Bei der Meistertitel-Diskussion mit den Handwerkskammern ist "alles Interpretationssache"

10.01.1998

BERLIN: Wer als IT-Handelsunternehmen mit Kollegen kooperiert, so der Tenor aller Händlerkooperationen, habe im Streitfall mit den Handwerkskammern zum Thema Meistertitel einwandfrei die besseren Karten. In das selbe Horn bläst auch Unternehmensberater Cemal Osmanovic, der auch Mitgesellschafter der Berliner PC-Notruf ist. Im folgenden Beitrag beantwortet der Inline-Chef die Fragen zur Thematik, die ihm am häufigsten von Handelskollegen gestellt werden.Die PC-Notruf, Anbieter von Vor-Ort-Service bei EDV-Problemen, agiert vorrangig bei gewerblichen Kunden in Berlin und Umgebung.

Mitgesellschafter der auf Expansion bedachten PC-Notruf (siehe Ausgabe 5/98, Seite 120) ist Cemal Osmanovic, der dazu als Unternehmensberater die Inline DV in Schweinfurt leitet. In Schulungen und Seminaren, so Osmanovic, tauchten häufig die gleichen Diskussionen zu der Frage auf, ob IT-Händler, wenn sie assemblieren oder beim Kunden reparieren, einen Meistertitel brauchten - wie von den Handwerkskammern gefordert.

Der Unternehmensberater hat die typischen Fragen zusammengestellt und für ComputerPartner beantwortet:

Sie haben Vertreter der Politik und der Kammern gesprochen, wie ist der aktuelle Stand der Dinge?

Nun, einige wenige lokale Kammern verschicken Abmahnungen an EDV-Unternehmen. Die Kammern meinen hierbei, daß für die Tätigkeiten des EDV-Unternehmens eine Qualifikation benötigt wird, für die ein Eintrag in die Handwerksrolle erforderlich ist. Es gibt allerdings nur sehr wenige Fälle.

Wie stellt sich die Politik offiziell zu der Auffassung der Kammern?

Im Bundestag wurde diese Problematik erörtert und die Politiker kamen zu dem Ergebnis, daß die Tätigkeiten eines EDV-Unternehmens wie Wechseln von Platinen, strukturierte Verkabelungen und dergleichen keine Tätigkeiten im Sinne des Handwerks darstellen.

Heißt das, daß die Kammern sich den Beschlüssen der Politik wissentlich widersetzen?

Ganz so darf man das nicht sehen. Wie immer ist alles Interpretationssache. Nach Rückfrage bei der Kammer Berlin wurde mir gesagt, daß auch aus Sicht der Kammern ein einfaches Austauschen von Platinen wie Grafikkarten, Mutterplatinen und so weiter jederzeit ohne Eintragung möglich ist. Auch Problembehebungen an Softwaresystemen haben nichts mit Handwerk zu tun. Erst wenn wirkliche Reparaturen am Rechner erledigt werden ist das eine handwerkliche Tätigkeit, die laut Kammer eine Eintragung in die Handwerksrolle verlangt. Eine Ausnahme bilden hier - ich zitiere wörtlich - "Reparaturen in unerheblichem Umfang". Alles ist dehnbar, ganz sicher wird sich hier jede lokale Kammer anders verhalten.

Wird die Politik Deutschlands es zulassen, daß einer der wenigen Wachstumsmärkte Deutschlands daran gehindert wird, Arbeitsplätze zu schaffen?

Ich habe mit der Senatsverwaltung der Stadt Berlin und auch mit dem Wirtschaftsministerium des Landes Brandenburg gesprochen. Falls wirklich einem Franchisenehmer von uns irgendwelche Probleme entstehen würden, so wurde uns signalisiert, daß wir hier mit Hilfe rechnen können.

Schön fand ich hier die Aussage von Herrn Keneth Frisse vom Land Brandenburg, der sagte, daß die Qualifikation der Mitarbeiter und die wirtschaftliche Perspektive des Unternehmens alleine entscheidend sei. Und PC-Notruf könne das wohl besser beurteilen als die Politik, ob ein Bewerber für unser Franchisesystem qualifiziert ist oder nicht.

Wie weit kann denn die Unterstützung der Politik gehen? Man wird sich doch hier nicht wirklich mit den Kammern anlegen, oder?

Ich kann das jetzt nur exemplarisch für das Land Brandenburg sagen. Falls es hier wirklich zum Fall der Fälle kommen sollte, habe ich die Zusicherung, daß man sich hier gerne auf informeller Ebene bemüht, daß zumindest einmal eine Übergangslösung geschaffen wird und dem Unternehmer Zeit gegeben wird, die fehlenden Qualifikationen nachzuholen. Außerdem gibt es ja immer noch die Möglichkeit, das Verwaltungsgericht anzugehen und das Land Brandenburg "würde sich selbstverständlich im Sinne der Arbeitsplätze äußern".

Reicht denn das? Ich kann mir vorstellen, daß "auf informeller Ebene" nicht gerade viel erreicht werden kann?

Das trifft wahrscheinlich zu - aber es bleibt uns doch unbenommen, das Problem an den Bundeswirtschaftsminister Dr. Rexroth und/oder an die Landeswirtschaftsminister zu formulieren. Allerdings sollten wir das nicht ohne einen konkreten Anlaß tun. Bisher waren meine Recherchen ja nur zur Vorbereitung auf den worst case.

Wie wird PC-Notruf in Zukunft weiter verfahren?

Wir werden weiterhin unseren Job im Sinne des Kunden durchführen. Unseren Kunden ist es schlichtweg egal, ob unsere Leute Meister sind oder nicht. Sie haben in der Regel ein Problem - sonst würden sie uns nicht rufen - und wir lösen es. Das - und nur das interessiert den Kunden.

Cemal Osmanovic, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Inline DV, setzt als Mitgesellschafter der Berliner PC-Notruf bei der Meistertitel-Problematik auf gute Beziehungen zu Kammern und Wirtschaftsministern.

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