Bechtle macht das Rennen bei CHG-Übernahme

05.04.2001
Die Verhandlungen um das feilgebotene IT-Handelsgeschäft CHG von Dienstleister TDS ist gelaufen: Die Bechtle AG erhielt im Übernahmepoker den Zuschlag.

Erst zierte sich Bechtle-Vorstandschef Gerhard Schick in der vergangenen Woche noch, als er im Rahmen der Bilanzpressekonferenz zu den Übernahmegerüchten befragt wurde: "Wir freuen uns über Ankündigungen von Kollegen, sich aus dem Handel zurückziehen zu wollen", legte er zunächst vornehme Zurückhaltung an den Tag. Nur wenige Minuten später aber räumte bereits er "großes Interesse" und "Gespräche im fortgeschrittenen Stadium" ein. Dass Bechtle, seit März vergangenen Jahres am Neuen Markt notiert, die Akquisition der seit Januar als TDS Infrastrukturservices GmbH firmierenden CHG gut ins Konzept passen würde, ist unstrittig (zur Übernahme siehe Kasten). Im Margen-problematischen Hardware-Geschäft haben die Schwaben jetzt nicht nur einen Kontrahenten weniger, sondern konnten auch den Rivalen M+S und Arxes ein Schnippchen schlagen, die ihre Angeln ebenfalls nach CHG ausgeworfen hat.

Keine Berührungsängste

Für die Belegschaft des umworbenen TDS-Ableger hatte Schick auch bereits eine Botschaft parat: "Wir haben keine Berührungsängste beim Handel mit Produkten. Sie gehören zur Rundum-Betreuung unserer Kunden dazu." Worte, die man bei der früheren CHG mit Freuden hören dürfte, sind sie bei TDS mittlerweile doch schwer in Ungnade gefallen. Zum einen will sich der IT-Dienstleister künftig ganz auf das Servicegeschäft konzentrieren, zum anderen schwächelte CHG zuletzt. Neben Umsatzeinbrüchen rutschte die 200 Mitarbeiter starke TDS-Handelsabteilung auch in die roten Zahlen.

Dies dürfte auch der Grund sein, warum sich die Übernahmeverhandlungen zuletzt hinauszögerten. Denn nach ComputerPartner-Informationen schwebt dem Neckarsulmer IT-Dienstleister für die ungeliebte und unrentable Tochter ein Kaufpreis von 30 bis 40 Millionen Mark vor - eine laut Schick völlig unrealistische Vorstellung. "Wir haben bislang immer mit Augenmaß eingekauft", erklärte der Bechtle-Chef. Und er ließ keinen Zweifel daran, dass man davon nicht abweichen werde.

Außerdem hat das sich selbst als "Handel treibender Dienstleister" bezeichnende Systemhaus derzeit nichts zu verschenken. Das zurückliegende Geschäftsjahr blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück. Zwar schrammte Bechtle an der ursprünglich in Aussicht gestellten Umsatz-Milliarde mit 955,6 (Vorjahr: 614,5) Millionen Mark nur knapp vorbei. Dazu steuerte der Handel mit Computern und Zubehör, den Bechtle zu einem guten Stück über das Internet abwickelt, mit 203 Millionen Mark knapp ein Fünftel bei.

Deutlich unter Plan, aber besser als der Wettbewerb

Doch beim Gewinn vor Zinsen und Steuern verfehlte man das Ziel gewaltig. Statt des anvisierten Ebit von 53,1 Millionen Mark kamen die Schwaben lediglich auf 15,5 (Vorjahr: 26,2) Millionen Mark. Der Jahresüberschuss sank gegenüber 1999 leicht von 10,3 auf 10,1 Millionen Mark. "Insgesamt", kommentierte Schick das Ergebnis, "haben wir damit deutlich besser abgeschnitten als unsere Wettbewerber. Aber natürlich sind wir nicht zufrieden."

Als Grund für die unter Plan liegenden Zahlen nannte der Bechtle-Lenker die eklatante Nachfrageschwäche sowohl im Produktverkauf als auch im Dienstleistungsgeschäft.

Jetzt aber soll die Post wieder abgehen. "2000 war ein Ausnahmejahr", betonte Schick. Schon im ersten Quartal 2001 habe man einen Auftragseingang von 270 Millionen Mark verzeichnet, womit man deutlich über Plan liege. Setze sich dieser Trend annähernd fort, werde Bechtle seine Ziele für 2001 halten. Die sehen einen Umsatz von 1,2 Milliarden Mark und einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von 30 Millionen Mark vor. Weiter verstärken wollen sich die Schwaben - wie schon in den Vorjahren - über Zukäufe. Und dies vor allem im Segment Systemintegration, nicht zuletzt um die Flächendeckung voranzutreiben. Anfang März angelten sie sich bereits den Systemhausteil des Berliner Bürotechnikspezialisten Horn & Görwitz und sind somit nun auch in der Hauptstadt präsent. Aber auch im Handelsbereich, im Bechtle-Jargon als E-Commerce-Segment bezeichnet - immerhin erfolgt der Auftragseingang schon zu 30 Prozent über das Internet -, schweben Schick weitere Akquisitionen vor. Hier geht es vor allem um die weitere Internationalisierung. Ganz oben auf der Wunschliste des Bechtle-Lenkers steht dabei Spanien.

Für das erste Quartal 2003 wiederum ist der Umzug geplant. Ob Schick diesen noch mitmachen wird, bleibt abzuwarten. Der 60-Jährige denkt mit seinen Kollegen derzeit über die Nachfolgeregelung nach. "2003 wäre wohl der richtige Zeitpunkt abzutreten."

www.bechtle.de

www.tds-is.de; www.tds.de

ComputerPartner-Meinung:

Schwaben sind bekannt dafür, einen Hang zur ausgeprägten Sparsamkeit zu haben. So verwundert es nicht, dass Bechtle beim CHG-Coup mit TDS um jede Mark feilschte. Dies macht sich auch gut bei den Anlegern, die es "ihrem" Systemhaus wohl kaum verzeihen würden, nach dem miesen Geschäftsjahr 2000 das Geld aus dem Fenster zu schmeißen. Die CHG-Leute wiederum können sich freuen, wenn Bechtle das Rennen macht. Die Shopping-erprobten Gaildorfer sind mit ihren Neuerwerbungen immer recht pfleglich umgegangen. (bk)

BECHTLE AG

Übernahme von TDS bestätigt

Die Entscheidung ist gefallen: Bechtle wird die TDS Infrastrukturservices GmbH übernehmen. Seit bekannt wurde, dass die Tochterfirma der TDS AG zum Verkauf steht, waren neben Bechtle zunächst auch Arxes und M+S als Käufer im Gespräch. (siehe ComputerPartner Nr. 12/01, Seite 12). Mit der Übernahme will Bechtle seine "Strategie der flächendeckenden Ausdehnung" vorantreiben. Die wird vor allem durch Zukäufe realisiert: Die TDS-Tochter ist das dritte Unternehmen, dass in diesem Jahr von Bechtle gekauft wurde. Wie das Mutterhaus bekannt gab, will man 200 der derzeit 250 Mitarbeiter weiter beschäftigen. Die restlichen 50 Kräfte werden im Mutterhaus verbleiben. Nach ersten ComputerPartner-Informationen werden sie sich unter der Leitung von Günther Ender, zuletzt Geschäftsführer der TDS-Tochter CHG, unter dem Namen "TDS Ost" künftig dem Consulting widmen. (mf)

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