Baycom: "Wir werden auf keinen Fall in einer Supermarktkette auftauchen"

25.04.2002
Der Notebook-Hersteller Baycom distanziert sich entschieden vom klassischen Consumer-Vertriebskanal. Aldi und Lidl wurden von der Unternehmensführung abgewiesen, und auch im Retail-Kanal steht kein Baycom-Notebook. In erster Linie will der B-Brand durch den Fachhandel wachsen.

Dass Computersysteme, Bildschirme oder Notebooks in den Regalen der Food-Ketten stehen, daran hat sich inzwischen jedermann gewöhnt. Nicht so der Waiblinger Notebook-Hersteller Baycom. Das Unternehmen will seinen Brand nicht zwischen Butter und Magerjoghurt in einem Regal wiederfinden. "Vergangenes Jahr haben sowohl Lidl als auch Aldi bei uns angeklopft. Wir haben abgelehnt, weil wir uns auf einen anderen Vertriebskanal konzentrieren", erzählt Matthias F. Schulte, Vertriebs- und Marketing-Manager bei der Baycom GmbH. "Wir forcieren das Endkundengeschäft nicht, sondern wollen Business-Kunden erreichen", ergänzt Schulte. Die klassischen B-Brands wie Gericom oder IPC-Archtec sieht Baycom daher nicht als Wettbewerber. Sie seien zu groß und gingen über einen anderen Kanal. "Dann schon eher noch Targa", fällt Schultes nach langem Überlegen ein.

Die Vorteile der "Profi-Partner"

Um den Brand weiter auszubauen, hofft der Hersteller auf die Zusammenarbeit mit qualifizierten Handelspartnern. 250 "Profi-Partner" sollen bis Ende 2002 generiert werden. Von den rund 1.500 aktiven Händlern in 2001 laufen derzeit 150 unter diesem Status. Wer Profi-Partner wird, entscheidet der Hersteller anhand den mit Baycom getätigten Umsätze und der strategischen Ausrichtung des Händlers. "Profi-Partner ist für uns jemand, der ein Betriebssystem installieren kann, ohne dass er Fehler macht - also keine Food-Kette", stichelt Schulte.

Seit der Systems 2000 gibt es das Baycom-Partnerprogramm. Neben einem verlängerten Zahlungsziel, Werbe-Unterstützung durch PoS-Material und Hilfe bei Events werden die Profi-Partner auf der Baycom-Webpage gelistet. Gemeinsam mit diesen Partnern will der Hersteller verstärkt den Small-Business-Bereich und den Mittelstand an Land ziehen. Denn "es gibt in diesem Markt sehr wohl eine Berechtigung für einen B-Brand", meint Schulte.

Wachstum in sicherem Umfeld

Dass Baycom nicht von Anfang an mit Existenzängsten zu kämpfen hatte, liegt auch am Firmenhintergrund. Die Baycom GmbH ist Teil der 1945 durch Julius Bay als Einzelfuhrunternehmen gegründeten Bay-Gruppe. Heute besteht die gesamte Gruppe aus einem Firmenverbund von sieben Unternehmen, die in den verschiedensten Richtungen, wie beispielsweise Logis-tik, Dienstleistung oder Handel, tätig sind.

An die Gründungsumstände von Baycom erinnern sich die Waiblinger allerdings nicht so gerne. Der Vorgänger der Baycom GmbH war die 1989 aus der Dexheimer GmbH entstandene SPE-Technik GmbH, ein mit rund 5.000 Artikeln bestückter EDV-Großhandel, der alles andere als profitabel lief. 1997 zog die Gruppenleitung einen Schlussstrich unter SPE, die Firma wurde umfirmiert, das Personal ersetzt, und die neue Richtung hieß ab sofort: Notebook-Hersteller. Um die laufenden Kosten möglichst gering zu halten, übernimmt die Bay-Gruppe einige Unternehmensbereiche (zum Beispiel Buchhaltung). Andere wiederum laufen im Outsourcing-Verfahren. So kommt Baycom gerade mal auf 25 Mitarbeiter.

Bis vor kurzem war auch der Service ausgesourct. Jetzt wird allerdings wieder im eigenen Haus geschraubt und gelötet. Nur die Motherboard- und Display-Reparatur werde noch außer Haus gemacht. Dadurch erreiche der Hersteller eine durchschnittliche Reparaturdurchlaufzeit von 5,2 Werktagen.

Die nahe Zukunft wird kein Zuckerschlecken

Der Notebook-Schrauber ist seit 1997 am Markt und laut eigenen Angaben seit 1999 profitabel. Im vergangenen Jahr wurden knapp 25.000 Worldbooks verkauft. Für das laufende Jahr ist ein Wachstum von 20 bis 30 Prozent geplant. "Es wird sicherlich eine harte Nuss, diesen Plan einzuhalten", sagt Schulte nachdenklich. Er sieht zumindest in diesem Markt "momentan keine Anzeichen für Wachstum". Die Euro-Umstellung, die Verlängerung der Garantiezeit, der Anstieg der Komponentenpreise - all das mache den Absatz derzeit schwieriger.

Im ersten Quartal dieses Jahres liegt Baycom, so Schulte, noch leicht unter Plan. Dies sei vor allem auf den stetigen Preisanstieg im Komponentenmarkt seit Dezember vergangenen Jahres zurückzuführen: "Gegenüber Dezember 2001 ist ein Notebook heute etwa 100 Euro teurer in der Herstellung." Auch die Display-Preise seien um 20 bis 30 Prozent gestiegen. Mit der neuen Produktreihe "Worldbook 4" und dem "Worldbook Sub" (siehe Kasten) sieht sich das Unternehmen jedoch im Moment gut aufgestellt. Außerdem will der Hersteller langfristig den Stamm der Profi-Partner ausbauen und die anderen Fachhändler dann über Distribution beliefern. "In Zukunft soll der Endkunde im Laden nicht nach einem Notebook, sondern nach einem Worldbook fragen", fügt Schulte schmunzelnd hinzu.

Seit September 2001 lächelt "Miss Worldbook" nicht nur von jedem Worldbook-Karton, der das Lager verlässt, sondern auch auf sämtlichen Prospekten des Herstellers. Die zur Systems 2001 gekürte Titelträgerin ist seit einem Jahr in Amt und Würde. Gewählt wurde sie vom Marketingteam des Notebook-Herstellers. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass die nächste Miss Worldbook unter Zuhilfenahme der Profi-Partner gewählt würde, räumt Schulte ein.

www.baycom-notebooks.de

ComputerPartner-Meinung:

Ein mutiges Unterfangen für einen B-Brand: Noch in Eigendistribution und weder über Retailer noch Großhandels- oder Food-Ketten vertreibt Baycom seine Notebook-Palette. Der Weg, zusammen mit dem Fachhandel einen B-Brand im Business-Bereich zu platzieren, wird vielleicht keine großen Stückzahlen bringen, aber langjährige Partnerschaften und Kundenbindungen schaffen. (bw)

Zur Startseite