Grobe Beleidigung, aber Interessenabwägung

Arbeitnehmer verärgert – "Bedingungen wie im KZ"

02.07.2009
Spontane Unmutsäußerungen gegenüber dem Arbeitgeber müssen nicht zur Kündigung führen.

Nach einer am 27.03.2009 veröffentlichten Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts ist die Bezeichnung der Zustände im Betrieb als "schlimmer als in einem KZ" grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darzustellen. Bei einem einmaligen Vorfall nach 35jähriger Betriebszugehörigkeit, Schwerbehinderung und einem Alter von Mitte 50 sowie glaubhafter Entschuldigung könne jedoch die Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers ausfallen, mit der Folge der Unwirksamkeit der Kündigung. (LAG Hessen, Az.: 8 TaBV 10/08).

Darauf verweist der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VdAA (Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V.) mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf die soeben bekannt gewordene Entscheidung.

In dem ausgeurteilten Fall arbeitete ein Mitte 50 Jahre alter Mitarbeiter seit mehr als 35 Jahren in einem größeren Unternehmen. Er war anerkannter Schwerbehinderter und Mitglied des Betriebsrats. Im Sommer 2007 kam es in dem Betrieb zu einem Gespräch dieses Mitarbeiters mit zwei Betriebsmeistern. Der Arbeitgeber behauptete, das Betriebsratsmitglied habe die ihm vorgesetzten Betriebsmeister darauf hingewiesen, dass er fürchterliche Schmerzen in der Schulter habe. Als einer der Betriebsmeister nach den Ursachen gefragt habe, hätte der Mitarbeiter erwidert: "Meinst du weil ich darauf schlafe? Die Arbeit hier ist menschenunwürdig und laut Betriebsverfassungsgesetz ist das verboten." Daraufhin habe einer der Meister gemeint, man müsse nicht gleich mit Gesetzen anfangen, sondern könne auch so eine Lösung finden und das Ganze später klären. Der Mitarbeiter habe dann lautstark erklärt: "Das sind Arbeitsbedingungen wie im Konzentrationslager".

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