Auf zu neuen Ufern: Festplattenbranche will zusätzliche Märkte erschließen

24.02.2000
Der Festplattenmarkt kommt nicht zur Ruhe. Laufwerke mit Speicherkapazitäten kleiner 13 GB waren im Jahresendgeschäft 1999 Mangelware. Mitte des ersten Quartals bessert sich die Lage zusehends. Mit der zunehmenden Verfügbarkeit steigt jedoch auch der Preisdruck wieder an. Um den Markt eingehend zu beleuchten, lud ComputerPartner Vertreter der Hersteller und Distributoren zu einer Diskussionsrunde.

Wie ist das Festplattengeschäft letztes Jahr zu Ende gegangen, und wie ist es dieses Jahr gestartet?

Blaser: Das letzte Jahr hat bei Seagate mit einer ziemlich großen Allokation aufgehört. Wir konnten bei weitem nicht das liefern, was wir versprochen hatten beziehungsweise eigentlich auch verkauft hatten. Das neue Jahr hat so angefangen wie das alte aufgehört hat - wir haben nicht genügend Ware.

Betrifft das alle Größen?

Blaser: Ja. Konkret können wir nur 60 bis 70 Prozent unseres Forecasts ausliefern. Hinzu kommt das "Chinese New Year", das heißt, im Februar wird nur drei Wochen produziert.

Handke: Im September ging es auch bei Samsung mit der Produktknappheit los. Bei Kapazitäten über 15 GB ist es etwas besser als bei den niedrigeren Bereichen.

Hinteregger: Größere OEM-Kunden verzeichnen eine geringere Auftragsnachfrage als geplant. Ab Februar sehe ich bei Fujitsu leichte Entspannungstendenzen, was sowohl die Desktop-Platten als auch die 2,5-Zoll-Modelle für Notebooks betrifft. Besser ist die Situation im SCSI-Bereich, hier sind wir lieferfähig.

Kalina: Bei CTT geht es uns als Distributor natürlich genauso - wir bekommen zu wenig Ware. So sehe ich das auch in diesem Jahr. Wir werden über alle Bereiche hinweg zu wenige Festplatten haben.

Riemer: Von den Stückzahlen her, die Ingram Macrotron im Markt verteilt hat, war das vierte Quartal 1999 das beste Ergebnis überhaupt. Der Absatz hätte jedoch noch besser sein können.

Lindner: Meine Erfahrungen aus den letzten zwölf Jahren bei Hitachi sind 1999 total über den Haufen geworfen worden. Was den 2,5-Zoll-Markt betrifft, sind wir auf Allokation seit Ende Juni. Es ist keine Besserung in Sicht.

Patejdl: Bei Peacock beobachten wir eine äußerst starke Allokation, das ist schon richtig, wir sehen aber auch qualitative Wachstumsgesichtspunkte insbesondere im SCSI-Segment sowie im Lösungsgeschäft.

Was ist der Grund für die Verknappung? Ist die Nachfrage zu groß oder die Produktion zu gering?

Blaser: Das Komische ist ja, dass wir im letzten Quartal mit über 10,3 Millionen Stück die größte Stückzahl seit Bestehen der Firma gebaut haben. Obwohl der Markt wächst, spielen einige Mitbewerber offensichtlich nicht mehr richtig mit. Hinzu kommt, dass alle immer wieder mit Produkt-problemen zu kämpfen haben oder Teile fehlen, weil Zulieferfirmen nicht liefern können.

Wie lange dauert der Produktzyklus einer Festplatte?

Blaser: Ein halbes Jahr höchstens. Ein Modell mit einer Modellnummer gibt es vier, fünf Monate und wird zum Teil abgekündigt, bevor es überhaupt gebaut wird.

Hinteregger: Bei IDE sind es deutlich weniger als sechs Monate. Bei SCSI sind wir derzeit bei einem Produktzyklus von zwölf Monaten.

Wie steht denn die Distribution zu diesen kurzen Lebenszyklen?

Kalina: Die Hersteller haben sich selber ein Ei gelegt, indem sie immer wieder neue Platten bringen und diese teilweise tatsächlich schon abkündigen, kurz bevor sie in die Distribution kommen.

Blaser: Wer nicht mit der Technologie Schritt hält, ist bald weg vom Fenster. Wenn ein Hersteller nicht an der Technologie teilhat und sie vorantreibt, dann macht es ein anderer. Gleichzeitig muss er ständig die Fertigung optimieren, um den Preisverfall zu kompensieren. Ansonsten sagt die Distribution: "Ihr seid zu teuer, ich kann euch nicht mehr verkaufen."

Patejdl: Ohne ein ausgefeiltes Logistikmodell wird ein Distributor damit nicht mehr fertig. Wenn sich der Distributor dem nicht stellen kann, dann muss er aus dem Geschäft heraus.

Die Technologiemigration der letzten Zeit wie Ultra-DMA/66, 7.200 rpm oder Shock-Protection ist erst der Anfang. Die verschiedenen Modellserien werden immer multipler, der Wettbewerb ist unterhalb von Seagate zunehmend fragmentiert.

Der Fachhandelskanal ist nicht mehr wie früher mit ein, zwei Produktlinien erfolgreich, sondern braucht vielleicht vier oder fünf Hersteller.

Honoriert der Kunde Funktionen wie Shock-Protection und höhere Datensicherheit, oder schaut er nur auf die Kapazität?

Patejdl: Bei Peacock haben wir festgestellt, dass der OEM eine Platte über die Kapazität qualifizieren und sehr identisch zum Wettbewerb einkaufen will. In der Distribution kaufen Kunden zum Teil noch immer über den BrandNamen ein, auch bei nachgewiesen schlechterer Performance oder schlechterem Preis-Leistungs-Verhältnis. Das sind gesetzliche Phänomene bei identischen Produkten.

Handke: Der Kunde will am liebsten alles. Eine preiswerte, ausfallsichere Festplatte mit hoher Kapazität.

Blaser: Ein normaler Kunde liest irgendetwas von 18 GB und geht davon aus, dass das Ding funktioniert. Und wenn es nicht funktioniert, geht er davon aus, dass er es getauscht bekommt. Es liegt natürlich auch in der Distribution oder am Hersteller, dem Käufer zu erklären, was eigentlich der Unterschied zwischen den einzelnen Anbietern ist. Dem Endkunden sagen 20 GB eigentlich nichts - aber es klingt gut. Dass ihm auch acht reichen würden, ist ihm gar nicht bewusst. Es gibt jedoch Märkte außerhalb Zentraleuropas, in denen heute noch 4 GB reichen, obwohl wir gesagt haben, 4 GB sei schon lange tot.

Wenn man die Anzeigen in den Fachzeitschriften durchblättert, ist 13 GB die Standardgröße.

Blaser: Aber Laufwerke mit 4 GB bringen bei Seagate noch mit die größten Stückzahlen.

Hinteregger: Es ist sicher ein Problem, dass wir als Hersteller so stark in den oberen Kapazitätsbereich hineingehen, dass der Endkunde das eigentlich gar nicht mehr ausnutzen kann und gar nicht mehr braucht. Die Entwicklung geht wesentlich schneller voran, als der Markt es eigentlich verlangt.

Handke: Ich glaube, der Enduser-Markt ist getrieben und getragen von roten Zahlen. Wenn einer 25 ruft, ist das besser als 20. Egal ob Aldi oder ein x-beliebiger Hersteller, wenn jemand es schafft, sein Angebot für unter 2.000 Mark zu vermarkten, machen die anderen keinen Stich, also müssen sie mit. Auf der anderen Seite haben wir aber glücklicherweise diejenigen im professionellen Bereich, die mit 4 GB vollauf zufrieden sind und am liebsten für die kommenden fünf Jahre zugesichert hätten, dass sie diese Platten bekämen.

Riemer: Die Preisdifferenzen zwischen 4, 6 und 8 GB sind minimal. Trotzdem werden die kleinsten Modelle auch weiterhin ausgeliefert, weil es dafür einfach gewisse Anwendungen wie im Netzwerkbereich gibt.

Wie groß muss man sich den Backlog vorstellen? Wie viel Prozent der Nachfrage können Sie nicht befriedigen?

Riemer: Das ist eine sehr schwierige Frage, denn in dem Moment, in dem sich die Allokation auch nur annähernd auflöst, merkt man, wie stark der Backlog tatsächlich ist. Sowohl unsere Kunden als auch wir geben bei den Herstellern natürlich große Orders ab, da wir wissen, dass wir sowieso nur einen gewissen Teil davon bekommen.

Blaser: Genau das ist das Problem. Erst wird bestellt wie wahnsinnig und man denkt, der Bedarf ist riesig. Daraufhin fangen alle Hersteller an, die Produktion zu erhöhen. Irgendwann wird es auf einmal viel zu viel, und wir hören auf zu bauen, verkaufen unter dem Preis, und dann heißt es plötzlich: "Kein Bedarf." Wenn alle richtig liefern könnten, wäre es vielleicht einfacher.

Samsung beliefert vor allem kleinere OEMs und Integratoren, die ...

Handke: ... es sich gar nicht leisten können, auf Halde zu produzieren. Deshalb geht da das Geschäft ziemlich zügig weiter, gegenüber dem vierten Quartal natürlich schon moderater. Im Moment verunsichert auch die Cebit ein bisschen mit ihrem vorgezogenen Termin. Typischerweise kommt es um die Messezeit zu einer HoldSituation.

Der Markt ist unter Seagate stark zusammengewachsen. Das Top-Trio der vergangenen Jahre ist gesprengt. Laut IDC hat sich Fujitsu auf Platz zwei vorgeschoben. Was sind die Gründe dafür?

Hinteregger: Durch sehr starke Investitionen, sowohl in Technologie als auch in Fertigungsstätten, ist das Ziel, die Nummer drei zu werden, früher erreicht worden als geplant. Wir es geschafft, unseren Marktanteil zu erhöhen und nebenbei nicht nur im IDE-Bereich, sondern auch im SCSI- und im 2,5-Zoll-Umfeld entsprechend Margen zu erzielen.

Blaser: Diese Margen sind das Problem. Als Unabhängiger kann ich sagen: "Hier sind meine Zahlen, schaut sie euch an." Daraus wird dann ersichtlich, ob Western Digital Verluste macht oder Quantum, wie zuletzt, Gewinn. Aber bei Fujitsu, IBM oder Samsung gibt es keine Zahlen.

Genauer betrachtet, ist es nicht vorstellbar, wo die Gewinne sein sollen, denn die Kosten sind bekannt. Es war klar, dass WD seit einem halben Jahr bei den Platten 15 Dollar drauflegen musste. Die Zahlen zeigen es auch. Wer mithalten muss, weil ein anderer zehn Dollar weniger verlangt, legt immer Geld drauf.

Riemer: Die Differenz, die der Händler für den Brand zu zahlen bereit ist, liegt bei zwei bis drei Mark pro Stück. Ansonsten ist der Kunde weg, weil die Überzeugung da ist, die Qualitätsunterschiede seien nicht so groß.

Riemer: Falls einmal aus irgendeinem Grund mangelnde Qualität vorhanden ist, was sehr, sehr selten vorkommt, wird das sofort vom Markt aufgegriffen und nicht verziehen. Der Kunde hat noch genügend Alternativen.

Patejdl: Der Festplattenkauf ist zum Teil auch heute noch eine Loyalitätsentscheidung. Anders ist es nicht zu erklären, dass es Marktteilnehmer im SCSI-Segment gibt, die Apothekenpreise verlangen. Quantum hatte vor drei Generationen nachhaltig Probleme gehabt, und es hat lange gedauert, bis die Kunden zurückkamen.

Riemer: Der Fachhändler will nicht wegen zwei Mark jedes Mal das Produkt wechseln. Nur wenn die Preisdifferenz zu groß wird, wechselt er. Bei Allokation muss er wechseln. Ansonsten ist er treu und eingeschworen, weil er auch sagt: "Hier kenne ich mich mit der Technik aus, hier kann ich bessere Beratung geben."

Kalina: Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Der Händler hat sich auf ein Produkt eingeschossen, kann es handhaben, und wenn er jetzt wechseln müsste, dann ist das für ihn wieder ein neues Gerät. Die Gefahr besteht dann, dass er Fehler macht.

Patejdl: Die Allokation wird irgendwann einmal zu Ende sein, und da werden diejenigen die Backen aufblasen, die sich jetzt auf den Lorbeeren ausruhen. Dann kommen wieder ganz harte Quartalsüberhänge, und die Probleme haben dann nicht nur die Festplattenhersteller, sondern auch deren Kunden.

Hinteregger: Vom Ausruhen kann keine Rede sein, ganz im Gegenteil. Obwohl die Anzahl der Hersteller geringer geworden ist, steigt der Druck auf die Verbleibenden. In dem Geschäft kann es sich keiner leisten, auch nur ein bisschen nachzulassen. Der Markt ist sehr eng und verzeiht kaum Fehler.

Ist durch den Wegfall der CHS-Gruppe Ware frei geworden und sollen die frei gewordenen Distributionsstellen neu besetzt werden?

Riemer: Der Bedarf ist nicht geringer geworden. Die Ware geht nur einen anderen Weg.

Blaser: In Europa sind wir dabei, Distributoren abzubauen -und zwar kräftig. Zusammen mit Nahost und Afrika haben wir in den letzten Jahren von 80 auf 30 Großhändler abgebaut. Der Trend geht dahin, weniger Distributoren zu haben, weniger Direktgeschäfte zu betreiben und dafür das Business über einige wenige Partner abzuwickeln.

Hinteregger: Das ist ganz natürlich. Auch wir reduzieren die Anzahl der Distributoren. Der Markt gibt dies aber auch vor, weil sich große Distributoren zusammengeschlossen haben und kleinere teilweise übernommen wurden.

Ist für den Fachhandel der Preis das einzige Kaufkriterium?

Kalina: Der möchte zudem noch Service haben. Wir verkaufen technische Produkte, diese werden auch mal defekt, und dann möchte der Handel nicht im Stich gelassen werden. Es gibt einige Distributoren, die sagen: "Wir wollen eigentlich an dich verkaufen, aber mehr nicht."

Ist es bei den kleinen Margen überhaupt noch möglich, großen Service zu bieten?

Riemer: Uns bleibt nichts anderes übrig, als einen ordentlichen Service zu bieten, sonst ist der Kunde morgen weg. Im Servicebereich sollten die Kosten zwar so niedrig wie möglich gehalten werden, auf der anderen Seite ist ein Kunde aber sehr schnell verärgert.

Blaser: Wobei es schon so ist, dass der Hersteller versucht, die Distribution zu entlasten. Wir sehen durchaus, dass die Margen nicht berauschend sind, und haben auch nichts davon, wenn die Leute dort kein Geld verdienen.

Wie groß ist die Rücklaufquote bei Festplatten?

Blaser: Bei unter einem Prozent, wenn nicht irgendetwas faul ist. Denn dann will uns jemand etwas unterjubeln, oder das Ding ist vom Stapler gefallen. Wobei natürlich die Rückläufe in der Distribution höher sind, weil die Laufwerke auf dem Weg zum Kunden durch mehrere Hände gehen. Das heißt, es muss viel in eine anständige Verpackung investiert werden, denn jede Platte, die zurückkommt, kostet uns Geld.

Kalina: 60 Prozent der Rückläufe sind gar nicht defekt.

Patejdl: Ein Teil, das mit 7.200 oder 10.000 Umdrehungen pro Minute rotiert, ist natürlich mechanisch sehr viel sensitiver als eine CPU. Erstaunlich sind für mich die Marktteilnehmer, die gesagt haben "Service gibt es bei mir nicht", und die die Garantie auf den Wettbewerb abwälzen. Zum Teil findet eine Vermarktung ohne reale Kalkulation dieser Kosten statt.

Hinteregger: Ich kann bestätigen, dass ungefähr zwei Drittel der Rückläufe so genannte No-trouble-found-Probleme sind. Wir versuchen, den Endkunden dazu zu bringen, mit einer Software die Platte zu testen, bevor er sie zurückschickt. Es ist allerdings ein mühsames Unterfangen, dem Kunden klarzumachen, wo er diese Software findet. Viele gehen den einfacheren Weg und schicken die Platte ein.

Hat das Nachrüstgeschäft angesichts der hohen Speicherkapazitäten noch eine Zukunft?

Kalina: Durch die heutigen PC-Angebote mit sehr hohen Kapazitäten wird es für den Handel in Zukunft schwieriger, Upgrade-Geschäfte mit Platten zu machen.

Handke: Letztendlich sind in einem älteren Rechner nicht die Platte oder das CD-ROM-Laufwerk der Engpass, sondern es ist die CPU an sich. Das kann der Besitzer eigentlich nur durch den Kauf eines neuen Rechners lösen. In einen 486er muss der Anwender mindestens 1.500 Mark hineinstecken, um wieder up-to-date zu sein.

Der Drang nach Kapazität wird nicht gebremst. Haben wir nicht vor fünf Jahren geglaubt, dass eine 1-GB-Platte verdammt groß ist und wir die gar nicht voll bekommen? Wer heute eine 20-GB-Platte hat, wird in einem halben Jahr 40 GB haben wollen, weil die Spiele so schön bunt sind und die MP3-Files den ganzen Platz auffressen.

Hinteregger: Internet-Downloads, digitale Fotos und Videos werden noch mehr zunehmen. Es kann schon sein, dass in einigen Jahren 20 GB die Einstiegsgröße ist.

Patejdl: 1996 schwirrten im Markt sowohl 250-MB- als auch 2,5-GB-Platten herum, die im Grunde für den OEM genauso qualifizierungsfähig waren.

Wenn die Allokation vorbei ist und knallhart auf die 10-GB-Platten gegangen werden muss, dann können wir die 4 GB wegtun. Wir müssen ganz klar die Sweetspots und die Kosten-Nutzen-Rechnung treffen.

Kann die Festplattenbranche aus den angestammten Märkten ausbrechen?

Hinteregger: Wir arbeiten daran, die Anforderungen dieser alternativen Märkte zu erfüllen, womit ich auf das Thema Laufruhe und niedriges Betriebsgeräusch komme. In einem Videorekorder zu Hause stört eine laute Festplatte ganz einfach.

Handke: Es gibt eine Reihe von Applikationen, die nach Speicher schreien. Festplatten sind in den vergangenen fünf Jahren deutlich leiser geworden. Bisher konnten sich Settop-Boxen oder Internet-Fernseher nicht verbreiten, aber das wird irgendwann salonfähig. Nach heutigem Stand ist der PC offensichtlich immer noch das einzige, was in puncto Preis-Leistung vom Kunden akzeptiert wird, um ins Internet zu gehen.

Patejdl: Der Endkunde braucht ein Gerät, das sich wie ein Fernseher einschalten lässt und sofort da ist. Das ganze Geraffel von Microsoft interessiert nur uns, weil wir damit Geschäfte machen und wahrscheinlich im Büro mit nichts anderem arbeiten können. Für einen unbedarften Anwender, der nur ins Internet will, sind PCs die denkbar schlechtesten Geräte. Eine Art Mobiltelefon mit Farbbildschirm wäre viel interessanter. Dafür würden wir auch eine Festplatte brauchen, nur ließen sich hierfür keine Laufwerke im Fischbüchsen-Design verkaufen. Hier müsste man schon einen Weg wie IBM gehen.

Wird das Microdrive von IBM derzeit eigentlich verkauft?

Riemer: Im Moment ist es so, dass das Microdrive nur in homöopathischen Dosen an fest definierte Kunden geliefert wird, mit denen über IBM ein Auftrag zustande gekommen ist. Das Microdrive ist noch kein klassisches Distributionsprodukt.

Lindner: Hitachi geht diesbezüglich einen anderen Weg. Den Sektor Digitalkamera adressieren wir mit kleinen DVD-RAM-Laufwerken. Schon aufgrund der Empfindlichkeit ist die Festplatte dafür nicht das richtige Produkt.

Blaser: Alles, was der Endkunde herumschleppt und durch die Gegend wirft, muss so stabil sein, dass es nicht kaputt geht. Und alles, was in Massen gebaut werden soll, muss automatisch funktionieren, ohne dass die Leute vorher eine Schulung machen müssen.

Patejdl: Sollte der Flash-Preis weit genug nach unten gehen, hat die Platte keine Chance. Nur wird das die nächsten fünf, sechs Jahre nicht geschehen, weil die Halbleiterhersteller zwar in die Forschung investiert haben, aber nicht in die Fertigungsstätten.

Lindner: Wir arbeiten an der Verbindung der Optical- und Voice-Coil-Technologie in einem Gerät. Die Festplatte der Zukunft, so im Jahre 2005, wird äußerlich nicht anders ausschauen, aber die Schreibtechnologie wird eine andere sein.

Wie stehen Sie zu neuen Schnittstellen wie Firewire oder Ultra160-SCSI?

Linder: Alle behaupten ihren Kunden gegenüber, dass neue Technologien in der Entwicklung sind. Vielleicht bastelt auch irgendwo irgendeiner, aber ich sehe da momentan nichts.

Wäre Firewire nicht auch für die interne Verkabelung eine gute Alternative? Die SCSI- und IDE-Technik bekommt allmählich Probleme mit den Leitungslängen und Störstrahlungen im PC.

Handke: Das haben wir vor drei Jahren auch geglaubt. Aber es passiert nichts.

Hinteregger: Bei Festplatten gibt es keinen Trend zu Firewire. Ultra160-SCSI sehen wir sehr positiv. Fibre Channel ist dagegen bei uns sehr schwach.

Blaser: Bei uns liegt der Fibre-Channel-Anteil bei zehn Prozent. FC macht vor allem bei großen Kabellängen Sinn.

Werden die Umdrehungszahlen noch weiter steigen?

Lindner: Wir planen 15.000 Umdrehungen pro Minute.

Hinteregger: Da wird sich einiges tun, gerade im IDE-Bereich geht die Tendenz zu 7.200 rpm. Im SCSI-Bereich wird spätestens im nächsten Jahr die Einstiegszahl bei 10.000 sein. High-End-Platten drehen dann mit 15.000 rpm.

Planen Sie, in Zukunft die Garantiebestimmungen zu ändern?

Blaser: Das Garantie-Handling kostet viel Geld. Die Hersteller müssen Rückstellungen für etwas bilden, das schon abgehakt ist. Durch die schnellen Entwicklungszeiten sind die Laufwerke zum Teil schon lange nicht mehr verfügbar, wenn sie in der Mitte der Gewährleistungsfrist ausfallen.

Handke: Wir hören oft, dass der Fachhandel den Endkunden teilweise mit einem halben Jahr abspeist. Die Händler ziehen sich letztendlich aus der Verantwortung.

Riemer: Am Händler bleibt aber auch viel hängen. Ihm bleiben die Frachtkosten und die Abwicklung, für die der Endkunde nichts bezahlt. Möglicherweise hat der Wiederverkäufer die defekte Platte dem Kunden schon ausgetauscht, bevor er eine reparierte Festplatte zurückbekommt.

Patejdl: Im Corporate-Bereich lässt sich kein System ohne drei Jahre Vor-Ort-Garantie anbieten. Wer mit dem Mittelstand Geschäfte machen möchte, muss Servicekonditionen bieten, egal ob es luk-rativ ist oder nicht. Wir suggerieren bei Festplatten eine längere Garantiezeit als ihr Lebenszyklus. Das trifft man bei Konsumgütern nicht an. Der Kunde beobachtet nicht nur, dass Garantie gegeben wird, sondern wie sie abgewickelt wird.

Handke: Der Fachhändler hat die Chance, sich mit der Gewährleis-tung gegenüber dem Kunden zu qualifizieren. Viele Händler versuchen aber, sich aus der Verantwortung zu stehlen und sagen: "Hersteller, mach mal." Bei den Mengen an Enduser-Anfragen, die auf den Hotlines hereinkommen, scheint da etwas mit dem Handel im Argen zu liegen.

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