Auf nach Hannover

07.03.2002
Alles Messe, oder was?

Das diesjährige Nadelstreifen- und Kostümfest findet wieder in Hannover statt. Trotz weiterer Pleiten und Horrormeldungen, trotz ungenießbarer Bratwürste und Green-Card-Depression: Die Branche wankt, aber sie fällt nicht. Ungeachtet horrender Eintrittspreise (wofür eigentlich?) werden Tüten und Rucksäcke, Kaschmir und Polyacryl die Gänge verstopfen. Gespräche finden hinter geschlossenen Vorhängen oder dreimeterfünfzig über dem Mob statt, ansonsten dominiert ein 80-Dezibel-Grundrauschen gutturaler IT-Laute. Gesichter, die ab und zu ein Lächeln, zumeist jedoch den Wunsch nach einer Kopfschmerztablette ausdrücken. Die Gesuchten verstecken sich wie immer, haben noch ein Gespräch oder sind gerade am anderen Stand. Andere drängen sich auf, stehlen Zeit, wollen Visitenkarten tauschen, riechen nach Prosecco und Currywurst morgens um halb elf.

Gott sei Dank gibt es noch eine andere Cebit. Dort, wo es gesittet zugeht, in den Hallen für Netzwerksicherheit oder Banking beispielsweise. Biometrische Zugangskontrollen und Verschlüsselungstechnologien auf 256 Stellen benötigen keine Marktschreier mit Megafonen. Im Gegensatz dazu wird in den Publikumstempeln von Gigahertz und Terabyte gebrüllt. Da darf ein per Butterfahrt erprobter Freigänger irgendwelche sensationellen Weisheiten über das Produkt seines temporären Arbeitgebers von sich lassen, während zehn Meter weiter mit Cheerleader-Girls für die Konkurrenz geworben wird.

Ebenfalls nicht ohne Reiz, die mit ihrem baufälligen Charme werbende Halle 10, dem Karrieretreff für die ganz Wilden. Falls Sie Nahrungsähnliches in einer kleinen Auszeit zu sich nehmen, ist dort meine Standortempfehlung. Beobachten Sie, was sich alles auf der eventuell funktionierenden Rolltreppe den Weg in die erträumte Zukunft bahnt. Wer ganz arg drauf ist, mischt sich als Vierzigplus unter die Bewerber und lässt sich die diversen Ausreden schriftlich geben, für den Gleichstellungsbeauftragten.

Doch Spaß beiseite, meine Favoriten für die Cebit sind Digitalkameras und PDAs, die kleinen Alleskönner mit bis zu fünf Gigabyte Festplattenspeicher und bald mit Handy eingebaut. Zukunft haben noch immer Displays im 16:9-Format mit dualem Eingangssignal und kleine, leise Projektoren. Vielleicht zeigt einer sogar einen Prototyp der DVD-Brenner mit blauem Laser. Dies und die Halle 11, wo über Zukunft nicht nur geredet, sondern auch gedacht werden soll, würde ich besuchen.

Mein Fazit: Ob Cebit oder nicht, bleibt uns überlassen. Doch wozu sollen Produktneuheiten gut sein, wenn die Käufer fehlen und für Händler keine Zeit ist?

Ihr Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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