Handys machen unpünktlich und zerstören Gespräche. Das will David Holmes, Sozialpsychologe der Manchester Metropolitan University, herausgefunden haben. "Durch Mobiltelefone sind viele soziale Tabus gebrochen worden. Die Leute beantworten zum Beispiel Anrufe mitten in einem Gespräch oder telefonieren ungeniert auf der Toilette", sagt er.
Holmes ist mit seiner Aussage nicht allein. Einer letzte Woche veröffentlichten Umfrage zufolge beklagen die Briten ihre neue Unpünktlichkeit. Sie ließen ihre Bekannten heutzutage im Schnitt fast fünfzig Minuten pro Woche warten, erklärten sie in einer Umfrage des Handy-Direkthändler Dial-a-Phone. 2.000 Handy-Besitzer wurden interviewt.
Fast 40 Prozent der Befragten sagten, sie könnten mit ihrer Unpünktlichkeit und der ihrer Zeitgenossen gut leben. Denn man könne den Wartenden ja per Handy oder SMS Bescheid geben.
Ein Drittel fand es in Ordnung, Freunde bis zu 20 Minuten warten zu lassen. Mehr als ein Viertel erklärte, sie würden gewohnheitsmäßig nicht rechtzeitig zu Verabredungen aufbrechen, sich aber per Handyanruf oder SMS entschuldigen. Jeder Zehnte sagte, er sei schon zu spät zu einem Einstellungsgespräch gekommen.
"Diese Generation betrachtet Zu-Spät-Kommen als Norm und nicht mehr als Faux-Pas", sinniert Holmes.
Was er und die Umfrage aber nicht berücksichtigten, ist, wie gefährlich diese Handy-Benutzer leben - falls sie während eines Gewitters ihr verspätetes Kommen ankündigen. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge warnen Ärzte davor, während eines Gewitters im Freien zu telefonieren. Denn man könne vom Blitz getroffen werden - sozusagen als ultimative Strafe für die Unpünktlichkeit. So sei ein fünfzehnjähriges Mädchen von einem Blitz nieder gestreckt worden, als sie in einem Park telefonierte. Die Ärztin Swinda Esprit erklärte in einem Brief an das "British Medical Journal", man müsse alle Nutzer dringend über diese zugegeben recht seltene Gefahr aufklären. Ob das Mädchen wegen einer Verspätung anrief, ist nicht bekannt. (wl)