der Brennstoffzelle. Da jedoch zur gleichen Zeit auch die elektromagnetische Induktion zur Erzeugung von Strom entdeckt wurde, trat die Entwicklung von Brennstoffzellen zunächst wieder in den Hintergrund.

Eine Brennstoffzelle besteht aus jeweils einer metallischen Anode und Kathode, die durch eine dünne Membran voneinander getrennt sind. Ein Katalysator spaltet an der Anode die Moleküle des "Brennstoffs" in positiv geladene Protonen und negativ geladene Elektronen auf. Die Protonen durchqueren die Membran und wandern zum anderen Pol, wo sie mit dem Luftsauerstoff reagieren - Wasserdampf entsteht. Die für die Reaktion notwendigen freien Elektronen wandern über den Verbindungsdraht zur Kathode, wo sie dann für die Reaktion bereit stehen.

Eine Brennstoffzelle liefert nur eine sehr geringe Spannung. Aber es lassen sich mehrere Zellen kaskadieren, um auf höhere Spannungen zu kommen.

Praktischer Einsatz

Für eine breite Anwendung waren Brennstoffzellen bislang zu teuer, deshalb wurden sie nur in speziellen Bereichen, wie beispielsweise in der Raumfahrt oder bei U-Booten, eingesetzt. Dank neuer Forschungsarbeiten kann sich das aber bald ändern.

Denn auch die Industrie sucht händeringend nach neuen Energiequellen für tragbare Geräte. Die Palette reicht dabei vom Handy über Werkzeug bis hin zum Notebook. Für den mobilen Einsatz von Notebooks spielt inzwischen die Akkuleistung schon fast eine größere Rolle als die Rechengeschwindigkeit. Gegenüber Akkus und Batterien weisen Brennstoffzellen entscheidende Vorteile auf:

- längere Betriebszeiten

- höhere Energiedichte (Wh/kg)

- längere Lebensdauer

- kein Memory-Effekt

- sekundenschnelles Aufladen

Akkus speichern Energie, die an anderer Stelle erzeugt wurde. Bei Brennstoffzellen hingegen wird der Strom an Ort und Stelle hergestellt, und zwar nur dann, wenn er auch benötigt wird. Eine Selbstentladung, wie sie beispielsweise bei Akkus auftritt, kommt bei einer Brennstoffzelle nicht vor. Nur solange der Energieträger, zum Beispiel Wasserstoff, der Zelle zugeführt wird, entsteht Strom.

Ein weiterer Vorteil ergibt sich aus der langen Lebensdauer der Brennstoffzelle und ihrer Recyclingfähigkeit. Der Einsatz von Brennstoffzellen führt zu einer erheblichen Verminderung schwermetallhaltiger Abfälle. Als Katalysator dient in modernen Brennstoffzellen Platin. Und dieser Rohstoff ist zu wertvoll, als dass man ihn nicht wiederverwerten sollte.

Eine Frage des Brennstoffs

Als Protonengeber fungiert in allen Brennstoffzellen immer Wasserstoff. Der "verbrennt" mit dem Luftsauerstoff zu Wasserdampf. Nun ist Wasserstoff bei Raumtemperatur immer gasförmig. Er lässt sich also bei Kleingeräten nur in einem speziellen, schweren und unhandlichen Stahltank mitführen. Außerdem sind Wasserstoffmoleküle sehr klein. Sie können bereits durch kleinste Spalten und Undichtigkeiten entweichen.

Hinzu kommt, dass Wasserstoff in Verbindung mit Sauerstoff hochexplosiv ist. An die Knallgasexplosion aus dem Chemieunterricht wird sich wohl jeder erinnern. Das neu gegründete Münchener Unternehmen Smart Fuel Cell GmbH (SFC) setzt deshalb auf Methanol als Energieträger. Das flüssige Methanol kann direkt in die Zelle gegeben werden. In der Zelle wandelt ein Katalysator (Platin) das Methanol direkt in Protonen, freie Elektronen und Kohlendioxid um. Deshalb lassen sich Direkt-Methanol-Brennstoffzellen (DMFC = direct methanol fuel cell) gefahrlos handhaben. Diese Zellen sind darüber hinaus besonders umweltfreundlich. Als Abfallprodukte entstehen lediglich in geringen Mengen Wasserdampf und Kohlendioxid. Smart Fuel Cell vergleicht den Schadstoffausstoß der Brennstoffzelle beim Betrieb eines Laptops mit dem Ausatmen eines Kleinkindes.

Die Stromaggregate des Unternehmens basieren auf miniaturisierten Direkt-Methanol-Brennstoff-zellen. Auch die anderen zum Betrieb notwendigen Komponenten wie Brennstofftank, Luftversorgung und Brennstoffpumpe sind in dem Aggregat integriert. Es handelt sich also um ein Komplettsystem. Die Tankpatrone ist aus-wechselbar, ähnlich wie bei einem Tintenstrahler. Ist sie leer, lässt sie sich schnell, einfach und sauber austauschen. Aufgrund der hohen Energiespeicherdichte lassen sich Laptops mit diesem System lange betreiben.

Unternehmensgründer und Geschäftsführer Manfred Stefener sieht seine Zellen aber nicht als Ende der Akkus. Er glaubt, dass beide Technologien nebeneinander bestehen bleiben und sich sogar ergänzen können. Denn für Hochstromanforderungen, wie sie zum Beispiel in Akkuschraubern benötigt werden, reichen die Zellen nicht aus, der Innenwiderstand ist noch zu hoch. Aber vielleicht ließe sich ein Akku parallel schalten, um den kurzfristigen Energiehunger des Schraubers zu befriedigen.

Überall dort, wo relativ wenig Strom über mehrere Stunden benötigt wird, haben Brennstoff-zellen ihre Vorteile. Stefener sieht zum Beispiel Brennstoffzellen als Stromversorgung für Warn- und Baustellenlampen. Dann muss nicht mehr täglich der Akku ausgetauscht und aufgeladen wer-den - ein paar Tropfen Methanol, und die Lampe brennt wieder.

ComputerPartner-Meinung:

Mit der Entwicklung der kleinen Brennstoffzellen hat die Smart Fuel Cell GmbH einen entscheidenden Schritt in der Energieversorgung mobiler Geräte getan. Vielleicht lösen diese Zellen ja das Energieproblem der Notebooks. Mit dieser Technik genügen wenige Tropfen Schnaps (Methanol), um wieder für ein paar Stunden mit dem Laptop arbeiten zu können. (jh)

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