Bay-Chef Schmickler: "Ich sehe uns als Lösungsanbieter für vertikale Märkte"

07.11.1997
MÜNCHEN: Nach halbjähriger Suche hat die Deutschlandfiliale von US-Netzwerker Bay Networks wieder einen neuen Geschäftsführer: Udo Schmickler, zuvor bei den Mainframe-Anbietern Data General und Wang tätig. Seine Aufgabe ist, die Netzwerker im zunehmend härter werdenden Markt wieder auf Vordermann zu bringen. Das soll mittels eines radikalen Kurswechsel geschehen, wie Schmickler im Gespräch mit ComputerPartner-Redakteur Wolfgang Leierseder erklärt.? Herr Schmickler, was hat Sie veranlaßt, zu einem Unternehmen zu gehen, das in letzter Zeit hauptsächlich durch negative Schlagzeilen, an erster Stelle Verluste und unklare Strategien, auf sich aufmerksam gemacht hat?

MÜNCHEN: Nach halbjähriger Suche hat die Deutschlandfiliale von US-Netzwerker Bay Networks wieder einen neuen Geschäftsführer: Udo Schmickler, zuvor bei den Mainframe-Anbietern Data General und Wang tätig. Seine Aufgabe ist, die Netzwerker im zunehmend härter werdenden Markt wieder auf Vordermann zu bringen. Das soll mittels eines radikalen Kurswechsel geschehen, wie Schmickler im Gespräch mit ComputerPartner-Redakteur Wolfgang Leierseder erklärt.? Herr Schmickler, was hat Sie veranlaßt, zu einem Unternehmen zu gehen, das in letzter Zeit hauptsächlich durch negative Schlagzeilen, an erster Stelle Verluste und unklare Strategien, auf sich aufmerksam gemacht hat?

SCHMICKLER: Der Grund war, daß Bay mich von seinem enormen Potential als Netzwerk- und Lösungsanbieter überzeugen konnte. Umgekehrt kann ich mit meinem Background als Business-Manager und Nicht-Techniker dazu beitragen, die eingeschlagene Richtung mitzugestalten. Ich möchte gerne Bay Networks Deutschland formen. Das reizt mich.

? Können Sie die Neuausrichtung von Bay skizzieren?

SCHMICKLER: Ich sehe Bay nicht allein als Hardware-Hersteller im Netzwerk-Bereich, sondern, wie es CEO David House mit "Adaptive Networking" vorgegeben hat, als Lösungsanbieter mit dem Schwerpunkt vertikale Märkte. Konkret heißt das: Bay muß sich zum einen um Allianzen kümmern, etwa mit SAP, Microsoft oder Oracle, generell mit Applikations-Häusern. Eventuell auch mit Intel. Zum anderen müssen wir verstärkt mit Systemintegratoren arbeiten. Das werden wir sicher nicht so schnell alleine schaffen, denn dafür brauchen wir Consultants und Systemintegratoren. Unser Ziel stellt sich mir so dar: Wir brauchen mehr Kompetenz im Geschäftsverständnis.

? Was macht Sie so sicher, daß die Neuausrichtung richtig ist?

SCHMICKLER: Die Vertikalisierung ist aus meiner Sicht ein absolutes Muß. Denn mit ihr erreichen wir viel mehr Markt-Präsenz und eine bessere Markt-Fokussierung. Distributoren, Endkunden, Vertriebsleute und unsere Enterprise Solution Partner (ESPS) bestätigen mich darin. Oder denken Sie auch an Endkunden: Was haben zum Beispiel ein Behördenvertreter, ein Vertreter von Premiere oder ein einer von Volkswagen gemeinsam? Nichts. Also: Der vertikale Ansatz ist viel besser.

? Heißt das, Sie werden kundenorientierte und nicht technikorientiert Lösungen anstreben?

SCHMICKLER: Ich habe letztens ein Bild bei unserem Mitarbeiter-Meeting kreiert (siehe Skizze). Ich habe erstens die Ebene des IT-Direktors und des Geschäftsführers oder Vorstands. Zweitens gibt es die Client-Server- oder die Host-Umwelt. Und als dritte Ebene existiert die Applikations-Seite. Wenn wir nun in dem Netzwerk-Kästchen stehenbleiben, dann sind wir arm dran. Da müssen wir raus. Das aber schaffen wir nur, wenn wir mit Systemintegratoren und Consultants zusammenarbeiten und echte Dienstleistungen anbieten können. Das kann auch über Dritte geschehen, vorausgesetzt, diese tragen die Bay-Fahne hoch. Auf diese Weise werden wir ein viel besserer Gesprächspartner für die erste Ebene. Denn wir können sagen: Wir verstehen die Geschäftsprozesse. So sehe ich unser Entwicklung.

?Welche Märkte werden Sie gezielt angehen?

SCHMICKLER: Vor allem Manufacturing, Automobile und Chemie, Financial Services, Banken und Versicherungen. Der Riesenbereich Telekommunikation kommt hinzu. Allerdings hängt das davon ab, wieviel Ressourcen wir haben, und was wir einsetzen können.

? Das ist ein großes Programm.

SCHMICKLER: Das ist ein großes Programm, absolut. Aber wir müssen die Ressourcen, die wir haben, genau darauf fokussieren. Aus meiner Sicht haben wir zuwenig in den Dienstleistungsbereichen, also Netzwerk-Design und -Planung sowie Training, gemacht. Hier haben wir zuviel auf Partner gesetzt, an sie delegiert, was wir selber hätten tun sollen. Unsere Partner aber erwarten von uns, daß wir selber dafür sorgen. Denn Netzwerk-Planung respektive -Design ist heute so komplex, daß unsere Partner auch nicht immer das Personal haben, das sie dafür bräuchten. Wenn wir dafür sorgen, bringt uns das viel: An erster Stelle Bekanntheit im Markt.

?Was heißt das konkret für Ihre Partner?

SCHMICKLER: Das heißt für die Partner im Grunde genommen, daß wir für die Partner wertvoller werden. Nicht nur im Eskalationsfall, sondern bei der Vorarbeit. Also etwa bei der Kundengewinnung.

?Glauben Sie, daß Ihre mittelständischen Partner bei der Neuausrichtung mitmachen werden?

SCHMICKLER: Gewiß. Denn für den Mittelstand ist es noch wichtiger, daß wir Geschäftsprozesse kennen. Das typische Problem des Mittelstands besteht ja darin, daß er nur wenig Fachpersonal hat. Also braucht er von uns im Grunde mehr Unterstützung.

?Was lauten Ihre Ziele jetzt?

SCHMICKLER: Neben den Hauptzielen Umsätze und Gewinne zu realisieren, gibt es für mich folgende Ziele: Bay als einen Hersteller aus der Box-Ecke, aus dem oft engen Techniker-Verständnis herauszuführen und zu einem Anbieter und wirklichem Mitspieler bei Entscheidungsprozessen in Unternehmen zu machen. Das wollen wir durch die Fokussierung auf vertikale Märkte erreichen. Wir wollen uns in bestimmten Marktsegmenten einen Namen machen.

? Horizontale Lösungen gibt es aber nach wie vor?

SCHMICKLER: Die gibt es bei Bay und wird es geben. Denn unsere Produkte passen eigentlich überall.

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