Beim Shuttle-Mini-PC hat der Kunde das Sagen

13.01.2005
Klein, quadratisch und individuell: Seit seinem Start im Jahr 2001 hat der XPC von Shuttle den Markt für Mini-PCs fest im Griff. Nur der Sprung ins Wohnzimmer will nicht so recht klappen. Von ComputerPartner-Redakteurin Ulrike Goressen

Im Jahr 2001 brachte Shuttle den ersten Mini-Computer im Würfelformat als Barebone auf den weltweiten Markt. Die im Startjahr verkauften 34.000 Stück der kompakten Neuheit waren eher als Achtungserfolg zu werten. Doch bereits 2003 waren es mehr als 540.000 Stück. Heute beherrscht der taiwanesische Hersteller mit einem Marktanteil in Europa von 74 Prozent klar den Markt für die Minis.

Anders als in den USA hat sich das Unternehmen in Europa für den indirekten Vertriebsweg entschieden. Rund 12.000 Fachhändler bieten europaweit die XPCs an, bis zu 4.000 davon auch als vorkonfigurierte Komplettsysteme. Diese sind seit September 2004 auf dem Markt und werden für die Anwendungsbereiche Home, Business, Gaming und als "Media Center" angeboten. Mit Letzterem versucht Shuttle, endgültig auch das Wohnzimmer zu erobern.

Klein, innovativ, attraktiv - aber viel zu laut

Denn zu Beginn seiner Karriere schien das Wohnzimmer unerreichbar für den Design-Winzling zu sein. Ralph von Harlessem, Geschäftsführer von CHR Computer in Koblenz, verliebte sich auf der Cebit 2001 sofort in den Würfel - endlich ein attraktiver, kleinformatiger PC. Diese Liebe verstopfte ihm aber keineswegs die Ohren: Der Kleine war aufgrund seiner reduzierten Maße enorm laut - viel zu laut, um im Allerheiligsten der Deutschen eine echte Chance zu haben. Das änderte sich erst mit der neuen Heatpipe-Technologie in den folgenden Jahren.

Veränderungen gab es auch bei CHR. Aus dem ehemaligen Systemhaus für Arztsoftware wurde vor drei Jahren ein Ladengeschäft in der Koblenzer City exklusiv für Design- und Lifestyle-IT, wobei der Mini-PC eine gewichtige Rolle spielt. Allein mit den Barebones macht das Geschäft einen Jahresumsatz von 750.000 Euro. Von Harlessem bietet mehr als 30 verschiedene Modelle an, die meisten sind von Shuttle. Die Kunden nehmen teilweise sehr weite Anreisen in Kauf, um in dem zweistöckigen Laden die Angebote zu sichten, sich bei einem Tässchen Kaffee beraten zu lassen und den ganz persönlichen PC zusammenzustellen. CHR Computer hat sogar einen Stammkunden aus Lissabon, der extra für den Mini ins Rhein- Mosel-Eck reist.

Dank seines attraktiven Äußeren kann der XPC auch bei Frauen punkten; dennoch gehören rund 95 Prozent der CHR-Kunden zum designorientierten Mittelstand, weniger zur Privatklientel.

Eines haben sie aber alle gemeinsam, so von Harlessem: Sie verlangen in der Regel nach individuell zusammengestellten XPCs. Für den Ladeninhaber verständlich: "Die Vorgefertigten kommen mich teurer als die Selbst-Zusammengestellten", so der Koblenzer. "Natürlich habe ich auch die Komplett-PCs im Angebot, aber kaum ein Kunde kauft sie in der angebotenen Konfiguration. Bisher habe ich noch jeden der Minis individuell anpassen müssen."

Das "Missing Link" zwischen PC und Notebook

Ähnliche Erfahrungen hat auch Michael Bucha, PC-Spezialist in Konstanz, gemacht. Für ihn sind die Shuttle-Zwerge das "Missing Link" zwischen PC und Notebook. Sie machen einen großen Teil seines Geschäftes aus. Bucha kennt drei typische XPC-Kundengruppen: Die ersten wollen wegen Platzmangels ein Notebook, schrecken aber vor dem Preis und den geringen Aufrüstmöglichkeiten zurück und entscheiden sich für den XPC. Die Zweiten wollen eigentlich nur einen Desktop kaufen, entscheiden sich aber aufgrund des geringeren Platzbedarfs ebenfalls für den Mini-PC. Und die dritte Gruppe schließlich stellt nicht nur hohe Ansprüche an die Rechenleistung, sondern in erster Linie ans Design.

Dabei stehen die vorkonfigurierten XPCs aber weder bei ihm noch bei seinen Kunden im Mittelpunkt. Auch die Wohnzimmertauglichkeit der Würfel-PCs wird von ihm eher kritisch bewertet. Solange die Nutzer eher der Kategorie Sammler und Jäger angehören und alle Filme, Bilder und Musikdateien speichern, wird eher ein ausbaufähiger Server mit hohem Speicherangebot und weniger ein XPC benötigt. Allein, wenn in Zukunft die On-Demand-Angebote wie geplant ausgebaut werden, hat der Shuttle-Würfel laut Bucha die absolute Daseinsberechtigung im Wohnzimmer.

Meinung der Redakteurin

Der Shuttle XPC hatte von Beginn an eine große Fangemeinde unter Gamern und Bastlern. Dank seines außergewöhnlichen Designs und seiner guten Leistungswerte, aber vor allem dank der leidenschaftlichen und kompetenten Unterstützung der Fachhändler hat er sich auch bei Geschäfts- und Privatkunden einen guten Namen gemacht. Diese Erfolgsstory sollte Shuttle keinesfalls mit direkten Geschäften oder Produkten von der Stange unterlaufen.

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