Bei Gehaltsverhandlungen sicher und fair auftreten

11.05.1998

ESSEN: Bei Gehaltsverhandlungen einen möglichst großen Sprung nach vorne zu machen, ist der Traum vieler Mitarbeiter. Doch nicht selten klafft hier zwischen Wunschdenken und Realität eine große Lücke. Ein souveräner Auftritt gegenüber dem Chef, wenn es ums liebe Geld geht, will deshalb überlegt sein.Auch wenn wir beim Einkaufen ab und an verhandeln und über Preise feilschen - die Forderung nach einer Gehaltserhöhung ist doch etwas anderes als der Kauf eines Elektrogeräts oder eines Neuwagens. Hier geht es um mehr: Wie sicher und selbstbewußt trete ich gegenüber dem Vorgesetzten auf, ohne überheblich zu wirken? Wie bereite ich mich auf das Gespräch vor, wie finde ich den richtigen Einstieg? Nur einfach mal so in einem Gespräch mit dem Vorgesetzten anklingen zu lassen, daß Sie "mehr Geld möchten", mindert die Erfolgsaussichten. Das A und O einer erfolgreichen Gehaltsverhandlung ist die gute Vorbereitung. Sie müssen sich deshalb ein klares Ziel setzen, genau festlegen, wieviel Geld Sie mehr möchten. Ist die Gehaltserhöhung übertrieben oder realistisch?

Ist es besser, mehr Geld zu verlangen oder umfangreichere Nebenleistungen wie ein Firmenauto, einen Zuschuß für Bahnkarte etcetera? Empfiehlt es sich, ein Ausbildungsprogramm zu durchlaufen oder einen längeren Vertrag beispielsweise mit jährlicher prozentualer Steigerung auszuhandeln?

Und noch ein Tip: Machen Sie eine Generalprobe. Spielen Sie im Vorfeld das Gehaltsgespräch schon einmal durch, überlegen Sie sich schon jetzt, welche Einwände Ihr Chef vorbringen wird und wie Sie darauf reagieren können. Stellen Sie sich - mental - auf ein erfolgreiches Gespräch ein - vielleicht sehen Sie sich sogar schon mit einer volleren Lohntüte in der Hand nach Hause gehen.

Stellen Sie Forderungen nachdrücklich, aber nicht aggressiv

Gehaltsforderungen sollten klar und unmißverständlich vorgetragen werden. Wenn Sie Ihrem Vorgesetzten die Gehaltserhöhung oder Nebenleistungen, die Ihnen vorschweben, nennen, sollte das ohne Druck geschehen. Drohen Sie nicht damit, sich andernfalls einen neuen Job zu suchen. Falls nämlich Ihr Anliegen abgelehnt wird, gibt es keine Möglichkeit mehr, sich ohne Gesichtsverlust zurückzuziehen.

Grundsätzlich gilt: Bevor Sie ein höheres Gehalt fordern, sollten Sie sich bereits intensiv in das Unternehmen eingebracht haben und Erfolge vorweisen können.

Erklären Sie, warum Sie eine Gehaltserhöhung wollen

Zeigen Sie, daß Ihre Forderungen überlegt sind. Am besten ist es, ein schriftliches Konzept vorzulegen. Erinnern Sie an Überstunden, an Wochenenden im Büro, halten Sie Einzelheiten fest. Auch bereits besuchte Weiterbildungsveranstaltungen können die Verhandlungsposition stärken. Schließlich haben Sie - vielleicht sogar in einem Teil Ihrer Freizeit - für Ihr Unternehmen wertvolle Zusatzqualifikationen erworben. Weisen Sie auf Erfolge hin, die Sie in letzter Zeit erreicht haben.

Wichtig ist, daß das Gespräch immer sachlich bleibt. Aus diesem Grund sind Sätze wie "Ich verdiene es!" fehl am Platz. Auch haben private Motive nichts im Chefzimmer verloren: "Ich muß ein neues Auto kaufen! Meine Tochter braucht eine neue Zahnspange!" Noch schlimmer sind Sätze wie folgende: "Ein Freund in einem anderen Unternehmen macht die gleiche Arbeit wie ich und wird dafür besser bezahlt!" Diese Erklärungen sind wenig überzeugend. Schlimmstenfalls wird Ihr Vorgesetzter Sie auffordern, es dann doch einmal in der anderen Firma zu versuchen.

Behalten Sie bei einer Ablehnung den Kopf

Stecken Sie Ihre Energie in das Unternehmen, bevor Sie dafür einen Gegenwert erwarten. Bringen Sie sich ein und machen Sie sich unabkömmlich. Dann haben Sie bei Gehaltsforderungen immer eine hervorragende Ausgangsposition.

Ihr Chef wird möglicherweise am Beginn des Gesprächs sagen, daß die allgemeine Situation derzeit kritisch, die Wirtschaft krisenbehaftet ist oder die Einnahmen sinken. Bauen Sie hier vor. Nachdem Sie sich für den unverzüglichen Gesprächstermin bedankt haben, sollten Sie sehr schnell mit positiven Argumenten in die Verhandlung einsteigen.

Weisen Sie jedoch nicht nur auf Ihre Erfolge hin, sondern zeigen Sie auch auf, welche weiteren Aufgaben Sie in nächster Zeit im Unternehmen wahrnehmen könnten oder wo Einsparungen sinnvoll wären. Wenn Sie nämlich auf Einsparpotentiale hinweisen, wird sich Ihr Chef sicher in diesem Punkt aufgeschlossen zeigen und Ihnen eine Gehaltserhöhung leichter zugestehen. Sollte sich das momentan jedoch nicht realisieren lassen, können Sie für Ihre innovative Idee zumindest eine Prämie vorschlagen.

Verhandeln Sie über langfristige Karriereperspektiven

Wie schwierig der Arbeitsmarkt in vielen Branchen - auch wenn hier der IT-Markt als Ausnahme gelten mag - momentan ist, braucht nicht näher erläutert zu werden. Verständlich, daß es sinnvoller ist, den Arbeitsplatz zu sichern, als immer nur auf sein Recht zu pochen. Versuchen Sie, zumindest einen Kompromiß zu erreichen, wenn sich Ihre Gehaltsforderung nicht durchdrücken läßt. Denn wenn Sie Verständnis für die Belange des Unternehmens zeigen, wird Ihr Vorgesetzter Sie als Partner akzeptieren. Natürlich ist dies nur angebracht, wenn Sie die Gehaltsforderung auf einen bestimmten Zeitpunkt - jedoch nicht auf ungewisse Zeit - zurückstellen.

Sichern Sie Ihre starke Verhandlungsposition

Bilden Sie sich weiter, besuchen Sie Seminare, lesen Sie Fachbücher. Denn nur wer sich kontinuierlich weiterentwickelt, wird als personelle Ressource immer wertvoller. Wenn Sie dies berücksichtigen, Ihrem Unternehmen dadurch einen Mehrwert bieten, haben Sie nicht nur eine starke Verhandlungsposition, sondern sichern langfristig auch Ihren Arbeitsplatz.

Jürgen Heinrich, ist Motivations- und Erfolgstrainer in Bamberg.

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