Bechtle AG schickt neueTöchter als Spezialsortimenter in den Markt

03.07.2003
Die Bechtle AG will wachsen - notfalls auch zu Lasten des Ertrages. Das Unternehmen schließt für die Umsetzung seiner "Mehrmarkenstrategie" weitere Übernahmen nicht aus. Nach "Bechtle direkt" sollen jetzt weitere Töchter als Spezialsortimenter im Markt etabliert werden.

Die Bechtle AG will den aktuellen Konsolidierungsprozess in der IT-Branche nutzen, um Marktanteile zu gewinnen - notfalls auch mal zu Lasten des Ertrages. Wie der Vorstandsvorsitzende Gerhard Schick erst kürzlich auf der Hauptversammlung des IT-Systemhauses verlauten ließ, schließt man für die kommenden Monate auch kleinere Übernahmen nicht aus. An Gelegenheiten mangelt es nicht: "Wir sind sicher, dass noch viele Wettbewerber im Lauf der nächs-ten sechs bis zwölf Monate dieser Marktbereinigung zum Opfer fallen werden." Bechtle würden derzeit ziemlich viele Firmen angeboten, erzählt Schick. Dadurch kenne er natürlich auch die finanzielle Ausstattung vieler Wettbewerber. Und da werde es in nächs-ter Zeit wohl noch "die eine oder andere Überraschung" geben, ist sich der Manager sicher.

Erfolgreicher Test der Mehrmarkenstrategie

Bechtles Wachstum soll in Zukunft eine Mehrmarkenstrategie sichern. Schick sagt zwar, dass eine weitere Ausdehnung der E-Commerce-Plattform in Europa nicht geplant ist. Und dass Becht-le lediglich die Märkte weiterentwickeln wird, in denen man bereits aktiv ist. Was sich nach vorsichtiger Bestandssicherung anhört, ist in Wirklichkeit jedoch ein knallharter Expansionskurs: Die Gaildorfer arbeiten längst da-ran, nach "Bechtle direkt" weitere Marken für Spezialsortimente zu etablieren.

So versucht sich schon seit Juni vergangenen Jahres die BCS-Direkt GmbH mit wachsendem Erfolg im Markt für Netzwerkkomponenten. An die große Glocke hat man die Gründung der Firma und des Marktplatzes absichtlich nicht gehängt, verschwiegen aber auch nicht: Als Geschäftsführer der Münchener Tochter ist Gerhard Schick eingetragen. Das Tagesgeschäft liegt in den Händen von Joachim Knorpp.

Über 3.000 Netzwerkprodukte von insgesamt 45 Herstellern bietet BCS zurzeit online und mit tagesaktuellen Preisen an. Die Kundschaft sind meist Profis aus mittelständischen Unternehmen oder öffentlichen Auftraggebern. Die meisten wissen schon genau, was sie brauchen, "wollen selber basteln", wie Knorpp sagt. Wer will, kann sich aber auch persönlich beraten lassen oder Vor-Ort-Dienstleistungen buchen. Auf 700 bis 1.000 beziffert Knorpp die Zahl der Stammkunden, täglich kommen fünf bis zehn neue dazu. "Das Geschäft hat sich so viel versprechend entwickelt, dass wir am 17. Juni unseren ersten eigenen Katalog herausgebracht haben", freut sich der BCS-Leiter. Die genauen Umsätze der Netzwerker darf er allerdings nicht nennen.

Hardcore-Spezialisten auf Wachstumskurs

Der bisherige Erfolg macht Bechtle aber offenbar Lust auf mehr: BCS soll nicht die einzige hochspezialisierte Tochter bleiben: Wie man hört, bereitet das Unternehmen schon den zweiten Streich und den dazugehörigen Spezialkatalog vor; diesmal soll es der Bereich Software sein. Eine offizielle Bestätigung bekommt man von Bechtle dazu nicht, dementieren will die Pläne aber auch niemand.

Schick wird den Ausbau der Mehrmarkenstrategie allerdings nicht mehr selbst vorantreiben. Der Manager kündigte vor kurzem seinen Rückzug aus dem operativen Geschäft an. Der 63-Jährige übergibt den Vorstandsvorsitz an Ralf Klenk und wird in sechs bis acht Monaten in den Aufsichtsrat wechseln. Schick: "Die Integration der PSB AG wird meine letzte große Aufgabe im Vorstand sein."

www.bechtle.de; www.bcs-direkt.de

ComputerPartner-Meinung

Diese Mehrmarkenstrategie kann man als mutig bezeichnen. Schließlich setzt Bechtle ausgerechnet in schlechten Zeiten auf Expansion - selbst wenn das Wachstum durch Zukauf erreicht wird und damit einen schrumpfenden Gewinn bedeutet. Von börsennotierten Unternehmen ist man doch eher eine andere Strategie gewohnt. (mf)

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