Wann der Arbeitgeber das Risiko trägt

Arbeit fällt wegen Wetter aus – trotzdem Geld?

01.12.2009
Ein witterungsbedingter Arbeitsausfall führt nicht automatisch zu einer Entgeltfortzahlung.

Der Winter macht auch vielen Betrieben schwer zu schaffen und führt insbesondere in der Bauindustrie oder in anderen witterungsabhängigen Branchen zu teilweise gravierenden Arbeitsausfällen. Hier, so der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, gelte es zu beachten, dass der Arbeitgeber das volle Risiko des Arbeitsausfalls trage, wenn er mit dem Arbeitnehmer nicht vertraglich etwas anderes vereinbart habe.

Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.07.2008 (BAG AZ: 5 AZR 810/07) kann ein Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung auch dann verlangen, wenn die Arbeit - aus welchen Gründen auch immer - ausfällt und der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Dieser muss sich jedoch auf seinen Verdienst anrechnen lassen, was er in dieser Zeit anderweitig verdient oder "vorsätzlich unterlässt", verdienen zu können, bzw. was er an Unkosten durch den eingetretenen Arbeitsausfall einspart. Grundsätzlich stehe den Arbeitsvertragsparteien jedoch das Recht zu, diese gesetzlichen Regelungen durch eine andere Regelung abzubedingen und die Folgen des witterungsbedingten Arbeitsausfalls anderweitig zu regeln.

Allerdings, so Henn, habe das Gericht ausdrücklich betont, dass bei einer anderweitigen Regelung das unternehmerische Risiko nicht vollständig auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden kann. Als Lösungsansatz, so Henn, biete sich in derartigen Fällen z. B. die Vereinbarung von flexiblen Arbeitszeiten oder "Arbeit auf Abruf" nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz an, wobei mit den Mitarbeitern trotz des unterschiedlichen Arbeitsanfalls gleichwohl eine kontinuierliche Vergütung gemessen an der durchschnittlichen Arbeitszeit vereinbart werden könne, sodass auch eine durchgehende soziale Absicherung des Arbeitnehmers gewährleistet sei.

Daneben, so Henn, kommen auch andere Instrumente in Betracht, so z. B. das sogenannte "Saison-Kurzarbeitergeld" durch die Bundesagentur für Arbeit. Dieses sei als Nachfolgemodell des früheren "Schlechtwettergeldes" oder "Winterausfallgeldes" ins Leben gerufen worden, um die ganzjährige Beschäftigung in der Bauwirtschaft und in anderen Wirtschaftszweigen zu fördern. Damit sollen witterungsbedingte Entlassungen und ein damit verbundener Anstieg der Arbeitslosigkeit im Winter in Deutschland verhindert werden, so Henn. In diesen Fällen erhalten die betroffenen Arbeitnehmer während des witterungsbedingten Arbeitsausfalls Leistungen von 60 % bzw. 67 % der Nettogehaltsdifferenz, wenn die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Daneben könnten auch noch weitere Leistungen, wie z. B. das "Zuschuss-Wintergeld", das "Mehraufwands-Wintergeld" oder für Arbeitgeber die "Sozialaufwandserstattung" in Betracht kommen.

Henn rät daher, sich umfassend zu informieren und bei arbeitsvertraglichen Gestaltungen auch das witterungsbedingte Ausfallrisiko ausgewogen zu regeln. Hierzu empfiehlt er, den Rat von ausgewiesenen Spezialisten für Arbeitsrecht in Anspruch zu nehmen, die in der Regel an dem Zusatz "Fachanwalt/Fachanwältin für Arbeitsrecht" zu erkennen seien, und verweist in diesem Zusammenhang auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de).

Weitere Informationen und Kontakt:

Michael Henn, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht, VdAA-Präsident, c/o Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll, Theodor-Heuss-Str. 11, 70174 Stuttgart, Tel.: 0711 305893-0, E-Mail: stuttgart@drgaupp.de, Internet: www.drgaupp.de

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