"Benq steht glücklicherweise auf gesunden Füßen"

08.05.2003
Die Umfirmierung in Benq Ende 2001 war für Acer Peripherals, später Acer Communications and Multimedia, die nach innen wie nach außen getragene letzte Konsequenz eines 1996 eingeleiteten Abnabelungsprozesses von der Muttergesellschaft. Über künftige Unternehmens- und Produktstrategien sprach Jerry Wang, Vice-President for Global Marketing bei Benq, mit ComputerPartner-Redakteur Klaus Hauptfleisch.

Welches sind die Meilensteine im ersten Jahr nach der Umfirmierung in Benq? Und was bringt die Zukunft?

Wang: In den ersten Monaten nach der Umfirmierung haben wir uns sehr erfolgreich darauf konzentriert, Benq als neuen Markennamen zu etablieren. Um die Abnabelung von Acer weiter zu manifestieren, haben wir konsequent am Ausbau einer eigenständigen Produkt- und Unternehmensstrategie gearbeitet.

Mit TFT-Displays, Projektoren, Kommunikations-, Imaging- und Storage-Lösungen haben wir unser Angebot an Peripherie auf alle Bereiche des Digital Lifestyle ausgeweitet. Nach unserer Produktphilosophie steht Benq für Spaß und Lebensqualität. Und das verpflichtet uns vor allem auch zu innovativem Design.

Die Abgrenzung von Acer, schön und gut. Aber wie verträgt sich das, dass Sie demnächst offenbar auch in Handys und Notebooks machen wollen?

Wang: Im dritten Quartal planen wir, Smartphones auf Symbian-Basis auf den Markt zu bringen. Dabei denken wir zunächst an den Business-User; für den Privatanwender sollen aber auch Spiel und Spaß nicht zu kurz kommen. Der eine möchte mit einem solchen intelligenten Handy möglichst viel Zeit sparen, dem anderen soll es eher zum Zeitvertreib dienen. Spaß und Lebensqualität - dafür steht auch der Name unserer gerade erst eingeführten mobilen Entertainment-Systeme "Joybook".

Deren Launch in Europa wohl noch auf sich warten lässt, während Sie auf der Homepage Ihres Headquarters in Taiwan schon beworben werden. Sind manche Benq-Erzeugnisse am Ende vielleicht nur für Ostasien und Länder der Dritten Welt bestimmt?

Wang: Ein generelles Nein. Wir haben bei unseren Produkten bezüglich Qualität und Design stets den Weltmarkt im Auge. Auch oder gerade in China sind moderne Premium-Produkte gefragt. Auf Niedrigpreisniveau oder schlechte Qualität wollen wir uns auch gar nicht erst herablassen. Wenn bestimmte Produkte zunächst in Taiwan oder in China lanciert werden, dann lediglich als Test für den späteren Erfolg auf den Weltmärkten.

Wie hat sich das Brand-Business von Benq entwickelt? Welchen Anteil hat Europa daran?

Wang: Umsatz und Gewinn haben sich im vergangenen Jahr praktisch verdoppelt. Die große Nachfrage unserer OEM-Kunden im Mobilfunkbereich führte zwar vorübergehend zu einer stärkeren Gewichtung der Auftragsfertigung. Dabei haben wir den Ausbau des Markengeschäfts aber nie aus den Augen verloren. Derzeit liegt das Verhältnis Brand- zu OEM-Business bei etwa 30 zu 70 Prozent. Beide Geschäftsbereiche sollen sich gleichmäßig entwickeln. Europa spielt dabei mit 29 Prozent Anteil im Markengeschäft eine sehr wichtige strategische Rolle.

Bei Benq Deutschland scheint der Name Acer bereits aus dem Vokabular der Mitarbeiter gestrichen zu sein. Wie unabhängig ist Benq wirklich von der einstigen Mutter, zumal Anfang des Jahres Gerüchte umgingen, dass Acer keine TFT-Panels von Ihnen bekommt?

Wang: Dass Acer von uns als OEM-Lieferant partout keine TFT-Panels bekommen soll, entspringt wohl eher der Gerüchteküche. Wahr ist aber, dass Benq und Acer vollkommen unabhängig voneinander sind. Es gibt daher für uns auch keine Lieferverpflichtungen. Schon mit dem Börsengang 1996 wurde Benq, damals noch unter dem Namen Acer Peripherals, später Acer Communications and Multimedia, auf eigene finanzielle Füße gestellt. Nachdem sich unter den Aktionären die Mehrheitsverhältnisse änderten und etliche Produkte nicht mehr ins Portfolio von Acer passten, kam es im Dezember 2001 zur völligen Abnabelung und Umfirmierung in Benq. Acer stellt sich ja nach dem Spinoff von Benq und Wistron nur noch als Marketing- und Service-Company auf. Jetzt, da der Acer-Anteil auf unter 20 Prozent gesunken ist, sind wir noch unabhängiger voneinander. Und das schließt natürlich auch Outsourcing-Verträge, Schlüsselkomponenten, IC-Design, Branding und Marketing ein.

Was sind Ihre Hauptproduktlinien, und wo sehen Sie Potenziale für die nahe Zukunft?

Wang: LCD-Monitore, Projektoren und optische Storage-Produkte wie DVD- und CD-Laufwerke sind unser Hauptgeschäft. Potenziale sehe ich auch bei LCD-TV-Geräten. Ein starkes Wachstum erwarte ich darüber hinaus bei 17-Zoll-TFT-Dipslays. Ich denke, bis Jahresende dürfte der Marktanteil der 17-Zöller in Europa bei über 40 Prozent liegen.

Während mit HP und Compaq als Paradebeispiel überall die große Fusionitis umgeht und von Marktkonsolidierung die Rede ist, scheint Acer genau den entgegengesetzten Weg zu gehen. Ist das der Überlebenskampf zwischen Flexibilität und Größenwahn?

Wang: Viele Merger und Konsolidierungstendenzen waren unvermeidlich. Denn seit mehr als zwei Jahren herrscht ein harter Verdrängungswettbewerb, in dem die Schwachen immer schwächer und die Starken immer stärker werden. Es ist daher schwer zu sagen, welcher Weg nun der richtige ist. Benq steht glücklicherweise auf äußerst gesunden Füßen. Kaum ein anderes Unternehmen Taiwans ist im Brand- wie im OEM-Business so erfolgreich wie wir und kann außerdem noch auf eine so umfassende Produktpalette verweisen. Viele Hersteller, die mit Komponenten groß geworden sind, drängen derzeit ins Peripheriegeschäft. Doch Peripherie ist sehr stark PC-getrieben. Und daher haben wir bereits vor einigen Jahren begonnen, uns das Thema Digital Lifestyle auf die Fahne zu schreiben.

Welche Rolle wird Taiwan Ihrer Meinung nach künftig spielen, wenn die Produktion immer mehr nach China abwandert?

Wang: Die Produktionsverlagerung in Länder mit günstigeren Bedingungen ist ein unvermeidlicher historischer Trend. Taiwans OEM-getriebene Industrie kann sich dem ebenso wenig widersetzen wie einst die Amerikaner in Japan oder die Japaner bei uns auf der Insel. Als Hightech-Produktionsland und Designerschmiede wird Taiwan auch zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Um dem Problem sinkender Margen zu entgehen, muss Taiwans IT-Industrie im Sinne einer höheren Mehrwertschöpfung weiter an der Veredelung der Produkte arbeiten. Darüber hinaus sollten die Unternehmen daran arbeiten, sich ein eigenes Markenimage zu schaffen. Denn auch das schafft Mehrwert.

www.benq.de

Facts & Figures

Im ersten Jahr nach der Umfirmierung Dezember 2001 hat der Acer-Spin-off einen Jahres-umsatz von 2,378 Milliarden Euro und einen Vorsteuernettogewinn von 216,32 Millionen Euro erwirtschaftet. Profit und Umsatz haben sich somit im Vorjahresvergleich nach eigenen Angaben in etwa verdoppelt. In den Niederlassungen weltweit und in den Produktionsstätten Chinas, Taiwans, Malaysias und in Mexiko sind insgesamt rund 11.000 Mitarbeiter beschäftigt.

Der Umsatz im ersten Quartal 2003 (bis 31. März) lag mit 688,54 Millionen Dollar um nur um 4,3 Prozent unter dem Niveau des verkaufsstarken vierten Quartals 2002. Seit Juli 2002 ist der OEM-Anteil zu Gunsten des Markengeschäfts von 76 auf 70 Prozent zurückgegangen. Von 29 auf 22 Prozent ebenfalls stark gesunken ist auch der Europa-Anteil.

An Bedeutung gewonnen hat wiederum die Display-Sparte. Der Umsatzanteil stieg von 41 auf 47 Prozent, während der im Bereich Kommunikation, Imaging und Storage auf unter 50 Prozent gesunken ist. (kh)

www.benq.de

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