"Bald werden Lautsprecher für uns wichtiger sein als die Soundkarten"

18.04.2002
Der Soundkartenspezialist Creative Labs hat sich innerhalb der vergangenen zwei Jahre zum führenden Lautsprecheranbieter gemausert. Wie sich der Markt entwickelt hat und wohin der Trend geht, erläutert Deutschland-Geschäftsführer Alexander Salvador.

Noch vor drei Jahren gab es rund 50 Anbieter im Lautsprechermarkt. Jeder Player hielt ein bis vier Prozent des Marktanteils, und kein Marktführer war in Sicht. Das wollte Creative Labs ändern. Vor zwei Jahren begann der Soundspezialist, der sich bis dato vor allem durch seine Soundkarten einen wohlklingenden Namen gemacht hatte, mit hohen Investitionen den Markt zu verändern. So wurde der damalige HiFi-Marktführer in den Staaten, Cambridge Soundworks, mit seinem kompletten Know-how übernommen. Daraus entstand nach einer Entwicklungszeit ein komplettes Consumer-Produktportfolio für den europäischen Markt.

Auch wenn Creative ein Anbieter für PC-Peripherie ist, wird nun das eine oder andere Produkt auch parallel im Hifi- und Unterhaltungselektronikbereich positioniert. Mit Erfolg, wie Deutschland-Geschäftsführer Alexander Salvador stolz verkündet. "Wir haben uns von etwa vier Prozent auf 27 Prozent Marktanteil nach Umsatz in den Monaten Dezember bis Januar 2002 entwickelt. Das entspricht einem Umsatz von 3,8 Millionen Euro."

Der nächstplatzierte Mitbewerber im deutschen Markt ist Interact. Der Weetzener Low-Cost-Anbieter liegt mit zehn Prozent Marktanteil deutlich abgeschlagen hinter Creative. Danach folgen Philips mit 5,6 Prozent, No-Names mit 5,3 Prozent, Trust mit 4,9 Prozent und Handelsmarken mit 4,7 Prozent. Labtec (4,0 Prozent), Anubis (3,2 Prozent) und Logitech mit 3,0 Prozent bilden die Schlusslichter der Top Ten. Das Gros der vielen kleinen Anbieter der Anfangszeit wird unter dem Oberbegriff "Alle Anderen" geführt; sie teilen sich knapp 16 Prozent des Marktes.

"Wir haben die Zeichen der Zeit erkannt und den HiFi-Trend auf den Consumer-Bereich heruntergebrochen. Heute kann der Endkunde, egal in welchem Preissegment, immer ein optimales Preis-Klang-Verhältnis erwarten, auch gegenüber den Mitbewerbern", so Salvador zur Firmenphilosophie.

Seiner Meinung nach zeichnet sich der Trend hin zu Qualität schon seit einiger Zeit ab. Alles fing mit dem 2.1-System an, also zwei Stereoboxen plus Subwoofer. Dann schossen sich relativ schnell die Gamer auf die 4.1-Systeme ein, von denen das Unterföhringer Unternehmen verschiedene Modelle anbot. Mit der Verbreitung der DVD-Laufwerke, anfangs erst einmal im PC, stiegen dann auch die Anforderungen der Filmfans sowie der Besitzer von Wohnzimmer-Systemen. Creatives 5.1-Systeme entsprach laut Salvador genau den hohen Ansprüchen, da diese Systeme Dolby Digital wiedergeben können. Was Creative schon vor Jahren sah, dass nämlich der Computer- und der Unterhaltungselektronikmarkt zusammenwachsen würden, fand dann im Weihnachtsgeschäft des vergangenen Jahres tatsächlich spürbar statt. "Von der PC-Industrie wurde damals ein Preisdruck auf die Braunwarenindustrie ausgeübt", sagt Mu-rat Ünol, Marketingleiter Creative. "Vor zwei, drei Jahren konnte man dort ein Dolby-Digital-System nicht unter 2.000 bis 3.000 Mark kaufen. Den Massenmarkt im DVD-Bereich hat die Computerindustrie angestoßen. Momentan bewegen wir uns mit unseren 5.1-Systemen inklusive Decoder in einem Preissegment, in das die Braunwarenindustrie noch nicht vorstoßen konnte."

Dieser Vorteil zeigt sich auch in der Aufteilung der Handelskanäle. Mehr als 40 Prozent des Umsatzes werden allein mit Computershops gemacht, Massenmärkte wie Media-Markt und Saturn, aber auch Kaufhäuser und Supermärkte sowie UE-Shops und -Ketten wie EP, Rüfach, Interfunk sowie Mailorders teilen sich den verbleibenden Teil. Laut Salvador stiegen die PC-Händler dank ihrer bisherigen Erfahrung mit den Soundkarten reibungslos in den Lautsprechermarkt ein."Die größten Stückzahlen werden mit 2.1-Systemen für knapp 50 Euro gemacht", erklärt Salvador weiter. "Allein in Dezember 2001 und Januar 2002 waren das über 25.500 Stück. Einen weiteren starken Trend zeigen auch die 5.1-Systeme mit Durchverkaufszahlen von mehr als 7.100 Stück auf. Endkunden erwarten zunehmend mehr Flexibilität beim Einsatz der Systeme. Diese hochwertigen Produkte können sie sowohl am PC als auch im Wohnzimmer nutzen." Ünol setzt noch eins drauf: "Vom Umsatz her haben die 5.1-Systeme die 4.1-Systeme bereits überholt. Spätestens in acht Monaten werden sie diese auch stückzahlenmäßig überrundet haben."

Salvador glaubt sogar, dass bis zum Jahresendgeschäft die Lautsprecher das bisherige Kerngeschäft Soundkarten an Bedeutung überrundet haben werden. Derzeit teilt sich der Creative-Umsatz auf folgende Produktgruppen auf: Soundkarten liegen immer noch bei rund 36 bis 38 Prozent, Lautsprecher haben sich zu einem ernst zu nehmenden Rivalen mit etwa 28 Prozent gemausert. Grafikkarten liegen mit 20 Prozent gut im Rennen, die Jukebox hat sich einen Umsatzanteil von fünf bis acht Prozent erobert, und der Kommunikationsbereich konnte innerhalb weniger Monate von null auf fünf bis sechs Prozent hochschnellen.

www.creative.de

ComputerPartner-Meinung:

Creative Labs will sich von seiner langjährigen Abhängigkeit vom Soundkartenmarkt lösen und durch Diversifizierung das Risiko mindern. Mit Erfolg, wie es scheint, denn die Lautsprecheroffensive, die vor gut zwei Jahren startete, trägt süße Früchte und bescherte einen komfortablen ersten Platz im Markt-Ranking. Das kommt auch dem Fachhandel zugute, da vor allem relativ hochpreisige Boxensysteme mit attraktiven Margen die Renner sind. (go)

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