Lünendonk-Analyse 2020

Auswirkungen der Covid-19-Krise auf den IT-Dienstleistungsmarkt ungewiss

Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.
Mitte 2019, als Corona für die meisten Menschen nur als eine Biermarke galt, gab es bereits leichte Eintrübungen am ansonsten strahlend blauen Himmel im IT-Dienstleistungsmarkt.

Denn vor knapp einem Jahr nach den Nachfrage nach IT-Dienstleistungen aus dem Automobilsektor spürbar zurück. "Das führte zu einer deutlichen Verlangsamung des Wachstums in diesem Markt", betont Mario Zillmann, Partner bei dem auf IT-Services spezialisierten Marktforschungsunternehmen Lünendonk & Hossenfelder. "Der Handelsstreit zwischen China und den USA schadete dem allgemeinen Wirtschaftsklima ebenfalls", so der Marktforscher weiter.

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Damals, Mitte 2019, hätte sich jedoch keiner auch nur im Entferntesten vorstellen können, wie die Covid-19-Krise den gesamten IT-Markt aufmischen würde. "Die Corona-Pandemie hat sehr deutlich gezeigt, dass Unternehmen, die zu wenig in die Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse investiert haben, sich nun ganz schwer tun." Hier spricht Zillmann natürlich Firmen an, für die "Home Office" bisher ein Fremdwort war. Denn für Unternehmen, bei denen etwa digitaler Vertrieb und digitales Marketing zum täglichen Brot gehören, spielt es keine Rolle, wo deren Mitarbeiter ihrem Tageswerk nachgehen: im Büro, zu Hause oder unterwegs - der Output ist im Prinzip überall derselbe.

Geschäftsprozesse digitalieren

Jetzt in der Krise können diese Unternehmen noch weiter gehen, und ihre Geschäftsprozesse noch mehr standardisieren und automatisieren. Dabei werden sie oft von externen IT-Dienstleistern unterstützt, sodass dieses unter gewissen Umständen zu den Krisengewinnlern gehören könnten. In einem Punkt ist sich nämlich Lünendonk-Marktforscher Zillmann sicher: Ganz so stark wie die Gesamtwirtschaft - die Prognosen für 2020 reichen hier bis zu einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukt um 6,5 Prozent - wird es den IT-Dienstleistungsmarkt 2020 nicht treffen.

Und damit würden die hiesigen IT-Service-Erbringer 2020 mit einem blauen Augen davon kommen - nämlich sogar mit einem Plus über die beiden Jahre 2019 und 2020 hinweg gerechnet. Denn laut Lünendonk & Hossenfelder konnten IT-Dienstleister 2019 ihre Umsätze im Vergleich zu 2018 um 7,8 Prozent erhöhen. Und den IT-Service-Unternehmen mit dem höchsten Mehrwert innerhalb dieses Marktsegments, nämlich den IT-Beratern und die Systemintegratoren, gelang es 2019 sogar noch stärker zu wachsen, um 9,3 Prozent genau.

Noch weit stärker hat 2019 das Systemhaus Datagroup zugelegt, nämlich um mehr als 19 Prozent. Der dortige Vorstand Andreas Baresel sieht bei deutschen und hauptsächlich nur in Deutschland agierenden IT-Dienstleister einen riesigen Vorteil: "Mittelständische Kunde wollen mit regionalen IT-Providern zusammenarbeiten". Und der bisherige Fokus auf deutsche IT-Dienstleister hat sich für diese Kunden ausgezahlt. "Hierzulande mag man sich ein paar Wochen lang nicht mehr persönlich getroffen zu haben, aber die Kommunikation zwischen Kunde und IT-Lieferant war in Deutschland nie unterbrochen - im Gegensatz zum europäischen Ausland, wo es diesbezüglich oft haperte", weiß Baresel zu berichten.

Lesetipp: Lünendonk-Umfrage 2020 - Was IT-Dienstleister für 2020 erwarteten

Rüdiger Azone, Vorstandsvorsitzender bei dem Münchner IT-Dienstleister Pentasys, begreift die Covid-19-Krise als Chance: "Unsere Kunden haben auf die Herausforderung 'Home Office' sehr besonnen reagiert. Wir haben bei ihnen zahlreiche Remote-Lösungen installiert, so dass sie auch aus dem Heimarbeitsplatz aus produktiv blieben." Azone ist der festen Überzeugung, dass an der Digitalisierung ganzer Branche kein Weg vorbei führt: "Jede Firma muss eine IT-Firma werden!"

Der Pentasys-Chef wagt sogar eine Prognose, was den Markt für IT-Dienstleistungen im restlichen Jahr 2020 betrifft. Seiner Ansicht nach werden sich die IT-Service-Provider in Deutschland ganz unterschiedlich entwickeln, manche werden Kurzarbeit anmelden müssen, oder haben dies sogar schon getan, etwa bei Dienstleistern mit Kunden aus dem klassischen Automobilbereich, andere wiederum können sogar mit höheren Zuwächsen rechnen, als für 2020 eigentlich geplant: "Neue Felder wie 'Connected Cars' oder 'B2B Online Shops' werden hier für einen Aufschwung sorgen", meint Azone.

Wachstumsfelder für IT-Dienstleister

Mario Zillmann von Lünendonk & Hossenfelder fasst die Wachstumsfelder im IT-Dienstleistungsmarkt 2020/2021 im Zuge der Corona-Krise folgender Maßen zusammen:

  • Investitionen in digitalen Vertrieb und in digitales Marketing

  • Erneuerung der Digital Workplaces

  • Flexibilisierung der Geschäfts- und IT-Prozesse

  • Automatisierung und Standardisierung von Managed Services

  • Schaffung und Weiterentwicklung von digitale Kunden-Touchpoints

In den Gesprächen mit den 76 größten IT-Service Providern Deutschland fanden die Marktforscher von Lünendonk & Hossenfelder außerdem heraus, dass die IT-Dienstleister 2020 und 2021 vor allem die (oftmals) veralteten IT-Landschaften ihrer Kunden modernisieren werden. Anwender wollen nämlich ihre laufenden IT-Kosten reduzieren und migrieren deshalb gerne in die hybride Cloud.

"IT-Dienstleister, die mit einem breiten Portfolio ihre Kunden bei der digitalen Transformation umfassend unterstützen und strategisch begleiten, waren bereits 2019 im Vorteil und werden es auch 2020 sein", lautet das Fazit von Mario Zillmann.

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