Der CP-Querschläger

Beratung, das letzte Geheimnis der Fachhändler

Der CP Querschläger ist seit 26 Jahren ein fester Bestandteil von ChannelPartner. Regelmäßig berichtet unser Autor über das, was einem kleinen Reseller in der großen ITK-Landschaft widerfährt. Manchmal überspitzt, aber immer auf den Punkt gebracht. Der Querschläger lebt und arbeitet als Fachhändler in Rheinland-Pfalz.
Ist die Beratung heute wieder wichtiger als der Kaufrausch? Nicht zwangsläufig, meint der "schreibende Fachhändler".

Passend zur CP-Umfrage "Hand aufs Herz: Wenn Sie für einen Kunden zwei vergleichbare und passende Produkte zur Auswahl haben, welches empfehlen Sie?" (--> Umfrageergebnis ansehen) hat sich auch unser "schreibender Fachhändler", der "CP-Querschläger" seine Gedanken gemacht:

Wer eine Empfehlung unabhängig vom Lagerbestand, von Verkaufswettbewerben oder Bonuszahlungen geben darf, muss einer der wenigen noch verbliebenen, echten Fachhändler sein.
Wer eine Empfehlung unabhängig vom Lagerbestand, von Verkaufswettbewerben oder Bonuszahlungen geben darf, muss einer der wenigen noch verbliebenen, echten Fachhändler sein.
Foto: fotolia / Picture-Factory

Eines können Großflächenmärkte und Online-Shops noch nicht: persönlich gut beraten! Wer sollte da wen worüber beraten? Zuerst müsste in einem mehrmonatigen Seminar der Begriff "Beratung" in die Konzernunternehmen eingeführt werden. Wer Jahre und Jahrzehnte Verkäufer nur auf Umsatz drillt, wird sich mit den als unproduktiv gescholtenen Beratern schwertun – ob aus Kosten- oder Konkurrenzdruck oder weil es vor lauter Umsatzdenken einfach vergessen wird.

Das Image eines Beraters leidet auch durch die drückerartig auftretenden Finanz-, Vermögens- und Wirtschaftsberater. Die echten Dienstleister jedoch sterben aus, schon seit Längerem. Stückzahlen, Gewinnmaximierung, Lagerdruck – es kommt nicht darauf an, dass es zum Kunden passt, sondern dass er es kauft.

Den vom Klienten gerade wiederentdeckten Qualitätsbegriff, der eine gute Beratung vor und nach dem Kauf bedingt, kennt der ordentliche Kaufmann – so hieß das früher wirklich – durch seine einst auferlegte Sorgfaltspflicht schon lange. Bevor in Japan das Qualitätsmanagement wiedererfunden wurde und dies auf seltsam verschlungenen Wegen in die postsoziale Marktwirtschaft zurückfand, war die Beratung dem Kaufrausch gewichen.

Qualität – wozu? Die Ware musste sich verkaufen! Bunt, laut, schnell. Vor diesem Hintergrund ist die Frage, welches Produkt wir empfehlen würden, eine sehr philosophische. Es gibt nicht mehr viele unter uns, die den Wert dieser Dienstleistung als Alleinstellungs- und Nachhaltigkeitsmerkmal begreifen. Sie wird so nebenbei von Marketingabteilungen mit Worten und Bildern bedient und ansonsten als unliebsamer Kostenfaktor durch aggressive Verkaufsmethoden ersetzt.

Wer also eine Empfehlung unabhängig vom Lagerbestand, von Verkaufswettbewerben oder Bonuszahlungen geben darf, muss zwangsläufig einer der wenigen noch verbliebenen, echten Fachhändler sein. Einer aus dem Restbestand ordentlicher Kaufleute, der so handelt, wie es die Hanseordnung aus dem 16.Jahrhundert einst vorsah: in Treu und Glauben!

Mein Fazit: Krisen können etwas Wunderbares sein. Vor allem, wenn sie den Blick für das Wesentliche öffnen.
Bis demnächst, Euer Querschläger!
(Der ChannelPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.)

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