Bald 35 und noch kein bisschen weise?

30.10.2003
Andreas Th. Fischer afischer@computerpartner.de

Nun haben wir es wieder einmal geschafft, die Systems 2003 ist vorbei. Der Wandel der Messe in eine Privatkundenveranstaltung und der befürchtete Ansturm der 250.000 Schnäppchenjäger und -sammler sind wider Erwarten doch ausgeblieben, und eine Mehrheit der Aussteller zeigte sich gegenüber ComputerPartner sogar weitgehend zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung (mit Ausnahme der Aussteller im Dealers-Only-Bereich). Der Messegesellschaft ist es nicht gelungen, den Abwärtstrend bei den Ausstellern zu bremsen. Einfach nur darauf zu hoffen, dass die Konjunktur "im nächsten Herbst" schon wieder anziehen werde, ist zu wenig.

Dies hat auch der Organisator erkannt und ein neues Konzept für das kommende Jahr vorgestellt. Die Medienbranche als neue Zielgruppe und ein frisches, unverbrauchtes Publikum sollen der Systems, die im kommenden Jahr übrigens 35 wird, neuen Elan geben. Laut Messechef Klaus Dittrich ist der "Content der Treibstoff für die ITK-Branche, um wieder Wachstumsmotor zu werden". Bei solch starken Worten stimmt es allerdings nachdenklich, dass die beiden auf der Pressekonferenz anwesenden Unternehmen nicht unbedingt die neue Zielgruppe ideal repräsentierten. Die Tomorrow Focus Technologies GmbH ist bereits in diesem Jahr mit einem Stand auf der Systems vertreten, während Plazamedia nach Aussage eines Branchenkenners wohl kaum je das Geld für einen Stand auf der Systems 2004 haben werde.

Jedoch: Anstatt sich um eine eher fragwürdige Verbreiterung des Spektrums zu kümmern, sollte die Messegesellschaft lieber erst einmal ihre Hausaufgaben machen. Die bereits 2002 verhasste Zwangsregistrierung führte in diesem Jahr dazu, dass morgendliche Besucher stundenlang in Warteschlangen verharren mussten, bevor sie in einem absurden Registrierungssystem namentlich aufgerufen wurden und ihre endgültige Eintrittskarte in Empfang nehmen durften. Drinnen verstrich derweil nicht selten der ausgemachte Termin mit einem Geschäftspartner, weil kaum ein Fachbesucher vorab mit so einem Hindernis rechnete.

Wie Dittrich bei einer solchen Situation noch stolz auf eine Reduzierung der Terminals verweisen kann, bleibt unverständlich. Das große Problem am Einlass war, dass die Besucher mit einem bis zu 18-seitigen Fragenprogramm aufgehalten wurden und dass selbst Anwender, die sich im Internet vorregistriert hatten, eine dieser Anmeldestationen zur Erlangung des "Final Tickets" benötigten. Erst wenn das Murren aus der sich träge dahinschlängelnden Warteschlange jeweils zu laut wurde, reagierte die Messeleitung und reduzierte den Fragenkatalog.

Die Verringerung der Terminals könnte übrigens auch einen ganz pragmatischen Grund gehabt haben: Hinter vorgehaltener Hand wurde kolportiert, dass die Messeleitung noch kurz vor Beginn der Systems den Monitorhersteller CTX überreden wollte, 140 Bildschirme gegen einen Standplatz zu tauschen. Das Unternehmen habe jedoch dankend auf den Kuhhandel verzichtet.

Man kann ja irgendwie verstehen, dass die Messegesellschaft an den Daten ihrer Teilnehmer interessiert ist, aber wenn die Registrierung im kommenden Jahr wieder so ein Fiasko wird, werden ihr die Besucher in Scharen davonlaufen. Nicht wenige, die angesichts der teilweise "menschenverachtend" genannten Zustände an den Messeeingängen unverrichteter Dinge wieder umdrehten und nach Hause fuhren, haben bereits angekündigt, die süddeutsche IT-Messe in Zukunft zu meiden wie Beelzebub das Weihwasser.

Anstatt also Hunderttausende von Freikarten unter die Massen zu bringen, um nur ja die Besucherzahlen halbwegs hochzuhalten, könnte die Messegesellschaft in Zukunft folgenden Tauschhandel anbieten: Wer bereit ist zu zahlen, kommt ohne Umstände und Warteschlangen sofort rein. Wer das Eintrittsgeld lieber spart, erhält freien Eintritt gegen Preisgabe seiner Daten.

Die Messegesellschaft muss sich 2004 darauf konzentrieren, den Systems-Teilnehmern ein optimales Umfeld zu bieten, anstatt wenig überzeugende Konzepte für die Zukunft zu entwerfen. Wenn man bedenkt, dass ein ganzer Teil der neuen Zielgruppe bereits heute auf der schon in die Systems integrierten Internetworld ausstellt, bleibt nicht mehr viel übrig von dem großen Plan.

Zur Startseite