Bessere Komponenten bringen mehr als Übertaktung

13.04.2000
Das MHz-Rennen geht weiter. Mein Rechner muss schneller sein als der meines Nachbarn, sagen sich viele und schrauben an ihrem PC herum. Doch eigentlich bringt die Takterhöhung außer Gefahr für die CPU kaum etwas in puncto Geschwindigkeitsteigerung.

Was AMD und Intel als Prestigestreit betreiben, machen viele User im stillen Kämmerlein. Die Rede ist von immer höher getakteten Prozessoren. Viele Anwender geben sich mit der aufgedruckten Taktfrequenz nicht zufrieden, sondern versuchen mit allerlei Tricks, das Letzte aus ihren CPUs herauszuholen. In vielen Fachzeitschriften werden Tipps und Tricks zum Übertakten von CPUs beschrieben. Dort liest man oft, wie einfach und problemlos man einen 500-MHz-Prozessor auf 700 oder gar 800 MHz tunen kann.

Auch findet man immer wieder die Meldung, dass Prozessorhersteller auf ihre CPUs kleinere Taktfrequenzen aufdrucken, als diese tatsächlich beherrschen würden.

Taktfrequenz als Auswahlkriterium

Es stimmt tatsächlich, dass alle Prozessoren den gleichen Fertigungsweg durchlaufen. Es gibt also keine unterschiedlichen Fertigungsstraßen für Pentium- oder Athlon-Prozessoren mit den einzelnen Taktfrequenzen. Nach der Herstellung durchlaufen die CPUs eine Teststrecke. Erst hier wird festgestellt, welche Taktfrequenz der Prozessor maximal verträgt. Danach erfolgt dann der entsprechende Aufdruck auf der CPU. Wurden alle Fertigungsschritte durchlaufen und sind auch die Filme zur Belichtung der einzelnen Schichten auf dem Die nicht verrutscht, erreicht der Prozessor die maximale Taktfrequenz. Diese Kriterien werden aber nicht immer erfüllt. Deshalb ist die Ausbeute an diesen CPUs recht gering, und dementsprechend teuer werden sie gehandelt. Wurden dagegen nicht alle Fertigungsschritte optimal durchlaufen, ist der Prozessor zwar nicht defekt, aber erreicht eben nicht alle Spezifikationen. Eine davon ist die maximale Taktfrequenz. Er wird dann für eine niedrigere Taktfrequenz gestempelt. Es kommt allerdings auch vor, dass der Herstellungsprozess so gut funktioniert, dass zu wenig Prozessoren mit geringerer Taktfrequenz erzeugt werden. Dann, so wird hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, werden einfach niedrigere Taktfrequenzen aufgestempelt.

Übertakten funktioniert doch

Beim Durchmessen der Spezifikationen hält der Hersteller einen gewissen Sicherheitsspielraum ein. Das bedeutet: Der Prozessor arbeitet mit der aufgedruckten Taktfrequenz auch noch dann, wenn im Sommer 30 Grad im Büro herrschen und die Rechner-Innentemperatur auf über 50 Grad ansteigt.

Diesen Sicherheitsspielraum kann der Anwender nun gezielt ausreizen. In gewissem Sinne funktioniert das auch, wenn er dem Prozessor einen größeren Kühlköper spendiert und auch für bessere Gehäusebelüftung sorgt. Aber die CPU arbeitet nun außerhalb ihrer Spezifikation. Es sei denn man hat das Glück, einen schnelleren Prozessor erwischt zu haben als der Aufdruck verspricht. Um dafür zu sorgen, dass nicht jeder einfach den Prozessor übertaktet, haben die Hersteller eine so genannte Übertaktungsbremse integriert. Einen Athlon-Prozessor kann man beispielsweise nur übertakten, wenn man das Gehäuse der CPU öffnet und eine Overclocking-Platine aufsteckt. Diese Platine gibt es natürlich nicht beim Fachhändler um die Ecke, sondern sie muss in Fernost per Internet bestellt werden. Kostenpunkt: rund 150 Mark.

Freier Zugriff auf die Prozessoreinstellungen

Mit Hilfe dieser Platine hat der Anwender nun die volle Kontrolle über seinen Prozessor übernommen und gleichzeitig alle Garantieansprüche an den Hersteller verloren. Nun lassen sich sowohl die Core-Spannung als auch die Taktfrequenz verändern. Dieses Herumbasteln am Prozessor geschieht natürlich auf eigene Gefahr. Der Hersteller lehnt dann alle Garantieansprüche ab.

Übertaktung kostenlos?

Auch ohne eine Overclocking-Platine einzusetzen, kann man den Prozessor übertakten. Viele Mainboards erlauben eine Erhöhung des FSB per Bios-Einstellungen. Da der Prozessortakt mit dem FSB-Takt gekoppelt ist, wird nun auch die CPU höher getaktet. Auch hier ist ein größerer Kühlkörper für die CPU zwingend erforderlich. Allerdings können hier andere Probleme auftreten. Denn der FSB-Takt ist mit dem Takt für die AGP-Grafikkarte gekoppelt. Verträgt diese Karte den erhöhten Takt nicht, funktioniert der gesamte Rechner ebenfalls nicht mehr. Manche Motherboards koppeln den FSB-Takt auch mit den PCI-Slots und dem IDE-Kontroller. Auch in diesem Fall kann es zu Problemen mit der Rechnerstabilität kommen. Und was nützt der schnellste PC, wenn er dauernd abstürzt.

Lohnt sich eine Übertaktung?

Früher, als die Prozessoren noch mit wenigen MHz getaktet wurden, machte eine Übertaktung schon Sinn. Denn wenn der 286er nicht mit zwölf, sondern mit 20 MHz lief, bedeutete das eine Geschwindigkeitssteigerung von fast 50 Prozent. Doch ob die CPU heute mit 650 oder mit 700 MHz arbeitet, wird man kaum feststellen können. Bei der täglichen Arbeit wird man kaum einen Geschwindigkeitsvorteil ausmachen. (jh)

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