Bei der Software-Präsentation gehen vielen Verkäufern die Kunden von der Fahne

04.12.1996
MÜNCHEN: Softwareprogramme sind hochkomplexe, beratungsintensive Produkte. Damit fällt der Präsentation im Kundengespräch eine besondere Bedeutung zu. In diesem Beitrag zeigt Leo Sucharewicz* die häufigsten Fehler auf und gibt Anregungen für die Optimierung.Um Software professionell zu präsentieren, braucht man definitiv mehr als nur Software Know-how. Nämlich mindestens die Talente und Tugenden eines Moderators, Lehrers, Verkäufers, Entertainers, Betriebswirts und Systemintegrators. In der Praxis wird aber Software häufig von Mitarbeitern mit technischer oder betriebswirtschaftlicher Ausbildung präsentiert. Auch wenn sie sich die Seele aus dem Leib präsentieren - ohne professionelles Präsentations-Know-how bleibt die Erfolgsrate begrenzt. Fachleute schätzen das brachliegende Umsatzpotential auf durchschnittlich 25 Prozent. Unbestritten ist: Nichts beeinflußt die Kaufentscheidung massiver als die Präsentation.

MÜNCHEN: Softwareprogramme sind hochkomplexe, beratungsintensive Produkte. Damit fällt der Präsentation im Kundengespräch eine besondere Bedeutung zu. In diesem Beitrag zeigt Leo Sucharewicz* die häufigsten Fehler auf und gibt Anregungen für die Optimierung.Um Software professionell zu präsentieren, braucht man definitiv mehr als nur Software Know-how. Nämlich mindestens die Talente und Tugenden eines Moderators, Lehrers, Verkäufers, Entertainers, Betriebswirts und Systemintegrators. In der Praxis wird aber Software häufig von Mitarbeitern mit technischer oder betriebswirtschaftlicher Ausbildung präsentiert. Auch wenn sie sich die Seele aus dem Leib präsentieren - ohne professionelles Präsentations-Know-how bleibt die Erfolgsrate begrenzt. Fachleute schätzen das brachliegende Umsatzpotential auf durchschnittlich 25 Prozent. Unbestritten ist: Nichts beeinflußt die Kaufentscheidung massiver als die Präsentation.

Zudem ist die Präsentation eine sensible und neuralgische Stelle im Softwaremarketing, häufig nach Telefonakquisition, Mailings, Prospektversand, Pressearbeit und weiteren Gesprächen durchgeführt. Die meisten Marketingaktivitäten münden in die Präsentation. Ein Flop an dieser Stelle führt betriebswirtschaftlich auch zur Erfolglosigkeit der vorangegangenen Aktivitäten. Dennoch: Erst seit wenigen Jahren setzt sich bei Software- und Systemhäusern, im Handel und bei den Herstellern das Bewußtsein für die Bedeutung der Softwarepräsentation im Marketingkontext durch.

Roulette statt Erfolgsroutinen

Präsentiert wird seit Menschengedenken auf die eine oder andere Form alles, was verkauft wird: Automobile, Kühe, Erdbeeren, Staubsauger und Immobilien. Und zu allem hat sich im Verlaufe der Jahre (Jahrzehnte, Jahrhunderte) eine eigene Präsentationsform entwickelt, seit langem bewährt, verbessert und verfeinert. Softwarepräsentation steckt demgegenüber noch in einer neandertalesken Entwicklungsphase. Während in einem qualifizierten Autohaus die einzelnen Automobile "geschliffen" präsentiert werden und jede Präsentationsphase überlegt gesteuert wird, bleibt die Softwarepräsentation häufig ein Roulette mit gewaltigen Informationsmengen und ungewissem Ausgang. Ursache: Der junge und ungestüm gewachsene Softwaremarkt konnte bisher noch keine Erfolgsroutinen in der Präsentation entwickeln.

Entscheidender Wettbewerbsfaktor

Die aber sind dringend gefragt. Je etablierter der Software- und Systemmarkt wird, je transparenter das Angebot, je ähnlicher die Programme und Systeme werden, desto mehr wird die Präsentation zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Zur erfolgreichen Software-Präsentation gehören so unterschiedliche Komponenten wie die richtige Methodik-Didaktik, also die softwarespezifische Form der Informationsvermittlung, und soziale Kompetenz. Da Software weder ein Gegenstand ist noch eine Idee, versagt die Methodik-Didaktik aller bisher bekannten Verkaufsobjekte.

Die softwarespezifische Methodik-Didaktik muß beispielsweise berücksichtigen, daß der Präsentationsteilnehmer (im Gegensatz zur Automobil-Präsentation) immer nur eine Seite auf dem Bildschirm sieht, also nur einen Bruchteil der gesamten Software. Das schafft massive Verständnisprobleme, so wie insgesamt die kognitive Leistung, die die Teilnehmer bei einer einstündigen Präsentation erbringen müssen, unterschätzt wird.

Soziale Kompetenz für bits und bytes

Die Basis erfolgreicher Software-Präsentation liegt im methodisch-didaktisch professionellen Aufbau. Er schafft die Voraussetzung, um die anderen Erfolgskomponenten zu entwickeln. Bei praktischen Beobachtungen auf Messen und bei firmeninternen Präsentationen wird deutlich, daß vor allem eine sozial kompetente Zielgruppenansprache im IT-Markt noch stark unterentwickelt ist. Was in anderen Branchen seit vielen Jahren als erstrangiger Umsatzmacher erkannt ist, wird von IT-Firmen noch immer ignoriert: Soziopsychologische Grundkenntnisse, die jeder lernen kann, müssen das fachliche Know-how begleiten.

Information und Unterhaltung

Wer an einer Software-Präsentation teilnimmt, befindet sich psychologisch in einem spezifischen "Aggregatszustand". Das zeigt sich, im Gegensatz zu anderen Branchen, beispielsweise in grundsätzlicher Skepsis und hoher Kritikbereitschaft. Die Teilnehmer fordern ein Maximum an Information und erwarten eine Mindestdosis an Unterhaltung. Softwarepräsentation verlangt deshalb Einfühlungsvermögen, Bewältigungspotential in Konfliktsituationen und die Fähigkeit, "Atmosphäre" herzustellen.

Sprachpsychologische Finessen

Eine der größten Verkaufsblockaden in der Softwarepräsentation liegt ausgerechnet in der Sprache. Konkreter: Im allseits beliebten IT-Jargon. Auf Messen und in Firmen schwirren Redewendungen wie "...bietet dem Anwender die Möglichkeit", "...wird den spezifischen Bedürfnissen der Anwender gerecht" oder ".. mit der bedienerfreundlichen Oberfläche..." in inflationärer Phantasielosigkeit durch den Raum. Die übliche Sprache auf Software-Präsentationen ist in der Regel eine unselige Mischung zwischen IT-Jargon und Amtsstube. Sie bemüht sich redlich um präzise "Codes" des EDV-Marktes und versucht, nach Kräften zu informieren. Da die (erfolgreiche) Software-Präsentation aber kein Selbstzweck ist, muß die Sprache auch verkaufen.

Zum Erfolg einer Softwarepräsentation gehören deshalb sprachpsychologische Finessen einer neuen, im positiven Sinn "unüblichen" Ausdrucksform. Die Verkaufsblockade aus abstrakten, seelenlosen "Codes" wird wirkungsvoll durchbrochen mit einer direkteren, menschlicheren, bildhafteren und authentischeren Sprache, die sich auf substanzvolle Informationen konzentriert. Erst wenn aus einem abstrakten Anwender der "streßgeplagte Entwicklungsingenieur Müller" wird, hat die Information eine Chance, erinnert zu werden.

Architektur der Präsentation

In einer bundesweiten Umfrage wurde festgestellt, daß die Teilnehmer von Software-Präsentationen häufig den inhaltlichen Aufbau und die informative Struktur der Präsentation nicht nachvollziehen können. Dabei ist der Zeitrahmen in (wenigen) günstigen Fällen begrenzt, aber meistens dicht gedrängt. Ob 15 Minuten auf der Messe oder drei Stunden firmenintern: Software-Präsentationen erfordern eine scharfkalkulierte Zeitbilanz nach Minuten und einen verkaufspsychologisch perfekt abgestimmten Ablauf: Wie lange dauert die Begrüßung, welche taktischen Vertriebsziele müssen erreicht werden, welche Argumente zu welchem Zeitpunkt, wann werden "K.o.-Kriterien" aufgebaut, welches Verhältnis besteht zwischen Feature-Informationen und Nutzen-Informationen?.

Charisma als Präsentationstool

Software gehört eher zu den weniger romantischen Gütern im Markt. Umso sorgfältiger muß in der Präsentation darauf geachtet werden, nicht in der "unromantischen" Aufzählung trockener Features steckenzubleiben. Eine Erfolgskomponente ist daher der Gesamtbereich Rhetorik-Charisma-Körpersprache. Damit ist nicht das smarte Auftreten der "brilliant young boys" führender Hersteller auf der CeBIT gemeint, die leichtfüßig und eloquent ihr Publikum unterhalten. In der Software-Präsentation spielt richtig eingesetzte Mimik, Gestik und Rhetorik gleichwohl eine nicht zu unterschätzende Rolle, zum Beispiel um Vertrauen herzustellen. Je abhängiger sich ein Anwender mit dem Kauf und dem Einsatz einer Software vom Hersteller macht, desto wichtiger ist das Vertrauen, das nach der Präsentation als Gefühl "erinnert" wird.

Die Erfahrung zeigt: Unabhängig vom beruflichen Hintergrund können sich Informatiker, Supportleute oder Vertriebsleiter rhetorisch beachtlich weiterentwickeln. Voraussetzung ist dabei nicht das grundsätzliche Talent, Menschen zu überzeugen, sondern soziale Sensibilität.

*Leo Sucharewicz ist Spezialist für Sprachpsychologie und Text Tuning in München und entwickelte das "Integrierte Trainingsmodell" für Software-Präsentationen, das er seit drei Jahren bundesweit in Spezialtrainings durchführt. Es basiert auf einem ganzheitlichen Ansatz mit einer softwarespezifischen Verkaufspsychologie und IT-spezifischem Sprachtuning.

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