Apple Deutschland

06.04.1998

ISMANING: "Think different" heißt die Werbekampagne von Apple. Damit ist unter anderem die türkisfarbene Rechnerüberraschung "iMac" gemeint. An der Verkaufsstrategie für den Kompaktrechner, der ab Sommer erhältlich sein soll, bastelt Apple Deutschland noch."Wir haben nicht den Rechner für nen Apfel und nen Ei", grenzt Holger Niederländer, iMac-Produktmanager bei der Apple Deutschland GmbH in Ismaning, den Mitte Mai von Steven Jobs in San Jose persönlich vorgestellten "iMac" gegenüber Billig-rechnern ab. Und mit "Wir verkaufen keine technologischen Antiquitäten, sondern neueste Technologie" legt er selbstbewußt ein Argument für das "All in one"-Angebot nach, für das in den USA angeblich schon 20.000 Vorbestellungen vorliegen.

Tatsächlich kann sich die Ausstattung des mit einem Tragegriffs aufwartenden Rechners sehen lassen (siehe Kasten): "Er ist schneller als ein 400 MHz-Intel-PC", weiß Niederländer. Doch warum Apple den Rechner ohne Diskettenlaufwerk oder wenigstens ein Zip-Laufwerk anbietet, bleibt ein Geheimnis der Cupertiner. Auch wenn der Apple-Manager aus eigener Erfahrung beisteuert: "Kaum jemand verwendet mehr Disketten."

Überhaupt die Positionierung des iMAC! "Er ist ein Rechner für jedermann, für ganz normale Leute, die keine häßliche Kiste auf dem Tisch stehen haben wollen", steht für den Apple-Manager fest. Was den Nutzen des eiförmigen Rechners angeht, nennt er vor allem "surfen, spielen, Post erledigen". So überlegt man in Ismaning jede Verkaufsmöglichkeit, um die anvisierten Normalkäufer auch zu erreichen: "Wir sind gerade dabei, den Kanal zu fixieren", erklärt Niederländer. Das Spektrum reicht seinen Angaben zufolge von "Mail Order" über Kaufhäuser bis hin zum indirekten Kanal.

"Apple ist reichlich spät dran"

Bei letzterem allerdings wird er noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Denn wie ein süddeutscher Händler gegenüber ComputerPartner

sarkastisch um Ausdruck bringt, "braucht der Handel keinen Internet-PC, sondern einen Low-end-Rechner für Texterfassung und zum Scannen. Sonst laufen unsere Kunden zu Intel-Rechnern über. Die kosten nur rund 1.500 Mark."

Eine Produktverantwortliche bei einem großen Münchener Systemhaus gibt auf die Gruppe der Heimanwender allerdings wenig: "Apple hat im Home-Bereich keinen Namen. Und da wenig Marketing von Apple zu erwarten ist, wird es auch dabei bleiben." Was ihre eigentliche Kundschaft, die professionellen Anwender aus Verlagen, Druckvorstufe und Krankenhäuser anbelangt, so weiß sie: "Ganze Verlage wechseln derzeit die Rechnerwelten. Um das zu stoppen, bräuchte Apple zum Beispiel ein billiges Einsteigermodell." Und sie fügt sarkastisch hinzu: "Apple sollte endlich mal die rosarote Wolke verlassen, auf der das Unternehmen offensichtlich noch immer glaubt, sitzen zu können, und die vielen schwarzen Wolken rund um die Mac-Rechner zur Kenntnis nehmen." Für die nach eigenen Angaben bei Apple leidgewohnte Managerin steht fest: "Der iMac ist kaum sinnvoll zu positionieren. Kein Unternehmen kauft ihn als NC - dazu ist er zu spät dran. Und um ihn in den klassischen Anwendungsbereichen zu verkaufen, ist er zu teuer", ist sie sich sicher.

Preise stehen noch nicht fest

Das ist für den Apple-Mann Niederländer unverständlich: "Design und Features sind wieder da", glaubt er. Und er weist darauf hin, daß beispielsweise der Ethernet-Adapter sowohl für Kabelmodems tauglich sei als auch für vernetzte Mac-Umgebungen. Auch die USB-Schnittstelle sieht er als Vorschritt: "Anwender wollen loslegen und nicht verkabeln." Doch erstens sind Kabelmodems ausgesprochen rar - so erwarten Branchenbeobachter für Deutschland erst in zwei bis drei Jahren einen Markt -, zweitens sind USB-Anwendungen wie zum Beispiel Drucker bis heute keineswegs häufiger als Kabelmodems anzutreffen. Und was die 3.000 Mark für den iMac anbelangt, so ist auch Niederländer offensichtlich noch nicht sehr glücklich: "Wir überlegen noch", lautet seine Auskunft zum definitiven Preis für den Rechner. Für die Mac-Verkäuferin allerdings steht jetzt schon fest: "PCs sind in aller Munde, nicht Macs. Wenn Apple endlich einen Plan hätte, wie sie in den Markt gehen, wäre uns Händlern sehr gedient." Was in Ismaning zumindest überlegungshalber so ankommt: "Wir denken noch nach: Wie können wir den iMac von Anfang an unterstützen", skizziert der Appel-Manager die kommende Marketingarbeit. Vielleicht könnte ihm der Tip eines süddeutschen Händlers weiterbringen: "Apple sollte mal in die Umwelt reinsehen und sich auf das Wesentliche, nämlich gute Rechner und Software, beschränken." (wl)

Der iMAc soll ein Rechner "zum Surfen, Spielen und Hausarbeit für ganz normale Leute"sein.

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