Neue Arbeitsumgebung

Auch mit dem Kopf umziehen

Katharina Klink arbeitet als Beraterin für die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner,in Bruchsal. Sie ist Expertin für Change Management (MBA). Sie berät unter anderem Unternehmen bei der Gestaltung neuer Arbeitswelten. Sie entwickelt mit ihnen auf der Basis einer profunden Analyse Raumkonzepte und begleitet deren Realisierung. 

Eine flexible, kreative Workforce entwickeln

Doch die Entwicklung hin zu einer flexiblen, kreativen Workforce ist kein Selbstgänger. Technik-affine Mitarbeiter stehen den neuen Möglichkeiten, Arbeitsprozesse zu gestalten, offener gegenüber als Mitarbeiter, die sich von den neuen technischen Lösungen tendenziell überfordert fühlen. Wie bei jeder Veränderung gibt es auch hier eine Gaußsche Normalverteilung von Befürwortern über eine unentschlossene Masse bis hin zu Widerständlern.

Ein wirkungsvoller Transmissionsriemen auf dem Weg zu einer selbstverantwortlichen, kundennahen und reaktionsschnellen Organisation kann die Gestaltung der physischen Arbeitsumgebung sein - in zweifacher Hinsicht.

1. die räumliche Gestaltung der Arbeitsumgebung

Neue Arbeitsformen brauchen andere Arbeitsumgebungen als die tradierten. Unternehmen, die eine hohe Technisierung oder Automatisierung, eine crossfunktionale Teamarbeit und kurze Entscheidungswege anstreben, müssen für Arbeitsräume sorgen, die diese Ziele unterstützen. Das Großraumbüro mit Kicker-Ecke ist dabei womöglich die einfachste jedoch nicht die beste Lösung. Wichtig ist, dass die Arbeitsumgebung darauf abgestimmt ist, was die Teams tatsächlich produktiv macht.

Sinnvoll ist deshalb im Vorfeld zum Beispiel eine Analyse:

  1. Wie hoch wird künftig der Anteil der Arbeitszeit sein, die für gemeinsame Teamaufgaben verwandt wird? Wie viel Zeit wird in Eins-zu-eins-Situationen gearbeitet?

  2. Wie oft ist eine konzentrierte Einzelarbeit nötig?

  3. Welche technischen Prozesse müssen wie integriert werden? Und:

  4. Wie oft wird - mit wie vielen Kollegen, externen Dienstleistern, Kunden usw. - konferiert oder telefoniert?

Nur wer sich solche Fragen stellt und sie beantwortet, kann aus den Ergebnissen das passende Raumkonzept ableiten und eine wirklich unterstützende Umgebung für die Mitarbeiter schaffen. Zugleich bietet eine solche Analyse die Chance zur Veränderung eingefahrener Arbeitsabläufe, unsinniger Prozesse oder unbefriedigender Ressourceneinsätze.

2. der Umzugsprozess als Neuerfindung

Unternehmen oder Unternehmensbereiche, die in neue Räume umziehen, können viel mehr verändern als nur die räumliche Arbeitsumgebung. "Umziehen im Kopf und nicht nur mit dem Schreibtisch" - das ist die große Chance beim Gestalten neuer Arbeitsräume.

Aus Change-Management-Perspektive sollte ein Umzug als organisationaler "unfreeze"-Moment im Sinne Kurt Lewins genutzt werden: Die Mitarbeiter - gesehen als territoriale Wesen - werden aus ihrer Komfortzone geholt, und in Bewegung versetzt.

In der Phase "(geplanter) Umzug" beziehungsweise "(geplante) Neugestaltung der Arbeitsumgebung" können neue agile Arbeitsweisen für den spezifischen Anwendungsfall entwickelt, getestet und etabliert werden. Hierbei geht es im Kern nicht um das Einführen neuer Tools, sondern um das Entwickeln eines anderen Mindsets, denn: Organisationen werden nur dann tatsächlich schneller und kundennäher, wenn die Mitarbeiter ihre eigene Rolle anders verstehen - und das Top Management eine größere Autonomie tatsächlich zulässt. Dieses neue Rollenverständnis muss in neuen Arbeitsweisen und Vereinbarungen operationalisiert werden, damit es mehr als ein frommer Vorsatz ist.

Dafür ist ein Beteiligungsprozess der Schlüssel. Nutzen Unternehmen das Planen der neuen Arbeitsumgebung zur Weiterentwicklung der Arbeitsweisen und -routinen mit den Mitarbeitern, dann entstehen bessere Prozesse und können überkommene Strukturen verändert werden. Unternehmen, die Beteiligung schon in der Planungsphase ermöglichen und einfordern, etablieren bereits hier eine größere Mitverantwortung und mehr Gestaltungsfreiräume statt Fremdbestimmung und Delegation nach oben.

Wie in jedem Change-Projekt lautet die Herausforderung hierbei,

  1. die Treiber - also die Mitarbeiter, die sich mit den Projektzielen identifizieren - zu stärken,

  2. Unentschlossene zu mobilisieren und

  3. an Widerständen zu arbeiten.

Gelingt dies, wird die neue Arbeitsumgebung zum räumlich sichtbaren Beleg des neuen Mindsets - und kann auch für nicht direkt betroffene Teile der Organisation als Narrativ der Veränderung genutzt werden.

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