Arbeitgeber: Deutsche sind wahre Weltmeister in Sachen kurze Tarifarbeitszeit

30.05.2003
Gut und effektiv arbeiten ist nicht immer gleichbedeutend mit viel arbeiten. Im weltweiten Vergleich sind die Deutschen nämlich wahre"Kurzarbeiter", wie der internationale Vergleich der durchschnittlichen Jahresarbeitszeit zeigt, den die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) vorstellte - zumindest was das jeweilige Tarifsoll in den untersuchten Industriestaaten angeht.

So viel zum Image des fleißigen Deutschen: Nach wie vor ist Westdeutschland das Land mit der kürzesten tariflichen Jahressollarbeitszeit, wie der aktuelle internationale Arbeitszeitvergleich der BDA (Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände) zeigt. Hierfür wurden 18 Industriestaaten zum Stichtag 1. November 2002 miteinander verglichen.

Mit einer durchschnittlichen tariflichen Jahressollarbeitszeit von nur 1.557 Stunden lag Westdeutschland rund 48 Stunden vor Frankreich, das auf Platz zwei rangierte, und 93 Stunden vor Dänemark. Zwischen Deutschland und den USA lagen 347 Stunden. Neben Westdeutschland, Frankreich und Dänemark gehört auch Ostdeutschland mit durchschnittlich 1.685 Stunden zu den Ländern mit den niedrigsten Jahressollarbeitszeiten.

Die durchschnittliche tarifliche Wochenarbeitszeit variiert in den Vergleichsländern zwischen 35,66 Stunden (Frankreich) und 40,5 Stunden (Schweiz). Bemerkenswert ist nach Ansicht der Arbeitgeberverbände, dass nicht Westdeutschland, das die niedrigste Jahressollarbeitszeit aufweist, sondern Frankreich das Land mit der kürzesten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit ist. Diese starke Verkürzung der tariflichen Wochenarbeitszeit in Frankreich von 39 Stunden im Jahr 1999 auf 35,66 Stunden im Jahr 2002 sei Folge der stufenweisen gesetzlichen Einführung der 35-Stunden-Woche durch die Aubry-Gesetze.

Flexibilität ist Trumpf

Nach den negativen Erfahrungen Frankreichs mit der gesetzlichen Einführung der 35-Stunden-Woche - die geplante Zahl neuer Arbeitsplätze entstand nicht, und die Finanzierung stellt ein immer noch ungelöstes Problem dar - ist laut BDA eine gesetzliche Arbeitszeitverkürzung in den meisten Ländern kein Thema mehr. Tarifliche Arbeitszeitverkürzungen gab es dagegen in den vergangenen Jahren in Großbritannien, den Niederlanden, Portugal, Schweden und Spanien.

In fast allen Vergleichsländern hielt außerdem der Trend zur weiteren Arbeitszeitflexibilisierung an. Teilweise wurden Flexibilisierungsvereinbarungen im Gegenzug zur weiteren Verkürzungen der Arbeitszeit getroffen, zunehmend gab es aber auch Vereinbarungen über Flexibilisierungen unabhängig von weiteren Arbeitszeitverkürzungen. Am häufigsten handelt es sich dabei um Vereinbarungen zu Arbeitszeitkonten und Jahresarbeitszeiten.

Für Deutschland bedeuten nach Ansicht der BDA die Flexibilisierungsfortschritte in den Vergleichsländern, dass es schwieriger wird, den durch die kurzen Arbeitszeiten entstandenen Wettbewerbsnachteil mittels Arbeitszeitflexibilität auszugleichen. Um die Wettbewerbssituation zu verbessern, müssten in Deutschland größere Anstrengungen unternommen werden, um weitere Flexibilisierungsmöglichkeiten einzuführen und neue, effiziente Flexibilisierungsmodelle zu schaffen - gerade angesichts des verschärften Wettbewerbsdrucks auf Grund der zunehmenden Globalisierung.

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Übers Jahr gesehen arbeiten die Deutschen im internationalen Vergleich am wenigsten - zumindest was die Tarifzeit angeht. Gleichzeitig ist die Arbeitsstunde in Deutschland mit 24,79 Euro knapp hinter Dänemark am teuersten im Europavergleich - und das bei mittelmäßiger Arbeitsproduktivität. Wenn nicht bald die Lohnnebenkosten gesenkt werden, wird die Jahresarbeitszeit in Deutschland noch weiter sinken, da sich kaum ein Unternehmen so teure Arbeitskräfte leisten kann. Und dann wird Deutschland auch noch Weltmeister in Sachen Arbeitslosigkeit. (go)

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