Bandwechselsysteme im Sog von NAS und SAN

15.02.2001
Mit dem Durchbruch neuer Speicherkonzepte wie NAS (Network Attached Storage) und SAN (Storage Area Networks) erleben automatische Bandbibliotheken derzeit einen kräftigen Aufschwung. Neben einem gut sortierten Produktspektrum setzen die Hersteller von Tape-Libraries auf den Ausbau der Vertriebskanäle und die Qualifizierung ihrer Fachhandelspartner.

Automatisierte Bandspeichersysteme - angefangen vom kompakten Autoloader bis hin zur hochkapazitiven Bandbibliothek - zählen zu den großen Nutznießern der derzeit in vielen Unternehmen stattfindenden Speicherkonsolidierung. Die damit zusammenhängenden Automatisierungsmöglichkeiten bieten ein erhebliches Einsparungspotenzial, wenn Unternehmen große Datenmengen verwalten und deren Verfügbarkeit in ökonomischer Weise sichern müssen.

Bandbibliotheken erlauben Backups mit einem Minimum an administrativem Aufwand. Gleichzeitig wird das Risiko von Datenverlust durch Bedienungsfehler erheblich gesenkt. Der Vorteil: Unternehmen sparen Kosten, weil sich Systemadministratoren auf ihre eigentlichen EDV-Aufgaben konzentrieren können.

Bereits 10,4 Prozent der gesamten Investitionen in Storage Area Networks (SANs) entfallen mittlerweile auf Bandspeicherlösungen, besagt eine Studie von Frost & Sullivan. "Der boomende SAN-Markt wird insbesondere die Nachfrage nach großen Libraries weiter anheizen", prophezeit Zarah Damji vom Marktforschungsinstitut IDC. Sie glaubt ferner, dass allein der Umsatz im Bereich Emea (Europe, Middle East, Africa) von gut einer Milliarde Dollar im Jahr 2001 auf etwa 1,7 Milliarden im Jahr 2004 ansteigen wird.

Maßgeschneiderte Lösungen

Die treibende Kraft hinter der wachsenden Nachfrage nach automatisierten Bandlösungen ist die zunehmende Bedeutung von Backups in hochverfügbar zu haltenden Systemen für E-Commerce, Customer-Relationship-Management oder Knowledge-Management. "Der Großteil der Informationen ist dort zentral in komplexen Datenbanken gespeichert, und sie müssen ohne Unterbrechung zugänglich sein. Aktuelle Library-Lösungen bieten in diesem sensiblen Umfeld eine zuverlässige Datensicherung - selbst dann, wenn kein Backup-Fenster zur Verfügung steht", erklärt Bill Britts, Vertriebs- und Marketing-Leiter beim Library-Hersteller Adic.

Der Forderungskatalog potenzieller Kunden an automatisierte Backupsysteme ist klar definiert: Flexibel, skalierbar und zuverlässig müssen die Lösungen sein. "Der Kunde fordert eine breite Technologiebasis, aus der er sich eine exakt auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Lösung auswählen kann", weiß Nigel Street, CEO von Plasmon, zu berichten.

Dies ist immerhin Grund genug für Anbieter von Bandbibliotheken, ihr Produktportfolio massiv auszubauen. Prominentestes Beispiel ist hierfür Storage-Tek. Konzentrierte man sich dort jahrelang hauptsächlich auf den lukrativen Enterprise-Bereich, hat das Unternehmen mit dem neuen Bandspeichersystem "L20" nun auch kleine und mittelgroße Unternehmen im Visier. Die Plug-&-Play-Lösung ermöglicht automatisches Backup, Archivierung und Datenwiederherstellung unter Windows NT, aber auch in Novell-, Linux- und Unix-Umgebungen.

Connectivity ist entscheidend

Wer glaubt, der technologische Fortschritt bei Bandbibliotheken beschränkt sich ausschließlich auf Integration neuester Tape-Technologien wie LTO, Super DLT, AIT oder Mammoth, liegt falsch. Eine zunehmend wichtigere Rolle bei der Definition neuer Produkte spielt heute die Anbindung an Storage Area Networks. Hoher Datendurchsatz, Fibre-Channel-Schnittstelle, Hochverfügbarkeit und Funktionen wie Fernsteuerung und -diagnose über das Internet gehören immer häufiger zu entscheidenden Auswahlkriterien beim Kunden.

Quantum-ATL hat diesem Trend Rechnung getragen und errichtete ein SAN-Zertifizierungslabor. Dort führt der Library-Hersteller umfangreiche Tests durch, um gängige SAN-Hard/Software-Kombinationen für den Einsatz in den eigenen Bandspeicherlösungen zu optimieren.

Zertifizierung für NAS und SAN

Eine Schlüsselrolle bei der Erschließung des wachsenden Library-Marktes spielt der indirekte Vertriebskanal - da sind sich die führenden Hersteller eins. So verspricht sich beispielsweise Tandberg eine kräftige Umsatzsteigerung nicht nur durch neue innovative Produkte, sondern auch durch die verstärkte Unterstützung seitens der Systemintegratoren. Weitere umfangreiche Maßnahmen zur Stärkung seines VAR-Netzes hat Exabyte angekündigt. Im September 2000 hat der Hersteller mit dem Wiesbadener SAN-Experten Tim AG einen Distributionsvertrag abgeschlossen.

"Neue Bandspeichertechnologien und anspruchsvolle SAN- und NAS-Architekturen erfordern qualifizierte Channel-Partner", hat auch Andreas Hellriegel, Zentraleuropachef bei der Overland Data GmbH, erkannt. Vor zwei Monaten hat der Library-Hersteller deshalb ein Zertifizierungsprogramm ins Leben gerufen. Das Ziel dieser Initiative lautet, sowohl bestehende Fachhandelspartner weiterzubilden als auch neue Händler für den Vertrieb automatisierter Bandspeichersyteme zu gewinnen. Das Partnerprogramm umfasst die Teilnahme an Produktpräsentationen und Verkaufsschulungen, Versorgung mit Informationsmaterial, Unterstützung im Marketing-Bereich und bei Veranstaltungen, Weitergabe von Kundenkontakten sowie ein besonderes Rabattsystem. Darüber hinaus erhält der zertifizierte Partner einen Passwort-geschützten Zugang zum Over-land-Extranet.

Eine wichtige Voraussetzung sollte der interessierte Fachhändler allerdings erfüllen: Da bei der Einbindung von Libraries in SAN-Umgebungen Storage-Management-Software eine wesentliche Rolle spielt, muss der künftige Partner gleichzeitig von einem der strategischen Overland Software-Partner wie Veritas, Legato oder Computer Associates zertifiziert sein.

Etwa 30 VARs möchte Overland bis Ende dieses Jahres gewinnen. Während in dieser ersten Phase eine flächendeckende Verteilung im Vordergrund steht, sollen nach Hellriegels Worten im zweiten Schritt auch branchenspezifische Aspekte bei der Partnersuche berücksichtigt werden. Ansonsten blickt der Overland-Manager zuversichtlich in die Zukunft: "Aufgrund des aktuellen Generationswechsels bei Tape-Technologien verhalten sich die Kunden derzeit eher zurückhaltend. Sobald sich LTO und Super DLT am Markt etabliert haben, wird die Nachfrage spürbar ansteigen - genauso wie die aktuelle moderate Wachstumsrate von 30 Prozent."

www.overland.com

www.storagetek.com

www.exabyte.de

www.tandberg.com

www.atlp.com

www.adic.com

www.tim.de

www.plasmon.co.uk

ComputerPartner-Meinung

Das vergangene Jahr war von zahlreichen Fusionen und Akquisition in der Bandspeicherbranche geprägt (siehe auch Kasten: Quantum ATL schluckt M4 Data). Doch diese Marktkonsolidierung wird nicht auf die Library-Hersteller beschränkt bleiben. In Wartestellung befinden sich bereits führen-de Bandlaufwerksproduzenten wie IBM, Seagate oder Hewlett-Packard, die bisher als OEM-Kunden der Library-Hersteller auftraten. Doch aufgrund von sinkenden Preisen der separaten Tape-Laufwerke geraten diese Hardware-Größen nun ebenfalls unter Druck. Akquisitionen von einzelnen Unternehmensbereichen sind hier nicht mehr ausgeschlossen. (sd)

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