Bell backt in Deutschland wieder kleine Brötchen

10.10.2002
Den Start ins Volumengeschäft voriges Jahr hat Bell Microproducts in Deutschland wieder abgeblasen. Dennoch ist der amerikanische Storage-Disti jetzt auch hierzulande präsent - mit Speicherlösungen der ehemaligen Touch The Progress GmbH.

Vor etwa einem Jahr wurde die niederländische Touch The Progress (TTP) Group von Bell Microproducts übernommen. Damals hatte das Unternehmen noch vor, in Deutschland als Storage-Distributor im Volumengeschäft Fuß zu fassen. Auf dem gesamten europäischen Festland hat es geklappt - auf dem deutschen Markt nicht.

Dennoch wird Bell in Zukunft hier vertreten sein - mit Storage-Lösungen. Touch The Progress, im Jahr 2002 von Bell übernommen, wird nun endgültig in die Bell Microproducts Solution GmbH (BMS) umfirmieren. Die Geschäftsführung der frischgebackenen GmbH übernimmt TTP-Gründer Willem Manten. Er verantwortet das OEM- und das Partnergeschäft in Europa. Hauptsitz ist Dreieich in der Nähe von Frankfurt.

Schon vor der Übernahme war TTP ein Value-Added-Enterprise-Storage-Distributor. "Im Prinzip wird sich nicht viel ändern. Wir werden unseren Job so weitermachen wie bisher, nur jetzt eben als Teil einer internationalen Unternehmensgruppe", erklärt Manten. Der Schritt sei geplant gewesen und passe absolut ins Konzept von Bell Microproducts. "Bell denkt weltweit: weg von den Komponenten in Richtung Lösungsgeschäft."

Insgesamt hat Bell Microproducts rund 150 Produktlinien gelistet. Zudem führt der Disti die Eigenmarken Bellstor, Rorke Data und Trademark. Zum Portfolio der "Baby"-Bell, wie der Volumen-Dis-ti intern schmunzelnd genannt wird, gehören Halbleiter-, Peri-pherie-, und Storage-Produkte, Fib-re-Channel-, RAID-, NAS- und SAN- Speichersysteme, Backup-Produkte sowie Storage-Management-Software.

Bell Microproducts Solution ist innerhalb des Konzerns für SAN, NAS und Storage Management zuständig. Mit Hardware und Software alleine sei aber heute kein Geld mehr zu verdienen. "Das sind wichtige Komponenten für den Umsatz, aber nicht für die Marge. Die Mischung aus Hardware, Software und Serviceleistungen bringt das Geld", stellt Manten fest.

Europa ist stark bei Storage-Lösungen

Der Konzern Bell Microproducts erwirtschaftet jährlich einen Umsatz von rund zwei Milliarden Dollar. Manten: "Ein Viertel davon wird mit Lösungen gemacht." Von diesen 500 Millionen Dollar Lösungs-Umsatz entfallen etwa 400 Millionen auf Europa - 200 Millionen auf den Kontinent und 200 Millionen auf UK. Nur 100 Millionen Dollar des Lösungs-Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen in den USA.

In Europa hat BMS etwa 1.000 Partner. In Deutschland sind es 52 Partner, die regelmäßig mit BMS zusammenarbeiten, und etwa 100 Partner, die in unregelmäßigen Abständen bei den Dreieichern bestellen. Der Value-Added-Disti bietet seinen Partnern intensive Zusammenarbeit. Dazu gehört beispielsweise die qualifizierte Lead-Generierung. Außerdem steht den Partnern und ihren Kunden das "BellMicroproducts Solution Center (BMSC)" in Dreieich kostenlos zur Verfügung. Dort werden vor allem Lösungen aus den Bereichen Security, Backup, Disaster Recovery und herstellerübergreifende Storage-Lösungen gezeigt. Die Lösungen sind dort installiert, und zwar auf Basis verschiedener Betriebssysteme im Mischbetrieb. So können Fragen zu Investitionssicherheit und Rückwärtskompatibilität konkret anhand von Fallbeispielen beantwortet werden.

"Häufig läuft es folgendermaßen ab: Wir gehen zum Endkunden, aber die Rechnung geht über den Partner", erzählt Manten. Kommt es zum Projekt, dann hilft BMS auch im finanziellen Bereich aus: mit einem Leasing-Angebot über IBM Leasing, mit individuellen Zahlungszielen oder mit erweitertem Kreditvolumen. "Die Banken vergeben immer zögerlicher Kredite, und mit Basel II wird das wahrscheinlich noch schlimmer. Deshalb wird die Frage der Projektfinanzierung immer wichtiger", weiß Manten von den Problemen seiner Partner zu berichten.

Aufschwung im Q3/2003 - kleine Lösungen früher

Die momentan schwierige Lage der gesamten Branche wird nach Meinung Mantens noch bis etwa Mitte nächsten Jahres anhalten. "Ab dem dritten Quartal 2003 wird es wieder besser. Im Bereich der kleinen Lösungen wird das Geschäft wahrscheinlich schon früher wieder anziehen", vermutet er.

Seiner Meinung nach ist es vor allem der Storage-Management-Bereich, der in den kommenden zwei Jahren wachsen wird: "Es ist in den vergangenen Jahren so viel Storage gekauft worden. Das ist jetzt fast unkontrollierbar und muss gemanagt werden." Der zweite Wachstumsmarkt ist laut Manten Security: "Früher wurde alles an Security zusammengefasst. Jetzt wird es wieder dezentralisiert, zum Beispiel bei den Rechenzentren. Die Leute haben erkannt, wie fatal es sein kann, wenn man alles an einem Ort konzentriert. Durch diese Entwicklung kommt viel Arbeit im Sicherheitsbereich auf uns zu", erklärt er. Das Wichtigste, so der Niederländer, sei allerdings, dass man dies alles mit Dienstleistung mixt und den Kunden klar macht, dass Dienstleistung nun mal nicht mehr kostenlos zu haben ist.

Für dieses Jahr rechnet Manten mit einem Umsatz zwischen 120 und 130 Millionen Dollar in Kontinentaleuropa. 50 Millionen davon werden vermutlich auf Deutschland entfallen. "Wir schreiben schwarze Zahlen", freut er sich, und die bisherige Bruttomarge von 14 bis 20 Prozent will er auf jeden Fall halten.

www.bellmicro.eu.com

ComputerPartner-Meinung:

Für den Storage-Disti Bell Microproducts waren die Übernahme und jetzt die endgültige Integration des niederländischen Unternehmens der beste und einfachste Weg, sich die Präsenz in Deutschland zu sichern. Und mit Willem Manten hat der amerikanische Broadliner jemanden, der sein Geschäft ebenso aus dem Effeff beherrscht. (gn)

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