ATI auf der Überholspur - Nvidia abgehängt

25.07.2002
Im Rennen um den besten Grafikchip hat ATI seinen Rivalen Nvidia nicht nur eingeholt, sondern ihn mit dem neuen Flaggschiff "Radeon 9700" sogar abgehängt. Den technischen Daten zufolge stellt der neue Radeon-Chip die Spitze des technisch Möglichen dar.

Letzten Mittwoch war es soweit: ATI stellte den Radeon 9700 der Öffentlichkeit vor. Unter dem früheren Codenamen"R300" kursierten schon seit längerem Gerüchte um die fantastischen Eigenschaften des neuen Flaggschiffes im Internet.

Der Radeon 9700 ist der erste Grafikchip der Welt, der alle Anforderungen der neuen Grafikschnittstelle Direct X 9 von Microsoft erfüllen soll. ATI ist damit seinem Rivalen Nvidia mit dessen "NV30" um mindestens einen Monat voraus. Die Highend-Lösung von ATI soll Rendering in Kinoqualität ermöglichen, die bis heute nur mittels Offline-Software realisierbar war. Der Radeon 9700 soll als erster Chip Realtime-Grafikleistung bieten.

Der neue Chip besitzt im Gegensatz zu seinem Vorgänger, dem Radeon 8500, nur eine Rendering-Einheit pro Pipeline, macht diesen Nachteil aber durch acht parallel verfügbare Pipelines mehr als wett. Üblich waren bislang bei Hochleistungs-Grafikchips vier Pipelines. Die acht parallelen Rendering-Pipelines ermöglichen es, mehr als 2,5 Milliarden Pixel pro Sekunde zu berechnen. Dazu kommen vier parallele Geometrie-Engines, die in der Lage sind, mehr als 300 Millionen Polygone in der Sekunde zu berechnen. Zusätzlich verringert die spezielle Technik "Hyper ZTM III" die Speicherbusbelastung, indem sie versteckte Pixel erkennt, entfernt und die Ausnutzung der Speicherbandbreite um bis zu 50 Prozent optimiert.

Als weitere Besonderheit weist der Radeon 9700 beim Pixel-Shader eine 128-Bit-Floating-Point-Unit auf. Durch die Gleitkomma-Arithmetik sollen Rundungsfehler, die beim Berechnen von überlagerten Texturen (Oberflächenstrukturen) zu Farbfehlern führen, ausgemerzt werden.

Damit die acht Pipelines ihre Daten auch schnell wieder loswerden können, hat ATI die Datenleitungen zum Grafikspeicher von 128 auf 256 verdoppelt. Die Grafikspeicher-Bandbreite beträgt nun rund 20 GB pro Sekunde. Das AGP-Interface unterstützt jetzt den Standard AGP 8x und kann 2,1 GB Daten pro Sekunde übertragen.

Videos werden detaillierter dargestellt

Auch für das Dekodieren von Videos hat sich ATI etwas einfallen lassen. Im Chip glätten Pixel-Shader die Darstellung von "Treppenstufen" bei schrägen Linien. Die sind normalerweise nur bei der Wiedergabe von Spielszenen aktiv. Warum aber nicht bei der Darstellung von Videos, dachten sich die Entwickler und ließen die Pixel-Shader auch die Aufgabe der Mpeg-Einheiten übernehmen. Da diese Shader frei programmierbar sind, können sie nicht nur bei der Dekodierung von DVDs mitwirken, sondern unterdrücken beim Abspielen von stark komprimierten Internetvideos die Klötzchenstruktur. Voraussetzung dabei ist aber, dass die Videokodierung auf den Chip abgestimmt ist. Allerdings arbeitet ATI zurzeit nur mit Real-Video zusammen. Andere Verfahren, wie beispielsweise MPG 4, sollen folgen.

Der Chip besitzt 107 Millionen Transistorfunktionen und wird noch in 0,15-Mikrometer-Technologie gefertigt. Deshalb ist er recht stromhungrig. Zumindest kann er zusammen mit den Speicherchips die Spezifikationen der AGP-Schnittstelle überfordern. ATI hat deshalb der Karte einen eigenen Stromversorgungsstecker spendiert.

Flexible Display-Funktionen

Weiterhin bietet der Radeon 9700 einen dualen integrierten Display-Controller, dual integrierte 400-MHz-DACs, integrierte TMDS-Transmitter und eine Unterstützung für TV- und HDTV-Ausgabe, was eine Vielfalt an Display-Konfigurationen ermöglicht. Der Radeon 9700 wird ab September über ATI-Partner verfügbar sein. Für den US-Markt bietet ATI den Radeon 9700 mit 128 MB DDR-Speicher, DVI-I, VGA und TV-Out-Anschluss zu einer unverbindlichen Preisempfehlung von 399 Euro an.

www.ati.de

ComputerPartner-Meinung:

Mit dem Radeon 9700 ist ATI ein großer Wurf gelungen. Der Chip bietet viele Features, die Nvidia erst einmal implementieren muss. Zurzeit hat ATI im Grafiksegment in puncto Leistungsfähigkeit die Nase vorn. Und Nvidia will erst in einem Monat den nächsten Chip ankündigen. Ob der dann schon Weihnachten verfügbar ist, bleibt abzuwarten. Dieses Weihnachtsgeschäft jedenfalls gehört ATI. Der Chiphersteller hat mit dem neuen Flaggschiff seinen Konkurrenten nicht nur eingeholt, sondern sogar abgehängt. (jh)

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