Auch im Internet muss man seine Zielgruppe kennen

29.03.2001
Das E-Business in Deutschland ist laut Marktforscher Ernst & Young einer der lukrativsten Wachstumsmärkte Europas. Wenn der stationäre Handel auf diesen Zug aufspringt und es geschickt anstellt, ist einiges an Zusatzgeschäft drin.

Immer noch sind viele der großen Einzelhandelsunternehmen nicht im Internet vertreten. Experten warnen hier vor allzu großer Zurückhaltung. Armin Sohler, Leiter der deutschen RCP-Gruppe, ist der Meinung, dass eine Multi-Channel-Strategie heute "ein absolutes Muss" ist. Stationäre Einzelhändler werden auf Dauer nicht überleben können, wenn sie den Vertriebsweg Internet ignorieren. Andererseits hat die Erfahrung aber auch gezeigt, dass viele der so genannten "Pure-E-Tail-Unternehmen", also solche Firmen, die ausschließlich über das Internet vertreiben, gnadenlos untergegangen sind.

Für den Analysten Sohler ist klar: "Die Frage ist nicht, ob ein Unternehmen online verkaufen soll, die Frage ist vielmehr, wie ein Unternehmen den Online-Handel erfolgreich in seine Geschäftsstrategie einbeziehen kann." Um dies zu bewerkstelligen, muss man seine Zielgruppe und deren Vorlieben kennen, sonst findet man sie nicht - schon gar nicht in den unendlichen Weiten des Internet.

Ernst & Young hat 7.200 Online-Käufer in zwölf Ländern auf ihr Profil und ihre Kaufgewohnheiten abgeklopft. In Deutschland ist der durchschnittliche Online-Käufer 32 Jahre alt und hat ein jährliches Haushaltseinkommen von rund 47.000 Dollar. Jeweils ein Drittel der deutschen E-Käufer ist verheiratet und hat einen Hochschulabschluss. Der Anteil der weiblichen Online-Käufer ist mit 16 Prozent noch immer recht niedrig. Lediglich in den USA überwiegen inzwischen die weiblichen E-Käufer (siehe Tabelle "Online-Verbraucher international"). Insgesamt begibt sich ein deutscher E-Käufer zwölfmal im Jahr auf einen digitalen Einkaufsbummel und gibt dabei durchschnittlich 656 Dollar jährlich aus.

Vor allem Bücher und Computer-Produkte reizen den E-Käufer Max Mustermann. Etwa zwei Drittel der im vergangenen Jahr gekauften Artikel fallen in diese beiden Produktkategorien. Dabei beschränken sich die Verbraucher auf nur wenige Einkaufs-Sites. 85 Prozent der in Deutschland Befragten nutzen nicht mehr als fünf Seiten für ihre digitalen Einkäufe.

Um zu einem Internet-Angebot zu gelangen, geben die meisten auf gut Glück den Namen des Unternehmens als Adresse an oder übernehmen die angegebene Internet-Adresse aus der Werbung. Dabei ist es meistens egal, ob der Anbieter im Ausland sitzt. Wenn ein Produkt hier nicht erhältlich oder woanders günstiger zu haben ist, dann bestellen die Verbraucher der Ernst-&- Young-Studie zufolge auch im Ausland. Die Versandkosten dürfen allerdings nicht zu hoch sein. Genau dieser Punkt scheint für Online-Kunden ausschlaggebend zu sein: Für 55 Prozent der Befragten ist der kostenlose Versand ein Argument dafür, die Seite des entsprechenden Anbieters häufiger zu besuchen. 42 Prozent geben hohe Versandkosten als Grund für eine abgebrochene Bestellung an.

Mehr als die Hälfte der User nimmt den Online-Handel denn auch als Ersatz für einen Besuch im Ladengeschäft in Anspruch. Nur fünf Prozent gehen davon aus, dass sie auch in Zukunft häufiger in den reellen Shop gehen werden, als im Internet zu bestellen.

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen gehen die Analysten optimistisch davon aus, dass sich bis zum Jahr 2005 20 bis 25 Prozent aller Verkäufe in den Kategorien Software, Unterhaltungselektronik, Bücher und Musik im Internet abspielen werden. Bis dahin haben die Unternehmen allerdings noch viel zu lernen. Vor allem müssen sie "die Kunst beherrschen, ihre Kunden über mehrere Kanäle so zu versorgen, dass diese zufrieden sind".

www.ernst-young.de

ComputerPartner-Meinung:

Ein zweigleisiger Vertrieb wird immer wichtiger. Die Möglich-keit, sowohl im Ladengeschäft als auch im Internet bei seinem Fachhändler einzukaufen, erhöht die Kundenzufriedenheit. Allerdings: Wenn der E-Shop-Auftritt nicht professionell gelöst ist, schadet er mehr, als dass er zu Zusatzgeschäft führt. Vor allem die Logistik sollte reibungslos funktionieren, sonst werden die Kunden schnell zur Konkurrenz abwandern. (gn)

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