Ein Mythos mit Erfolgschancen

Besser überzeugen mit Authentizität

30.03.2012
Nicht greifbar und trotzdem existent - Hans-Jörg Schumacher zeigt auf, wie Authentizität entsteht.
Bei der Kommunikation spielt Glaubwürdigkeit eine wichtige Rolle.
Bei der Kommunikation spielt Glaubwürdigkeit eine wichtige Rolle.

"Authentisch sein", "authentisch wirken" - das ist nicht nur für den Erfolg von Führungskräften und Verkäufern sehr wichtig. Für viele Menschen ist dies ein Lebensideal. Doch was ist überhaupt Authentizität, und wie entsteht sie?

"Eigentlich bin ich ganz anders, nur ich komm‘ selten nur dazu." Diese Liedzeile singt Altrocker Udo Lindenberg in einem seiner bekanntesten Songs. Und der Titel des meistverkauften Buchs des Alltagsphilosophen David Precht lautet: "Wer bin ich - und wenn ja wie viele?"

Über Authentizität spricht jeder. Und jeder möchte sie haben. Doch keiner weiß genau, um was es dabei eigentlich geht. Schon das Wort korrekt auszusprechen, fällt manchem schwer, weshalb viele Menschen lieber das Adjektiv benutzen und mit verklärtem Blick von "authentisch sein" und "authentisch bleiben" sprechen - nie aber vom "authentisch werden".

Und damit stecken wir mitten im Dilemma. Für die meisten Menschen gilt: Sie betrachten das, was ist, als ihren wahren Wesenskern und leugnen damit die Chancen, die in einer Entwicklung ihrer Persönlichkeit liegen. Und was noch schlimmer ist: Viele Menschen neigen dazu, ihr Verharren in der Komfortzone als Ausdruck ihrer "Authentizität" zu verklären, die es gegen die Unwägbarkeit einer Veränderung zu verteidigen gilt. "Wenn ich das so machen (sagen oder tun) würde, wäre ich nicht mehr authentisch." Diesen Satz hört man zum Beispiel als Berater oder Coach oft, wenn Menschen an den Punkt geraten, dass gewisse Veränderungen ihrer Denk- oder Verhaltensweisen sinnvoll wären. "Authentizität" dient hier als Entschuldigung für ein Verharren im Gewohnten.

Erkenne und entwickle dich!

Hieß es über dem Eingang zum Orakel von Delphi "Erkenne Dich selbst - und bleib wie Du bist"? Nein! Die tiefere Bedeutung des Sinnspruchs "Gnothi seauton" liegt in dem, was über dem Tempeleingang nicht in Marmor gemeißelt wurde, sondern als Botschaft der Götter mitschwingt: "... und entwickle Dich zu dem, was Du sein könntest - ein Ebenbild Gottes".

Dieser Auftrag bedeutet für uns Menschenkinder oft Stress. Deshalb überspringen viele, wenn Veränderungen anstehen, die sogenannte "Stress- und Entwicklungszone" und landen unmittelbar in der "Panikzone", um dann schnellstmöglich wieder in ihre "Komfortzone" zu flüchten. Mit der festen Überzeugung: Es ist besser, "authentisch" zu bleiben. Schuster, bleib bei deinen Leisten!

Was ist denn nun diese ominöse Authentizität? Ein angestaubter, weitgehend unverständlicher Diskurs über etwas nicht Greifbares? Geführt von Philosophen über alle Generationen und Philosophieschulen hinweg? Und was bedeutet es, "authentisch zu sein"? Ist "Authentizität" ein alltagstauglicher Begriff, der es uns ermöglicht, uns in einer komplexen, sozialen Welt zu orientieren und unsere Persönlichkeit gezielt zu entwickeln?

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