Ger Coppus, Europa-Chef von Avnet Technology Solution (ATS), hatte in den vergangenen zwölf Monaten viel zu tun. Auf dem Programm stand die Integration der Geschäftsbereiche Partner Solution und Visual + Data Solutions unter dem gemeinsamen Dach ATS. Der Grund dafür: Vorgaben wurden nicht erreicht; Kostensenken war angesagt. Betroffen von den anstehenden Reorganisationsmaßnahmen war in erster Linie die Geschäftseinheit Partner Solutions - und dort alle Bereiche: Front- und Backoffice sowie Logistik.
"Seit Jahren hat Partner Solutions Millionen Verluste in Europa gemacht", erklärt Coppus im Gespräch mit ComputerPartner. Die Integration und neue Formierung von Avnet Technology Solutions im europäischen Markt hat den Distributor zwölf Monate und eine Menge Geld gekostet.
Das Hauptproblem von Partner Solutions war, dass man ein Geschäft, das nur lokal funktioniere, auf europäischer Ebene zentralisiert habe, meint der Europa-Chef. "Damit waren wir nicht auf der gleichen Linie wie unsere beiden Hauptlieferanten IBM und HP", gibt Coppus selbstkritisch zu.
Der erste Schritt, um wieder Voraussetzungen für Wachstum zu schaffen, waren dementsprechend Gespräche mit diesen beiden Herstellern: IBM und HP. Immerhin erwirtschaftet Partner Solutions 85 Prozent seines Gesamtumsatzes mit Big Blue. Beide Lieferanten wollen laut Coppus wieder in die Zusammenarbeit mit dem Distributor investieren. Voraussetzung dafür war die Abschaffung der zentralen Ausrichtung für den europäischen Markt. "Wir haben die Verantwortung wieder den einzelnen Länderniederlassungen übertragen", sagt Coppus.
Umsatz lag über Plan, aber Einbußen beim Profit
Im Gegenzug hat auch Avnet Investitionen vorgenommen und für Deutschland, Österreich und die Schweiz in Mitarbeiter investiert. Zum Beispiel hat man den Ex-Magirus-Manager Jürgen Franz für den IBM-Softwarevertrieb zu Partner Solutions in Stuttgart geholt. Verantwortlich für die D-A-CH-Region bleibt Fritz Gaebler. Seine vorherige Abteilung, Business Development, hat Avnet aufgelöst.
Insgesamt zeigt sich Coppus mit dem vergangenen Geschäftsjahr 2003/04, das Avnet am 30. Juni beendete, "sehr zufrieden". Der Manager schränkt aber ein: "Die Umsätze waren gut - ausgenommen April und Mai. Mit unserem Ergebnis sind wir allerdings nicht glücklich, weil die Reorganisationskosten für Partner Solutions den Profit gedrückt haben." Laut Coppus hat Avnet Techology Solutions 2003/04 eine Milliarde Euro im europäischen Markt umgesetzt. "Damit lagen wir über Plan", sagt der Europa-Chef.
Für das gerade gestartete Geschäftsjahr lautet Coppus? Devise: "Wir setzen einen wesentlich stärkeren Fokus auf die Profitabilität." Das soll vor allem über eine Verbesserung der Prozesse in Logistik, Vertrieb und Credit Controlling passieren. Der Bereich Partner Solutions soll in den nächsten zwölf Monaten wieder in die schwarzen Zahlen kommen, lautet die klare Vorgabe aus der US-Zentrale.
Positives Wachstum wird auch von dem Bereich Visual + Data Solutions, der ehemaligen Raab Karcher, erwartet. Außerdem setzt der Distributor auf Expansion in Osteuropa: Für Partner Solutions hat das Unternehmen gerade eine Akquisition in Slowenien getätigt. Weitere Zukäufe sind in Deutschland, Frankreich und England geplant. "Eventuell werden wir in diesen Ländern kleinere Integratoren oder Distributoren kaufen", sagt Coppus.
Für das gerade begonnene Geschäftsjahr gibt sich der Europa-Chef optimistisch: "In sechs Monaten wird der Markt wieder anziehen. Die ersten Anzeichen sind da: Industriekunden - wir sehen das im Komponentengeschäft - verzeichnen wieder Wachstum und werden Anfang 2005 wieder investieren." Projekte würden derzeit zwar immer noch verzögert, kämen aber dennoch zum Abschluss, stellt Coppus fest. Als Wachstumsbereiche definiert er für Avnet die Produktsegmente Storage und Security. Der Geschäftsbereich Security soll von Visual + Data Solutions in diesem Jahr aufgebaut werden.
Die europaweite Vorgabe - vorgegeben aus dem Avnet-Headquarter - lautet, dass alle zwölf Länderniederlassungen am 30. Juni 2005 das Geschäftsjahr profitabel abschließen müssen.
Meinung der Redakteurin
Avnet hat in den vergangenen zwölf Monaten seine Strategie sowohl im europäischen als auch im deutschen Markt überarbeitet. Die paneuropäische Ausrichtung, die das US-Unternehmen bisher favorisierte, scheint Schnee von gestern zu sein. Damit passt sich der Distributor - endlich - den Bedürfnissen seiner Partner und Lieferanten an. CH