Angriff auf Microsoft: Novell kauft Linux-Know-how

14.08.2003
Der Kauf der kleinen Softwareschmiede Ximian durch Novell lässt einen neuen Konkurrenten zu Microsoft entstehen, der eine komplette Desktop-Umgebung für Client-PCs anbieten kann. Der Clou: Das System basiert auf Linux.

Mit der überraschenden Übernahme von Ximian wird der Hersteller von Netzwerk-Betriebssystemen Novell nahezu von einem Tag auf den anderen zu einem bedeutenden Player im Linux-Markt für Unternehmenskunden und Endanwender. Ximian hat erst vor wenigen Monaten die Version 2 des "Ximian Desktop" (XD2) für Linux vorgestellt. Diese Art von Software gilt als Schlüssel für den Erfolg des freien Betriebssystems auf Client-PCs. Im Gegensatz zu Servern ist Linux dort bisher nur wenig verbreitet. Mit Novell im Hintergrund könnte ein ernsthafter Konkurrent für Microsoft im Betriebssystem- und Desktop-Umfeld entstehen - auch wenn Novell alle diesbezüglichen Absichten vehement dementiert.

Novell: Linux ist kein Risiko für Netware

Auf der Linux-World tauchten auch gleich Gerüchte auf, dass Novell die Weiterentwicklung von Netware zugunsten von Linux einstellen werde. Dies hat das Unternehmen mittlerweile offiziell dementiert.

Der Ximian Desktop 2 ist eine umfangreiche Desktop-Umgebung für den Pinguin, die mit zahlreichen Linux-Anwendungen ausgestattet ist und laut Hersteller auch Windows-Dateiformate und -Networking unterstützt. Darüber hinaus hat Ximian "Evolution" im Programm, eine PIM-Software (Personal-Information-Management), die E-Mail, Kalender sowie eine Kontakt- und Aufgabenverwaltung vereint. Evolution arbeitet nach Angaben von Ximian mit "Exchange" von Microsoft und "One" von Sun Microsystems zusammen. Noch in diesem Jahr will Novell Schnittstellen zur eigenen Groupware-Lösung "Groupwise" entwickeln.

Ximian: beteiligt an zahlreichen Linux-Projekten

Ximian setzt voll auf "Gnome", einen hier zu Lande noch nicht sehr weit verbreiteten Linux-Desktop. Deutsche Anwender sind eher mit "KDE" vertraut, auf das beispielsweise Suse setzt. Neben den Desktop-Projekten und der Beteiligung an Gnome ist Ximian in die Entwicklung von "Mono" involviert. Dabei handelt es sich um eine Software, die es ermöglichen soll, mit "Microsoft Dotnet" entwickelte Anwendungen auf Linux- und Unix-Systemen einzusetzen. Die Ximian-Gründer Miguel de Icaza und Nat Friedman sind seit dem Start beiGnome und Mono dabei. Laut Novell sollen sie dort auch nach ihrem Wechsel zu dem Betriebssystemhersteller weiter tätig sein.

Ximian Desktop 2 wird nach Informationen des Unternehmens weltweit von mehr als einer Million Anwender eingesetzt. Die Software wird derzeit über die Website des Herstellers vertrieben und kostet dort pro Lizenz 99 Dollar. Nach Aussage von Michael Naunheim, Director Channel- Marketing Emea bei Novell, werden die Produkte von Ximian in Zukunft aber sicher auch über die Vertriebskanäle von Novell in Deutschland angeboten. Einen Termin konnte er allerdings noch nicht nennen. Einen eigenen No-vell-Desktop hält er für durchaus denkbar.

www.novell.de

ComputerPartner-Meinung

Ximian war bisher eine kleine Firma mit interessanter Technik, aber geringer Bedeutung auf dem Markt. Der Kauf durch einen weltweit aufgestellten Konzern wie Novell kann den Durchbruch für das ehrgeizige Unternehmen bedeuten. Wenn Novell es schafft, ein eigenes "Novell Desktop OS" auf Linux-Basis auf die Beine zu stellen und erfolgreich zu vermarkten, kann sich Microsoft warm anziehen. (afi)

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