Arbeitnehmerüberlassung ohne böse Überraschungen

04.06.2000
Um Lohnkosten zu vermeiden, Risiken zu minimieren oder personelle Engpässe zu überbrücken, nehmen Computerfirmen und große Systemhäuser zunehmend das Angebot von Personaldienstleistern in Anspruch. Doch spätestens bei Vertragsabschluss treten gesetzliche Regelungen in Kraft, deren Nichtbeachtung unangenehme Folgen nach sich ziehen kann, weiß Maja Schneider*.

Viele IT-Firmen nehmen das Thema Personaleinkauf und das damit verbundene Dienstleistungsrecht nicht so ernst oder wissen es oft nicht besser", kommentiert Christiane Fortmann, Juristin des IT-Personal- und Projektdienstleisters Tecops, ihre Erfahrung aus der Praxis. "Manche unserer Kunden können nur schwer nachvollziehen, dass für bestimmte Beschäftigungsverhältnisse ein Arbeitnehmervertrag geschlossen werden muss, für den der Verleiher eine Genehmigung braucht."

Rechtlicher Rahmen

Unter das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz fällt, wenn ein Unternehmen einem anderen Unternehmen Arbeitnehmer gegen Entgelt zur Verfügung stellt. Der Kunde darf sie aussuchen und nach seinen Erfordernissen einsetzen. Die Arbeitnehmer sind dabei nicht mehr an die Weisungen ihres eigentlichen Arbeitgebers gebunden, sondern an die des Kunden. Dieser kann den Leiharbeitnehmer bis maximal zwölf Monate vollkommen in seinen Betrieb eingliedern. Das Verleihunternehmen schuldet im Rahmen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im Gegensatz zum Werkvertrag nicht den Erfolg der Arbeit, sondern lediglich die Arbeitskraft.

Keine Arbeitnehmerüberlassung liegt laut Bundesanstalt für Arbeit dann vor, wenn "ein Unternehmen, das technische Produktionsanlagen, Einrichtungen oder Systeme herstellt, eigens Personal zum Betreiber derartiger Anlagen, Einrichtungen oder Systeme entsendet, um typische Revisions-, Instandhaltungs- , Inbetriebnahme-, Änderungs- oder Ingenieursleistungen daran durchzuführen".

Das heißt für die IT-Branche: Schickt ein Unternehmen, das Software-Programme erstellt, eigenes Personal zum Anwender, um ein solches Programm ablauffähig zu machen oder zu entwickeln, ist nicht von Arbeitnehmerüberlassung auszugehen. Er trägt dann als Lieferant das Risiko und behält auch seine unternehmerische Dispositionsfreiheit.

Wer Arbeitnehmer überlassen will, braucht dafür die Genehmigung des zuständigen Landarbeitsamtes. Zunächst ist die Erlaubnis auf ein Jahr befristet und kann anschließend verlängert werden. Geprüft werden Angaben über Geschäftsräume, Betriebsorganisation, den beabsichtigten Geschäftsumfang sowie Führungszeugnis, Nachweise zur Vermögenssituation der Geschäftsführer und des Unternehmens. Regelmäßig werden auch mit den Leiharbeitnehmern geschlossene Verträge eingesehen. Auf dem Prüfstand steht vor allem die Integrität der Geschäftsführung. Fachwissen und Berufserfahrung sind hingegen keine notwendigen Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis.

Ahndungen

223 Mal wurde nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit 1998 gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verstoßen. "Meistens werden Ordnungswidrigkeiten von Konkurrenzunternehmen oder Arbeitnehmern angezeigt, die um ihren Arbeitsplatz fürchten", berichtet Adalbert Hirmer von der Abteilung Bekämpfung illegaler Beschäftigung des Münchener Arbeitsamtes. "Typisch", kommentiert Hirmer, "ist bei IT-Firmen das Abgleiten von der Erfüllung des Werksvertrages zur Arbeitnehmerüberlassung."

So musste ein großes Unternehmen vor einiger Zeit innerhalb von Werksverträgen Programmpakete an andere Firmen liefern und dort installieren. Nach und nach wurden die Programmierer in die Betriebsorganisation des Auftraggebers integriert. Zwar musste der Verleiher seine Dispositionsfreiheit aufgeben, war aber auch nicht mehr für den Erfolg der Arbeits-leistung zuständig.

Vertrag ungültig

Wird einem Unternehmen unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung nachgewiesen, sind alle geschlossenen Verträge unwirksam. Als Folge kommt automatisch ein Arbeitsvertrag zu gleichen Konditionen zwischen Arbeitnehmer und dem Kunden des Verleihers zustande. Sozialabgaben und Steuern müssen rückwirkend von den Vertragsparteien gemeinsam getragen werden. In schwerwiegenden Fällen kann es zu mehrjährigen Haftstrafen und Geldbußen bis zu 500.000 Mark kommen.

"Solche rechtliche Konsequenzen sind vermeidbar, wenn beide Parteien den Vertragsgegenstand immer genau überprüfen", empfiehlt Hirmer. Sein Fazit: "Um auch finanzielle Schäden auszuschließen, sollten sich Unternehmen, die externe Unterstützung benötigen, auf jeden Fall von der Seriosität des Dienstleistungsunternehmens überzeugen."

*Maja Schneider ist PR-Beraterin und freie Journalistin in München.

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