Auf der Suche nach Arbeitsflexibilität

01.03.2001
Seit dem 1. Januar gilt in Deutschland das Gesetz für Teilzeit und befristete Arbeitsverträge. Die Arbeitgeberverbände speien Gift und Galle - zu kostspielig und umständlich sei das alles. Und die Arbeitnehmer wissen noch nicht so recht, was sie damit anfangen sollen.

Die Politiker hatten sich das so schön ausgemalt. Wenn die deutsche Wirtschaft sich nicht freiwillig auf flexiblere Arbeitszeitmodelle einlassen will, dann machen wir halt ein Gesetz - so einfach ist das. Das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge ist Anfang dieses Jahres in Kraft getreten. Damit haben Vollzeitmitarbeiter den Anspruch darauf, ihre Arbeitszeit zu reduzieren - vorausgesetzt, sie sind länger als sechs Monate in dem Betrieb beschäftigt und es liegen keine gewichtigen betrieblichen Einwände vor (siehe Kasten).

Die Arbeitgeberverbände schreien auf. Das Ganze sei eine reine Augenwischerei. Die Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer (ASU) konterte das Argument der Arbeitsplatzbeschaffung schon im November 2000: "Nachhaltige Beschäftigungsförderung besteht nicht im 'gerechten' Aufteilen eines konstanten Arbeitsvolumens, sondern in der Schaffung der Rahmenbedingungen, die es Unternehmen erlauben, (...) ihre Nachfrage nach Arbeitskräften zu erhöhen." Der Verband warnte davor, dass sich das Gesetz negativ auf das "Einstellungsverhalten" der Unternehmer auswirken würde. Außerdem, so die ASU, diskriminiere das Gesetz nun wieder die Arbeitgeber, da deren Vertragsfreiheit eingeschränkt werde und ihnen ein unvertretbarer bürokratischer Aufwand auferlegt werde.

Der Gesetzgeber sieht das vollkommen anders. Für ihn müssen die Unternehmer dazu gezwungen werden, den Mitarbeitern einen gewissen Freiraum zu geben, sonst passiert gar nichts. Durch die vermehrte Teilzeitarbeit würden Arbeitsplätze geschaffen, da die Arbeit ja die gleiche bliebe und erledigt werden müsse. Zudem, so das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, seien flexible Arbeitszeiten wirtschaftlich. Sie würden die Arbeitgeber gar nicht belas-ten. Die Erfahrung in Europa habe gezeigt, dass Teilzeitarbeiter motivierter sind. Und motiviertere Arbeitnehmer seien die produktiveren Mitarbeiter. Das gleiche die etwas höheren Lohnnebenkosten wieder aus. Dabei müssen sich die Arbeitgeber nicht einmal sehr große Sorgen machen, denn sie bekommen Hilfe von Seite ihrer eigenen Mitarbeiter. Das Bundes- ministerium für Arbeit und Soziales hat nämlich eine Umfrage unter den Arbeitnehmern unternommen. Glaubt man den Ergebnissen, so sind über die Hälfte der Arbeitnehmer ganz glücklich mit ihrem Vollzeitjob. Für 56 Prozent der Befragten käme eine Reduzierung der Arbeitszeit auf keinen Fall in Frage. Die Frauen sind in dieser Hinsicht sogar noch ablehnender eingestellt. Hier schüttelten 64 Prozent der Befragten den Kopf. Bei den Männern waren es "nur" 49 Prozent. Und wenn sie reduzieren wollen, dann nur wenig. Nur 26,5 Prozent der deutschen Arbeitnehmer können sich laut der Umfrage überhaupt vorstellen, weniger zu arbeiten. Die meisten davon allerdings höchstens um 10 bis 25 Prozent. Der Anteil derer, die nur mehr die Hälfte arbeiten wollen, liegt nur bei verschwindend geringen zwei Prozent. Zehn Prozent weniger arbeiten würde im Schnitt etwa dreieinhalb Stunden pro Woche weniger bedeuten.

Prinzipiell finden die Arbeitnehmer Teilzeit ideal für Familien und Haushalte mit Kindern. Vielen fällt dabei ein, dass sie dann mehr Zeit für andere Dinge hätten oder ihren individuellen Lebensumständen besser gerecht werden könnten. Und bevor sie auf der Straße landen, würden acht Prozent eine Teilzeitvariante vorziehen. Allerdings hadert fast die Hälfte der Befragten mit dem damit verbundenen niedrigeren Gehalt. Außerdem fürchten sie das negative Image, das der Teilzeit immer noch anhaftet. Für viele ist diese Art des Arbeitsvertrages immer noch eine Variante für Ehefrauen und Mütter, die nicht auf ein volles Gehalt angewiesen sind.

www.teilzeit-info.de

www.asu.de

ComputerPartner-Meinung:

Um die Vorteile dieses neuen Gesetzes zu erkennen, muss man als Unternehmer längerfristig denken. Die Motivation eines Mitarbeiters, der genau so viel arbeitet, wie er will, ist nicht zu unterschätzen. Und liest man einmal genau, dann bemerkt man viele Passagen, in denen das Gesetz beide Seiten zum miteinander Reden bringen will. Ob sich das Teilzeitgesetz positiv auswirkt, hängt maßgeblich davon ab, was Arbeitgeber und Arbeitnehmer daraus machen. (gn)

FACTS & FIGURES

Auszüge aus den gesetzlichen Bestimmungen

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) trat am 1.1.2000 in Kraft. (...)

§ 7 Ausschreibung; Information über freie Arbeitsplätze

(1) Der Arbeitgeber hat einen Arbeitsplatz, den er öffentlich oder innerhalb des Betriebes ausschreibt, auch als Teilzeitarbeitsplatz auszuschreiben, wenn sich der Arbeitsplatz hierfür eignet.

§ 8 Verringerung der Arbeitszeit

(1) Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, kann verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird.

(2) Der Arbeitnehmer muss die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend machen. Er soll dabei die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben.

(3) Der Arbeitgeber hat mit dem Arbeitnehmer die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit dem Ziel zu erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen. (...)

(4) Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. (...)

Zur Startseite