Angriff auf Intel? Schneller Low-Cost-Prozessor für Multimedia

12.09.1999
MÜNCHEN: Während Intel und AMD zur Zeit um den schnellsten Prozessor wetteifern, taucht am Horizont ein neuer Kandidat auf, der einen Prozessor für den Consumer-Markt herstellen will. Die Rede ist von dem Unternehmen Sun Microelectronics, das bislang Sparc-Prozessoren für Workstations gebaut hat.

Sun nennt den Consumer-Prozessor "MAJC 5200". MAJC steht für Microprocessor Architecture for Java Computing. Wie der Name schon sagt, ist der Chip für Java-Applikationen konzipiert worden. Besonderes Augenmerk legen die Entwickler auf Verarbeitung von Multimediadaten in Echtzeit.

"Mit dem Design des MAJC 5200 will Sun Microelectronics Anwendern genau die Rechenleistung zur Verfügung stellen, die sie für eine neue Klasse von Convergence-Applikationen benötigen. Gleichzeitig eröffnet das erste MAJC-Design zahlreiche neue Möglichkeiten für Sun", erklärt Bill Joy, Gründer, Chief Scientist und CEO von Sun Microsystems.

Ziel der MAJC-Entwicklung war es, einen extrem schnellen und dennoch kostengünstigen Prozessor zu bauen. Besonderer Wert wurde dabei auf freie Skalierbarkeit der Chips gelegt. Das bedeutet: Bei Anwendungen, die nur geringe Rechenleistung fordern, kommt lediglich ein Prozessor zum Einsatz. Braucht man mehr Leistung, können sich mehrere Prozessoren die Arbeit teilen.

Chips, die nach der MAJC-Architektur aufgebaut sind, sollen komplexe Grafik- und Sprachdaten schnell verarbeiten und gleichzeitig Computing-Aufgaben bei sehr hohen Taktraten in vernetzten Systemen übernehmen können. Damit sind sie prädestiniert für den Einsatz in Multimediasystemen. Das beginnt bei Bildtelefonen, geht über Netzcomputer und Webboxen und endet schließlich bei Supercomputern. Das erste Mitglied dieser Familie ist der MAJC 5200, der im zweiten Quartal 2000 auf den Markt kommen soll.

Im Rahmen simulierter Benchmarks zahlreicher Applikationen konnte der MAJC 5200 bereits seine hohe Geschwindigkeit unter Beweis stellen. Von dem fertigen MAJC 5200 erwarten die Entwickler, daß er zwei Mpeg-Datenströme in Echtzeit decodieren und gleichzeitig Surround-Sound-Audio-Decode-Funktionen oder eine Web-Browsing-Session durchführen kann. Anwender könnten damit beispielsweise gleichzeitig zwei verschieden Fernsehprogramme empfangen und im Internet elektronisch einkaufen.

Sun, eher für die Sparc-Risc-Prozessoren bekannt, hat vertrautes Terrain verlassen und wendet sich mit dem MAJC erstmals der VLIW-Architektur zu. Beim Risc-Prozessor kennt die CPU nur wenige Befehle. Die kann sie aber sehr schnell abarbeiten. Bei der Very Large Instruction Architectur (VLIW) sind in der CPU sehr komplexe Rechenschritte fest einprogrammiert.

Das Innenleben

Der MAJC 5200 vereinigt zwei einzelne identische 128-Bit-VLIW-Prozessoren auf einem Die. Zum Vergleich: Intels neueste Schöpfung, der "Itanium", arbeitet nur mit einer 64-Bit-Architektur.

Der Sun-Wunderchip ist in 0,22 Mikrometer-Technologie gefertigt, wird mit 500 MHz getaktet und braucht bei 1,8 Volt Versorgungsspannung rund 15 Watt. Zum Vergleich: Der Pentium III braucht die dreifache Leistung, nämlich rund 45 Watt.

Im Gegensatz zu den meisten heutigen Prozessoren wird der Chip komplett in Kupfertechnologie hergestellt. Die Besonderheit des Chips liegt aber in den beiden Prozessoren. Damit soll ein zu verarbeitender Datenstrom von etwa zehn Gigagbit pro Sekunde gewährleistet werden. Diese technischen Features katapultieren den MAJC 5200 in die Lei-stungsklasse eines Pentium-III- oder Athlon-Prozessors.

Wenn dieser Chip wirklich hält, was die Entwickler versprechen, könnte er die Prozessorwelt auf den Kopf stellen. Besonders in der Netzwelt könnte er für Aufregung sorgen. Seine für Java-Applikationen optimierte Struktur prädestiniert ihn geradezu als universellen Multimediachip. (jh)

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