Applikationsserver bilden das Rückgrat der Middleware

29.11.2001
Mit Applikationsservern lässt sich wirklich Geld verdienen: Im Jahre 2005 wird allein der Verkauf von Softwarelizenzen 2,5 Milliarden Dollar einbringen, prophezeien die Marktforscher der Gartner Group. Hinzu kommt ein Vielfaches an Dienstleistungen. Hier sind Systemintegratoren und VARs gefragt.

Bea ist nach wie vor die Nummer eins - zumindest als Hersteller der Applikationsserver-Software "Web Logic". Ansonsten machte das Unternehmen im letzten Monat nur durch schlechte Nachrichten auf sich aufmerksam. Statt der erhofften 270 Millionen betrug der Umsatz im Ende Oktober abgelaufenen Jahresviertel nur 219,6 Millionen Dollar. Auch das operative Ergebnis sank - von 38,6 Millionen im Vorjahresquartal auf knappe 30 Millionen Dollar. Erste Konsequenzen zog das Bea-Management bereits: Neun bis zehn Prozent der fast 3.000-köpfigen Belegschaft müssen noch dieses Jahr gehen.

Dennoch hält die Gartner Group den Verkauf von Applikationsservern für ein zukunftsträchtiges Geschäft. Im Jahre 2005 sollen den Marktforschern zufolge allein mit Softwarelizenzen Erlöse in Höhe von 2,5 Milliarden Dollar erzielt werden. Dabei gehen die Gartner-Analysten relativ pedantisch bei der Definition der Applikations-server vor. Sie teilen den gesam-ten Applikations-Integration- und Middleware-Markt (AIM) in folgende Bereiche ein: Integrationsbroker, Transaktionsverarbeitung, Applikationsserver, anfragegetriebene Middleware und Object Request Broker (ORB).

App-Server werden zu EAI-Werkzeugen

Was die Applikationsserver selbst betrifft, so wird sich deren "Tätigkeitsschwerpunkt" in Zukunft verschieben. Nicht mehr die Bereitstellung der unterschiedlichen Anwendungen wird im Mittelpunkt stehen, sondern die Integration der unterschiedlichen Anwendungen in die unternehmenseigene IT-Infrastruktur. Applikationsserver werden also zunehmend die Rolle der proprietären EAI-Werkzeuge (Enterprise Application Integration) übernehmen. Hersteller von Legacy-Anwendungen sind daher aufgefordert, entsprechende J2EE-kompatible Schnittstellen zur Verfügung zu stellen, damit die Java-basierenden Applikationsserver sie miteinander verbinden können.

Neue Standards, wie der schon erwähnte J2EE (Java 2 Enterprise Edition), aber auch das im Zusammenhang mit den Webservices neu in Erscheinung tretende Protokoll Soap (Simple Object Access Protocol), der XML-Dialekt WSDL (Web Services Description Language) und die UDDI-Registrys (Universal Description, Discovery and Integration), die von nun an als "Gelbe Seiten im Web" fungieren, haben den Applikationsservern bei ihrem Vordringen in die Unternehmens-IT-Infrastruktur einen weiteren Schub verpasst.

Doch laut Gartner wird dieses Vorpreschen der Middleware in die Unternehmen von der derzeitigen ökonomischen Gesamtsituation behindert. Die IT-Budgets der potenziellen Kunden sind zum Teil erheblich reduziert worden, und die DV-Leiter sparen zu allererst beim Erwerb neuer Lizenzen. Deshalb dürfte es für die nun in den Markt neu eintretenden Anbieter schwierig werden, dort Fuß zu fassen. Drei Viertel von ihnen werden nicht mehr als ein Prozent an Marktanteilen für sich gewinnen, so die Meinung der Gartner-Ana-lysten. Schaffen werden es nur die großen Software-Companies, die ihrer angestammten Kundschaft eben noch einen Applikationsserver anbieten können.

"Im Prinzip haben die nicht von Sun oder Oracle abhängigen Kunden nur die Wahl zwischen Web-sphere und Weblogic", so Meta-Group-Analyst Andreas Bitterer. "Dabei bevorzugen die großen Kunden IBMs Plattform, ansonsten ist auch Beas Werkzeug beliebt." Weblogic weist jedoch gegenüber Websphere leichte Vorteile hinsichtlich der Integration von Anwendungen auf, so die Meinung eines Partners, der Produkte beider Hersteller in seinem Sortiment vorhält. Applikationsserver werden ohnehin mit den konventionellen EAI-Suites konvergieren, prognostiziert die Metagroup. Spä- testens 2005 wird es so weit sein. Als am besten aufgestellt für die- se Marktkonsolidierung sehen die Marktforscher Bea, IBM, Sun und Candle/Sybase. EAI-Anbieter wie WRQ oder See Beyond, aber auch die Hersteller von Applikations-servern Oracle, Iona und Silverstream werden diesem Trend nicht folgen können. (rw)

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ComputerPartner-Meinung:

Mit dem reinen Lizenzverkauf von Applikationsserver-Software lässt sich derzeit noch Geld verdienen, das beweist Marktführer Bea. Zwar sank dort im gerade zu Ende gegangenen Quartal der Umsatz, aber schwarze Zahlen schreiben die Kalifornier nach wie vor. Damit es auch weiterhin so bleibt, müssen noch in diesem Jahr bis zu 300 Beschäftigte das Unternehmen verlassen.

Wie lange kann man also mit Applikationsservern noch Geld verdienen? Hewlett-Packard glaubt, nicht mehr lang. Seine Netaction-Suite bietet HP kostenlos an, Erlöse sollen mit kundenspezifischer Anpassung und weiter führendem Service erzielt werden. "Applikationsserver werden zu Commodity-Produkten", lautet dort das Motto. Eigentlich ein gutes Omen für VARs und Systemintegratoren - sie kennen ihre Kunden nun am besten und können für sie aus einer Fülle von - wenn nicht kostenloser, so doch preiswerterer - Software dann die richtige Lösung auswählen. Solange deren Implementierung und weiterer Betrieb reibungslos verläuft, ist die Marke schlussendlich dem Kunden doch egal. (rw)

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