Archivspezialist Ixos kehrt in den sicheren R/3-Hafen zurück

05.04.2000
Das Ismaninger Software-Haus Ixos schien den Erfolg gepachtet zu haben. Die Börse applaudierte bärig - bis offensichtlich wurde: Das Unternehmen hat sich verzettelt. Nun ist Refokussierung angesagt - in einem Markt, der schwieriger denn je ist.

Umsatz - und Mitarbeiterwachstum? Strategische Partnerschaften? Auf diese Fragen konnte die Ismaniger R/3- und Dokumenten-Management-Schmiede Ixos Quartal für Quartal mit prächtigen Zahlen und dem Hinweis auf SAP- und Intel-Beteiligungen überzeugend antworten.

Die Börsenkurse stiegen, und das Unternehmen, das sich nahezu unbedrängt als weltweiter Marktführer im R/3-Archivierungsmarkt etabliert hatte, suchte nach neuen Erwerbsquellen außerhalb des scheinbar todsicheren SAP-Geschäftes. Dazu kreierte es mit hohem Aufwand die E-Business-Lösung "Econ"; außerdem offerierte es mit "Ixos-Archive" eine offene DMS-Lösung für den Rest der Welt.

Es schien eigentlich alles bestens - bis im ersten Quartal 1999/2000 die Company 8,9 Millionen Mark Verlust ausweisen musste. Nichts Ungewöhnliches - und angesichts der hohen Investitionen in Produkte, Mitarbeiter, Filialen und den Direktvertrieb in den USA hinzunehmen. Doch weder das folgende noch das dritte Quartal des laufenden Geschäftsjahres vermochte den Negativeindruck zu schmälern.

Zwar beeilte sich das Unternehmen, mit gedrechselt formulierter PR-Prosa à la "Ausschlaggebend für die niedriger als erwarteten Quartalsumsätze ist (...) ein sich stark änderndes Umfeld im Bereich Unternehmens-Software. Kunden werden mit einer nahezu unendlichen Vielfalt an Entwicklungen aus der Internet-Industrie konfrontiert, die einen Wandel von bisherigen Geschäftsmodellen bewirken", um von den ernüchternden Zahlen und offensichtlichen internen Organisationschwierigkeiten abzulenken.

"Wir wollten überall mitmischen"

Doch hausintern arbeitete das Unternehmen an einer kompletten Neustrukturierung mit Refokussierung auf das profitable, rund 65 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachende R/3-Geschäft. Dazu musste aber der Einfluss des Technologie-lastigen Vorstands und Ixos-Gründers Hans Strack-Zimmermann begrenzt werden. Es traf sich, dass "der visionäre Technologe" (Ixos) seit langem mit der Idee einer Internet-Firma schwanger ging. So wurde ihm nahegelegt, diese endlich in Angriff zu nehmen und seinen Stuhl für einen CEO zu räumen, der das Unternehmen zu "einer Vertriebs- und Marketing-getrieben Firma" (so Ixos-Vertriebschef Wilhelm Söhngen) macht. Dass Strack-Zimmermann gerade zu der Zeit, da die Ixos-Aktie immer höher stieg, einen Teil seiner Aktien verkaufte, weshalb jetzt die Börsenaufsicht gegen ihn wegen Insider-Geschäften ermittelt, "machte seine Verabschiedung sicher leichter", meint ein Kenner des Unternehmens.

Während die Börse mit der Viertelung des Aktienkurses binnen drei Wochen reagierte, fragte das Software-Unternehmen den damaligen Fujitsu-Siemens-Deutschlandchef Robert Hoog , ob er CEO in München werden wolle. Hoog, der bei HP das Software-Geschäft als Leiter der System-Mangement-Software "Openview" gelernt hatte und sich außerdem in Bad Homburg neben Winfried Hoffmann nicht wohl fühlte, sagte ja. Allerdings mit der Auflage, freie Hand bei der Unternehmensführung zu haben.

Nachdem Hoog, zusammen mit Hoffmann, den PC-Hersteller im März verlassen musste, waren für Ixos die Weichen gestellt.

Dass damit allerdings die hausinternen Probleme bereits gelöst sind, bezweifeln DMS-Kenner. Sie begründen dies mit der R/3-Lastigkeit der Softwerker, und damit, dass das zweite Standbein der Münchener, die "Ixos-Archive", bei Kunden wenig ankommt. "Wir gewinnen gegen Ixos immer dann, wenn offene DMS-Systeme gefordert sind", erklärt ein DMS-Integrator, der Konkurrenzprodukte anbietet.

Indirekt bestätigt Ixos-Mann Söhngen den ersten Vorwurf, wenn er sagt, das Unternehmen werde in den nächsten zwei bis drei Jahren sehr stark vom R/3-Geschäft leben. Legt man zugrunde, dass erst zehn Prozent der weltweit zirka 25.000 R/3-Installationen mit Ixos-Archiv-Software bestückt sind, hätte er Recht.

Genauso kann man ihm kaum widersprechen, wenn er auf die beiden anderen Software-Standbeine des Hauses, "Icon" und "Ixos-Archive" hinweist. Doch ob diese das Software-Haus wieder zum Darling des Neuen Marktes machen, ist mehr als ungewiss. "Wer im DMS-Markt teuer und aufwendig zu administrieren ist, hat wenig Chancen", ist sich ein DMS-Integrator sicher.

Zumal dann, wenn die Kunden an ihrer Gewohnheit festhalten und Entscheidungen verschieben. Dazu jüngst Ixos: "Daraus resultierten extreme Herausforderungen für den Vertrieb." (wl)

www.ixos.de

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