Avnet CMG "Jetzt ist die Zeit der Ernte gekommen"

31.10.2002
Als Avnet 1997 die Fühler nach Deutschland ausstreckte und ein erstes Vertriebsbüro in München eröffnete, zitterte die VAD-Branche vor dem amerikanischen Schwergewicht. Hohe Einstiegsbarrieren waren zu überwinden, Firmenzukäufe zu verdauen. Das alles hat viel Zeit, Arbeit und Geld gekostet. Doch mittlerweile tritt der Value Added Distributor selbstbewusst im Markt auf. Und Ex-Tech-Data-Midrange-Manager Roland Vogt will den Elan nutzen, um richtig aufs Gaspedal zu drücken.

Ich fühle mich wieder richtig wohl. Endlich kann ich wieder zusammen mit Kollegen arbeiten", antwortet ein sichtlich gut gelaunter Roland Vogt, fragt man ihn nach seinem derzeitigen Wohlbefinden. Vogt, der Ende März 2001 seinen Posten als Geschäftsführer der Tech Data Midrange Systems GmbH in München räumte, steht seit gut drei Monaten bei der Avnet CMG GmbH als Vice President und General Manager Central Region auf der Gehaltsliste. Zwischenzeitlich war Vogt in der Berater- und der Internetszene tätig - die Mitbewerberklausel seines alten Brötchengebers zwang ihn dazu. Jetzt hat ihn die Distributionsbranche zurück. Und der studierte Ingenieur ist wieder in seinem Element, redet mit Freude über mittlere Datentechnik, Mehrwert und Wertschöpfungsmodelle.

"Wir wollen uns als klare Alternative positionieren"

Vogt, der nach eigenem Bekunden eine "solide Geschäftsbasis" und einen "ausgezeichneten Kollegenkreis" bei seinem Amtsantritt vorgefunden haben will, ist voller Tatendrang und hat sich anspruchsvolle Ziele gesetzt. Sich in Deutschland gegen den Mitbewerber Magirus Datentechnik in Szene zu setzen, ist eines davon. "Wir wollen nicht mit der Brechstange alle Aufmerksamkeit der Mitbewerber auf uns ziehen, aber wir wollen uns gegenüber dem Kunden als klare Alternative positionieren", so Vogt gegenüber ComputerPartner. 500 Millionen Dollar sollen laut Plan in diesem Jahr in die Kasse der Avnet CMG fließen, rund 180 Millionen Dollar davon will Vogt aus der Central Region (Deutschland, Österreich und Schweiz) beisteuern. Das setzt ein Wachstum im zweistelligen Bereich voraus, das laut Vogt derzeit durchaus zu verzeichnen sei.

Die Marktführer sind im Portfolio

Die Produktpalette, auf welche die Avnet-Mannen zurückgreifen können, besteht im Wesentlichen aus drei Bereichen: Zunächst dem Portfolio des Lieferanten IBM samt der zugehörigen Software wie Tivoli, Lotus, Informix- und DB2-Datenbanken. Hinzu gesellen sich die Produkte des Herstellers HP/Compaq inklusive dessen Management-Software Openview und zu guter Letzt das Warenangebot der wichtigsten Anbieter aus dem Speicherbereich wie Storagetek, Brocade oder Veritas. Gerade diesem Marktsegment bescheinigt Vogt ein "extremes Wachstum".

Rund 80 Prozent der Geschäfte des Value Added Distributors fallen in den Bereich kommerzielle Lösungen, sprich Server inklusive Softwarelösung, berichtet der Avnet-Manager. "Hier gibt es in der Industrie derzeit einen riesigen Investitionsstau, der sich aber irgendwann auflösen wird. Wir erwarten gute Geschäfte in diesem Bereich, denn gerade das Thema Serverkonsolidierung kommt uns sehr entgegen. Wir haben unsere Partner in die Lage versetzt, ihren Kunden Wachstumspfade aufzuzeigen, denn in den Firmen geht es nun darum, mithilfe von Informationstechnologie die Produktivität zu steigern. Es wird ganz gezielt investiert. Die Zeiten, da Firmen in Sachen IT alles mal ausprobiert haben, sind sicherlich vorbei", erklärt Vogt.

Die anderen 20 Prozent entstammen der Kategorie technische Workstations. Nach Aussage von Vogt laufen auch hier die Geschäfte zur Zufriedenheit. Die Automobilbranche und die Flugzeugindustrie, die CAD- und CAM-Lösungen zum Design ihrer Produkte einsetzen, hätten beispielsweise einen ungebrochen hohen Bedarf an immer geschwinderen Workstations. "Schnellere Rechner bedeuten für sie schnellere Produktzyklen. Die können es sich gar nicht leisten, nicht auf dem neuesten Stand zu sein", kommentiert Vogt. Kaum noch Wachstum sieht der Manager im Bereich File- und Print-Server, auch bei den Desktop-Rechnern sei eine Sättigung eingetreten.

Mehrwert muss klar erkennbar sein

Neben der Grundvoraussetzung, den Partnern eine ausgewogene Produktpalette anzubieten, legt der in München lebende und in Stuttgart arbeitende Vogt hohen Wert darauf, dem Prefix "Value Added" gerecht zu werden. Eine ausgefeilte Logistik, ein hoher Ausbildungsstand der Consultants sowie Integrationsdienstleistung zählen dazu. "Bevor ein Server ausgeliefert wird, übernehmen wir die komplette Konfiguration. Das hört sich vielleicht trivial an, aber Hunderte von TCP/IP-Adressen bereits vor der Auslieferung einzustellen ist eine echte Arbeitserleichterung für den Partner", macht Vogt deutlich. Auch der Bereich Finanzierung ist ein wichtiger Bestandteil des Mehrwertangebots. "Es ist heute sehr wichtig, fit zu sein in Themen wie Leasing, Treuhandkonten oder eigener Risikobeteiligung. Auch dass wir ein Zahlungsziel von 30 Tagen netto haben, ist heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr in der Distribution."

Nicht minder wichtig schätzt Vogt das Themenfeld Zertifizierung ein. So habe beispielsweise Hersteller IBM mit seinem VBS-Programm (Value based Strategy) die Messlatte für die Partner deutlich nach oben gelegt. "Meiner Einschätzung nach erfüllen etwa 50 Prozent der Partner die Voraussetzungen nicht, die müssen sich also fit machen, und ich denke, dass auch andere Hersteller ähnliche Programme aufsetzen werden", orakelt Vogt und hat aus diesem Grund "Zertifizierungs-Trainingslager" ins Leben gerufen. Dabei gehe es nicht nur um Inhalte, auch Fragen wie "Was muss ich wie lernen?" sollen dort beantwortet werden.

Sun und Oracle stehen zur Diskussion

Ein hohes Maß an Professionalität will der Avnet-Mann auch in puncto Lead Generation an den Tag legen. "Da arbeiten wir sehr eng mit den Herstellern zusammen und machen gemeinsame Aktionen mit deren eigenen Call-Centern und nicht mit irgendeiner externen Agentur." Auch versuche Avnet, seine Partner durch Cross-Selling-Angebote zu unterstützen, die der VAR zusätzlich anbieten kann. "Wenn man da etwas zusammenstellt, was Hand und Fuß hat, kann man immer ein Zusatzgeschäft machen", will Vogt aus Erfahrung wissen.

Was neue Distributionsverträge mit weiteren Herstellern anbelangt, gibt sich Vogt eher zugeknöpft. So möchte er keine Aussage zu Sun machen, deren Produkte Avnet in einigen Ländern schon lange vertreibt - sicherlich wohl wissend, dass in Deutschland die Fürstenfeldbrucker Firma DNS der Platzhirsch im Sun-Geschäft ist.

Offen geliebäugelt wird hingegen mit einem Vertriebsabkommen mit Datenbankanbieter Oracle. Aber das möchten einige Mitbewerber auch, und Vogt weiß das. Ob mit oder ohne Oracle, der neue Mann an der Spitze der Avnet CMG GmbH ist sich jedenfalls sicher, dass das Unternehmen auf einem guten Weg ist. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Jetzt ist die Zeit der Ernte gekommen."

www.avnet.com

ComputerPartner-Meinung:

Avnet hat mit Roland Vogt einen Manager an Bord gehievt, der über viel Erfahrung in Sachen Value Added Distribution verfügt. Professionelle Partner brauchen professionelle Unterstützung. Und bei Avnet macht man sich offensichtlich viele Gedanken, welche Bedürfnisse Partner gerade in diesen stürmischen Zeiten haben und welche Angebote sie brauchen. Ist das Konzept stimmig, kann er auf Loyalität und vor allem gute Mundpropaganda der Partner hoffen - die ist gerade in diesem überschaubaren Markt nicht zu unterschätzen. (cm)

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