Die Zukunft der Systemhäuser

Auslaufmodell "Zeit gegen Geld"

Eric Osselmann ist Marketing Manager bei Scaling Champions.
Den deutschen Mittelstand mit IT-Equipment versorgen - das können die auf diese Klientel spezialisierten Systemhäuser und IT-Dienstleister am besten.
Systemhäsuer müssen sich radikal an den Bedürfnissen ihrer Kunden orientieren.
Systemhäsuer müssen sich radikal an den Bedürfnissen ihrer Kunden orientieren.
Foto: Antonio Guillem - shutterstock.com

Systemhäuser und IT-Dienstleister waren in den letzten Jahrzehnten immer Nutznießer der guten wirtschaftlichen Entwicklung. Doch was erwartet sie in Krisenzeiten, etwa während der derzeitigen Corona-Pandemie?

Lage des IT-Mittelstands

Aus Politik, Wirtschaft und Presse wird oft betont, dass wir die Digitalisierung verschlafen haben. Das digitale B2C-Geschäft ist aufgeteilt. Der nächste logische Schritt sind neue, frische Ideen im B2B-Bereich. Natürlich sollte dieser Markt von hippen, jungen Startups aus Berlin erschlossen werden. Und genau hier liegt der Fehler. Deutschland hat einen sehr erfahrenen, gut vernetzten und großen IT-Mittelstand.

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Diese Unternehmen werden von vielen nur als verlängerte Werkbank der Automobilbranche, der Banken und Versicherer oder des Maschinenbaus wahrgenommen. Zugegeben, in diese Stellung hat man sich im IT-Mittelstand selbst manövriert. Systemhäuser und IT-Dienstleister aber auch Digitalagenturen waren in den letzten Jahrzehnten immer Nutznießer der guten wirtschaftlichen Entwicklung

Die Branche ist inzwischen nicht mehr der kleine Kreis von wenigen Spezialisten, denen jeder Fetzen Code aus der Hand gerissen wird. Der Markt ist vergleichbarer geworden. Es gibt kaum noch Dienstleister mit echtem Alleinstellungsmerkmal. Der wirtschaftliche Aufschwung hat zur Diversifizierung der Angebote geführt. Es gab immer eine Technologie oder eine Zielgruppe mehr, mit der sich Geld machen ließ.

Dieses Verhalten hat den früher vorhandenen Kern des IT-Mittelstands ausgehöhlt. Viele Unternehmen machen sehr viele ähnliche Dinge für fast alle Kunden. Einige dieser Unternehmen würden jetzt auf die Barrikaden gehen und ihren vermeintlichen "Unterschied" hervorheben, den meisten Kunden nützt das leider nichts. Die Angebote sehen für den weniger fachkundigen Einkäufer sehr ähnlich aus und am Ende bleiben nicht viele Dinge, die den Unterschied ausmachen.

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Der Preis ist in diesem Dschungel an Angeboten eines der letzten Vergleichskriterien. Das ist der Punkt, an denen immer mehr IT-Mittelständler ihr Problem erkennen. Viele Arbeiten mit Deckungsbeträgen, die jenseits von dem sind, was man noch als unternehmerisch verantwortungsvoll bezeichnen kann. Die unverhältnismäßige Steigerung der Gehälter für die schwer zu bekommenden IT-Fachkräfte verschärft die Situation zusätzlich.

Der "Bauchladen" hat ausgedient

Das "Zeit-gegen-Geld"-Geschäft hat aber noch ein weiteres Problem. Durch die Vielzahl von unterschiedlichen Kundengruppen und dem bunten Blumenstrauß von zig Portfolio-Elementen ist die Planbarkeit auf ein Minimum reduziert. Viele Projekte in der IT scheitern, werden für Kunden viel teurer als angenommen und/oder defizitär für den Dienstleister.

Das Problem ist bekannt und auch immer spürbarer für die Branche. Die Lösung ist eigentlich denkbar einfach. Die Unternehmen im IT-Mittelstand müssen es wieder schaffen, Spezialisten zu werden. Sie müssen sich radikal am Kunden orientieren, sie müssen eine Nische finden und sich in dieser positionieren. Sie müssen skalierbare Angebote entwickeln. Damit schaffen sie sich die finanzielle Situation, in der ganz neue Innovationen entstehen können. Der IT-Mittelstand kann mit dieser Agenda aus dem Schatten treten. Die Unternehmen können sich vom Nutznießer, zum Treiber des wirtschaftlichen Aufschwungs entwickeln.

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