Beraterhonorare: "Nun kommen die mageren Jahre"

18.04.2002
Schlechte Zeiten für IT-Beratungs und Dienstleistungsunternehmen. Konnte die Branche bis vor Mitte 2001 nicht genug Experten einstellen, gehen die Honorare wegen der stark gesunkenen Nachfrage immer mehr in den Keller.

Immer mehr Branchen im Dunstkreis des IT-Umfeldes geht es an den Kragen. Nun hat es auch die IT-Dienstleistungs- und -Beratungsunternehmen erwischt, die auf der Suche nach Consultants und Projektmitarbeitern bis vor gar nicht so langer Zeit noch mit stattlichen Gehältern gelockt haben. Doch dann blieben plötzlich die Aufträge weg, und statt in die Hände zu spucken, drehen viele der teuer erkauften Experten Däumchen. "Nun kommen die mageren Jahre", meint der Mitarbeiter eines großen Beratungsunternehmens unter dem Deckmantel der Anonymität.

Entsprechend hart ist der Wettbewerb geworden, weshalb viele vor allem der kleineren Firmen gezwungen sind, ihre Dienste günstiger anzubieten. Und deshalb weichen die tatsächlich bezahlten Stunden- und Tagessätze immer mehr von den Listenpreisen ab. Die sind laut einer Erhebung der Meta Group vom August vergangenen Jahres reichlich gesalzen. So wurden für einen Projektleiter mitunter bis zu 480 Mark pro Stunde plus Reisekosten von 300 Mark veranschlagt. Doch nichts ist so heißt, wie es gekocht wird. "Das sind und waren nur die offiziellen Angaben, in der Praxis haben die Anbieter schon immer Nachlässe von zehn bis 15 Prozent eingeräumt", wird Andreas Burau, Director Consultant IT-Service & Market Research der Meta Group, von unserer Schwesterzeitschrift "Computerwoche" zitiert. Allerdings würden die IT-Häuser heute sogar bis zu 30 Prozent im Preis runtergehen.

Teure Reserve für bessere Zeiten

"Besonders im Consulting-Umfeld werden vermehrt Angebote zu Stundensätzen abgegeben, die man noch vor einem Jahr nicht für möglich gehalten hätte", weiß auch Dieter Pfaff, Vorsitzender der Geschäftsführung des RAG Informatik GmbH, zu berichten. Aber bei guter Kundenbindung und Qualität würden die üblichen Stundensätze vom Kunden auch akzeptiert. Daran wollen auch die Großen der Branche festhalten und bauen auf ihre Reputation. Ulf Henning, Marketingleiter von Accenture, hält es sogar für einen großen Fehler, dem - von ihm bestätigten - Preisdruck nachzugeben.

"Partnerschaftliche Beziehung", wie Henning sie herausstellt, hin, Reputation her, vielen Kunden geht es derzeit jedoch eher darum, die Kosten zu senken. Und so bahnt sicht ein neuer Trend an, externe Dienstleister nur noch als Trainer oder Wissensvermittler für die eigenen Mitarbeiter zu beschäftigen. Das kommt die Unternehmen in vielen Fällen sehr viel günstiger. In einem konkreten Fall musste ein Beratungsunternehmen bei einem Projekt etwa 90 Prozent des erwarteten Umsatzes einbüßen, weil der Auftraggeber nur noch Trainer anforderte, anstatt ihm das Vorhaben ganz anzuvertrauen.

Und so sind selbst renommierte Beratungsunternehmen oft doch zu Zugeständnissen bereit, meint Meta-Group-Manager Burau. Denn zu einer Partnerschaft gehöre nun einmal, dass man auch in schwierigen Zeiten zusammensteht. Wenn sie sich zu Sonderkonditionen bereit erklären, dann aber meist nur hinter vorgehaltener Hand. Denn würden die Preisnachlässe erst mal publik werden, wird es später schwer, zu höheren Honoraren zurückzukehren.

Mitarbeiter entlassen können und wollen die Beratungshäuser nun auch wieder nicht, zumal die Einstellungskosten teilweise in die Zigtausende gingen. Außerdem steht bei einem Anziehen der Nachfrage sonst zu befürchten, dass es erneut zu Kapazitätsengpässen kommt.

www.metagroup.de

www.rag-informatik.de

www.accenture.de

ComputerPartner-Meinung:

Auch Services sind eine Form von Ware und unterliegen damit dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Diese schmerzliche Erfahrung müssen derzeit wohl viele IT-Dienstleister und -Berater machen. Wenn jetzt aber einzelne Unternehmen dazu übergehen, ihre Leistungen weit unter Preis anzubieten, dann könnte das fatale Folgen für die Branche haben. Denn es gibt noch viel zu tun, und der nächste Boom kommt bestimmt. (kh)

Zur Startseite