Berolina Schriftbild: Ein Dorn im Auge der Druckerindustrie

03.06.1998

DABENDORF: Seit mehr als 30 Jahren entwickelt und produziert Berolina Verbrauchsmaterialien für Laser-, Inkjet- und Matrixdrucker als Eigenmarke für alle gängigen Druckertypen. Für die Hersteller der Drucker eine eher unliebsame Konkurrenz, denn das brandenburgische Unternehmen wird gerne totgeschwiegen.

Wer bei Berolina hochtechnisierte Fertigungsstraßen und weißge-kachelte Laboratorien erwartet, der irrt. Im beschaulichen Örtchen Dabendorf, südlich von Berlin an der ehemaligen Transitstrecke gelegen, wird vieles noch in Handarbeit gefertigt. Dennoch ist Berolina einer der Großen der Branche.

Die Produkte werden über 15 Franchisepartner bundesweit fast ausschließlich an Unternehmen und Selbständige direkt geliefert. Die Kunden werden von einem bundesweiten Technikernetz betreut, das über eine kostenfreie Hotline zur Verfügung steht. Es wird zwar darüber nachgedacht, auch in den Privatmarkt einzusteigen, doch räumt das Management fehlende Mittel ein, diese Zielgruppe über den Handel zu erschließen. Auch befürchtet das Geschäftsführer-Trio, daß die Unternehmensphilosophie - Umweltentlastung, Markenqualität, Kostensenkung und Service - über diesen Kanal nicht rübergebracht werden kann.

Nicht weil der Handel dazu nicht in der Lage wäre. Aber der Name Berolina ist dem Anwender im Privat- und SOHO-Bereich kaum geläufig und würde neben den bekannten Marken ohne Erklärung und Beratung wohl sang- und klanglos untergehen. "Kein Druckerhersteller empfiehlt uns natürlich", stellt Hans Wolff, Mann der ersten Stunde und Geschäftsführer Technik, fest. Gravierender noch: "Die Druckerhersteller verweigern die Garantie, wenn andere als von ihnen selbst produzierte Produkte verwendet werden", weil Fremdprodukte den Drucker beschädigen sollen. Diese Behauptung sei "nicht nur wettbewerbswidrig, sondern auch falsch", wettert der Manager. Dennoch ist die Ausweitung der Vertriebskanäle nicht vom Tisch. "Wir suchen noch einen Weg", sagt Wolff.

Die Hersteller von Laserdruckern bemühen sich redlich, dem Mitbewerber Steine in den Weg zu legen. Zum Beispiel als die Berolina-Techniker auf die Idee kamen, daß man das Volumen der Tonerboxen problemlos vergrößern könne. Platz war in den Druckern rund um die Tonerboxen vorhanden. Wurden schon vorher beim Befüllen die Behälter geschüttelt, um durch Verdichten die Menge des Toners zu erhöhen, steigerte sich durch die größeren Tonerboxen das Fassungsvermögen noch mehr. "Wir sind 30 bis 35 Prozent günstiger als vergleichbare Produkte von Mitbewerbern", sagt der Geschäftsführer.

Nachdem die Dabendorfer mit ihren Hochleistungskartuschen auf dem Markt waren, setzte ein Druckerhersteller zum Gegenschlag an. Hohlräume rund um die Tonerbehälter wurden mit Kunststoffstreben "dichtgemacht", so daß die Berolina-Produkte nicht mehr eingesetzt werden können. Damit wollen die Dabendorfer sich aber nicht geschlagen geben. Noch für dieses Jahr kündigt Wolff einen "Paukenschlag" an, ohne aber mehr zu verraten. "Für dieses Problem haben wir auch eine Lösung gefunden", behauptet er.

"Refill ist eine Wissenschaft, die nur wenige

beherrschen"

Nach der Devise "Umweltentlastung durch Wertstoffkreislauf" werden die angelieferten gebrauchten Toner- und Tintenbehälter sowie Farbbänder auseinandergenommen, Verschleißteile ausgetauscht, gereinigt, leicht verändert - wenn es sich um Produkte anderer Hersteller handelt - und neu befüllt. Nur bei Bedarf werden Leerkartuschen dazugekauft. Jede einzelne Tonerbox und Tintenpatrone wird in einer Endkontrolle auf ihre Funktionstüchtigkeit hin überprüft. Die Tintenfäßchen werden sogar ausgewogen, um die Füllmenge zu kontrollieren.

"Wir haben 30 Jahre Erfahrung in der Wiederverwertung", betont der Manager. Mitbewerber, die ähnliches versuchten, wie HP, sind mit ihren Refills gescheitert. Nach zahlreichen Reklamationen und wenige Monate nach Einführung mußten die Böblinger diese Produkte wieder vom Markt nehmen, wie Wolff erzählt. "Refill ist mehr, als neuen Toner einzufüllen. Dazu gehört ein großes Know-how", erklärt er.

Die Tinten, Toner und Farben sind allesamt Eigenentwicklungen von Berolina. Sobald ein neuer Drucker auf den Markt kommt, wird das Team in den Labors aktiv. Nach einer Schriftbildanalyse des Druckertyps werden die Komponenten gemischt. Ein halbes Jahr und länger dauert es, bis die Produkte serienreif sind.

Wolff rechnet am Beispiel des Kunden Telekom den Preisvorteil der Berolina-Produkte vor: Der Telefonriese hat für seine installierten HP Laserjet 4 seit 1995 fast 5.000 Berolina Supercart 4 verbraucht. Das entspricht der Menge von 12.000 Original-Tonerbehältern. Die Ersparnis in Heller und Pfennig: über 420.000 Mark und 26 Tonnen Einsparung an Abfall. Die Deutsche Post AG habe in einem Jahr mit dem Einsatz der Supercart 4V sogar über eine Million Mark und fast 50 Tonnen Abfall eingespart. (ak)

Die Berolina-Firmenzentrale in Dabendorf: Einer der größten Arbeitgeber der Region.

Bei der Produktion von Farbbändern wird auf Sonderwünsche eingegangen.

Berolina-Geschäftsführer Hans Wolff: "Viele im Markt beneiden uns um unseren funktionierenden Direktvertrieb."

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