BBE sagt dem Einzelhandel gravierende Strukturveränderungen voraus

04.11.1997

KÖLN: Nach einer Prognose der BBE-Unternehmensberatung in Köln steht die deutsche Handelslandschaft vor einem gravierenden Umbruch. Die traditionelle Facheinzelhandelsunternehmen werden sich entweder zu Dienstleistern entwickeln oder aussterben. Nach Ansicht der Kölner Marktexperten werden ,,in Zukunft nur Discounter noch handeln, alle anderen werden dienen müssen". In der PC-Branche sagt die BBE einen Anstieg des Marktanteils der Discounter von 27 bis 28 Prozent 1995 auf 35 Prozent im Jahr 2010 voraus.

Konjunktur und Strukturbrüche sind momentan und für die nächsten Jahre keine Freunde des Handels", stellt Ulrich Eggert, Geschäftsführer des Kölner Handelsberaters BBE-Unternehmensberatung GmbH, fest. Während der Anteil des Einzelhandelsumsatzes am privaten Verbrauch sinkt, steigt der Anteil der Ausgaben für Dienstleistung und Wohnungsmiete drastisch. Konsequenz: Die Konkurrenzsituation der Ausgabengruppen untereinander verschärft sich in den kommenden Jahren dramatisch. Hieraus hat der Handel entscheidende Angebotskonsequenzen zu ziehen. Dienstleistung und Service werden hohe Anteile am Umsatz des Handels erreichen (müssen), in manchen Fällen bis zu 30, 40 Prozent! Die begriffliche Trennung von Produkt und Dienstleistung wird unsinnig, Problemlösung heißt die Aufgabe.

Vielfältige Trends werden den Handel, so die BBE-Studie "Der Handel im 21. Jahrhundert", auf dem Weg nach 2010, der Perspektive der BBE-Studie, begleiten: Basistrends, die das gesamte Wirtschaftsleben stark prägen werden, Gesellschaftstrends, zerstörerische Trends, Wettbewerbstrends und Konsumententrends. Sie werden das Gesicht des Handels verändern. Nichts bleibt, wie es ist.

Schaut man sich prospektiv das engere Umfeld des Handels im Jahr 2010 an, so stellen die BBE-Experten fest: Mit fast 90 Millionen Einwohnern bildet Deutschland einen interessanten Teilmarkt des europäischen Binnenmarkts. Eine lange Periode relativ schwachen Wachstums der Wirtschaft ist gerade überstanden. Die Kassen des Staates sind weiterhin leer. Neue Armut und Arbeitslosigkeit bleiben, wenn auch auf niedrigerem Niveau als heute. Die Gesellschaft ist geprägt durch hohe Anteile an Senioren. Das fördert den Trend zur Dienstleistungs- und Servicegesellschaft. Wir befinden uns voll im Info-Zeitalter: Multimedia berührt alle gesellschaftlichen Belange. Die Info-Netze verstärken die Globalität der Märkte und verschärfen so den Wettbewerb auf internationaler Ebene. Man versucht, ihm durch strategische Allianzen zu begegnen und sich zu verbinden.

Die Großen werden immer größer

Als Konsequenz aus diesen Umfeldbedingungen wird es im Jahr 2010 für den Einzelhandel nur drei Strategie-Möglichkeiten geben: 1. Die Preisstrategie: Der Niedrigpreis einer Ware auf der Basis einer absoluten Leistungseffizienz des Handels (Kostenführerschaft) bildet das entscheidende Marketinginstrument. 2. Die Convenience-Strategie: Die Serviceleistung für den Kunden, seine Betreuung und Bequemlichkeit stehen im Vordergrund. 3. Die Strategie der Erlebniswelten: Events, Entertainment, Handelstheater, Gastronomie sind Stichworte dieser Strategie. Sie spricht vorwiegend junge Leute mit ausreichendem Einkommen an.

Die BBE-Trendforscher zeichnen in ihrer Studie alarmierende Perspektiven des Jahres 2010 für den Handel. Ihre Thesen zur Wettbewerbssituation lauten unter anderem: Die Großen werden relativ immer größer, aber auch immer besser hinsichtlich ihrer Wettbewerbsfähigkeit. in Zentraleuropa wird ein gutes Dutzend Handelskonzerne mehr als 50 Prozent des Handelsumsatzes auf sich ziehen. Discounter haben als Grundversorger enorme Marktanteile erreicht.

Schon vor 2010 ist ein Trend zurück zur City feststellbar, eine Bereinigung der ,,grünen Wiese" findet statt. Die Einführung von Electronic Shopping bringt die Aufhebung jeglicher Regionalität. Die Industrie ist nicht mehr nur Lieferant des Handels, sondern auch sein Wettbewerber. Die Handelslandschaft wird bunter: Jede Menge neuer Betriebsformen und typen, neue Unternehmen aus dem Ausland, neue Anbieter, neue Sortimentsmixturen (Aufhebunq der klassischen Branchen).

Aus der Sicht von Unternehmensführung und Betriebswirtschaft ist totale Rationalisierung angesagt. Die Logistik wird entscheidender Rationalisierungsfaktor. Die Konsequenz dieser Erkenntnis sind totale Vernetzung für elektronische Warenwirtschaftssysteme, EDI, ECR und begleitend dazu Category Management. Die interne Technisierung wird durch Multimedia/Electronic Shopping als Verkaufsinstrument ergänzt.

Stationärer Handel unter Druck

Was das Marketing betrifft, ist Qualität eine absolute Basisstrategie. Insbesondere im Mittelstand wird die klassische Branchenspezialisierung stark durch Sortimentsverwischungen aufgehoben. Zugleich entstehen neue Formen der Faszination durch Vermischung von Handel, Gastronomie, allgemeine Dienstleistungen und Entertainment.

Die Handelsstrukturen ändern sich: Durch die Aufhebung der Regionalität und die Verwischung von Versand- und stationärem Handel sowie den Hyperwettbewerb sind bis 2010 von 400.000 Handelsunternehmen 175.000 verschwunden, aber 75.000 neue hinzugekommen. Die Marktanteile der Betriebsformen des Handels werden sich bis 2010 verschoben haben.

(Die BBE-Studie kann zum Preis von 985 Mark zzgl. MwSt. und Versand beim BBE in Köln bestellt werden. Tel.: 0221-93655-209.)

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