Arbeitslosigkeit: Nicht jeder Job ist zumutbar

05.04.2006
Niemand kann von der Arbeitsagentur gezwungen werden, für ein Gehalt zu arbeiten, das niedriger ist als das Arbeitslosengeld II.

Niemand kann von der Arbeitsagentur gezwungen werden, für ein Gehalt zu arbeiten, das niedriger ist als das Arbeitslosengeld II (ehemals Sozialhilfe). Das hat jetzt das Sozialgericht Berlin entschieden (Az.: 77 AL 742/05). Geklagt hatte eine arbeitslose alleinstehende Frau, der die Agentur für Arbeit eine Beschäftigung mit 35 Wochenstunden zu einem Stundenlohn von 5,93 Euro angeboten hatte.

Die Frau lehnte ab: Der Monatslohn dieser Stelle wäre niedriger gewesen als das ihr zustehende Arbeitslosengeld II. Als die Arbeitsagentur ihr deshalb eine Sperrzeit auferlegte und einen Teil des schon bezahlten Arbeitslosengelds zurückforderte, ging die Frau vor Gericht - und bekam Recht: Ein Vollzeit-Monatslohn unterhalb der ALG II Grenze verstoße gegen die grundgesetzlich garantierte Menschenwürde, das Sozialstaatsgebot und die Europäische Sozialcharta, so die Richter.

Die Agentur für Arbeit dürfe ihre Klienten deshalb nicht durch finanzielle Sanktionen zwingen, zu solchen Bedingungen zu arbeiten. Es spiele keine Rolle, dass die Massenarbeitslosigkeit solche niedrigen Stundenlöhne gegenwärtig durchaus zulasse. Es sei auch unerheblich, dass es sich bei dem angebotenen Stundenlohn von 5,93 Euro um das tariflich vereinbarte Mindestentgelt der betreffenden Branche handle. Dies waren die Argumente der Arbeitsagentur gewesen. Mit dem Arbeitslosengeld II, so die Berliner Sozialrichter, habe der Gesetzgeber eine klare Grenze für das Existenzminimum gesetzt. Diese Grenze müsse sowohl von den Tarifparteien genauso wie von den Arbeitsbehörden beachtet werden.

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