Bewerben ab 40: Schinderei mit Chancen

17.07.2006
Von Michael Schweizer

Etwas leichter scheint sich zu tun, wer sich aus ungekündigter Position umsieht. Aber immer noch schwer genug. Ein 45-jähriger IT-Revisor bei einer Bank, der sich verändern möchte, warnt vor dem Schematismus der Personalabteilungen. Nach etwa 20 Jahren Berufspraxis zum Beispiel bei ADV Orga und Peoplesoft werde ihm auf dem offiziellen Bewerbungsweg immer noch zur Last gelegt, dass er nicht studiert hat. Bessere Chancen bringe es, über Personalberater "direkt im Fachbereich" auf sich aufmerksam zu machen.

Das Alter kein Thema?

Kein Unternehmen wird einem Journalisten bestätigen, dass es Bewerber allein deshalb ablehnt, weil sie zu alt sind. SAP Deutschland beschäftigt nach Angaben von Communications Manager Alla Ruggaber-Mast derzeit 13 953 Mitarbeiter, von denen 27 Prozent über 40 Jahre alt sind. Bei Neueinstellungen komme es nicht auf das Alter, sondern auf "Qualifikation und Leistungsfähigkeit eines Bewerbers " an. Zum richtigen Alter gebe es "weder eine offizielle noch eine inoffizielle Richtlinie". Laut Herbert Hochberger aus dem Bereich Human Resources Operations existiert auch bei Microsoft Deutschland eine solche Vorgabe nur für Trainees: Sie sollen frisch von der Hochschule kommen. Ansonsten hänge das gewünschte Alter von der Position ab. Bewerber über 50 fänden sich kaum, aber von den etwa 500 Neueingestellten der letzten drei Jahre seien 15 bis 20 Prozent über 40 gewesen. In der rund 1900-köpfigen Gesamtbelegschaft seien es 18 bis 20 Prozent. Werde jemand mit fundierter Erfahrung, mit gefragtem Spezialwissen oder für eine Stelle mit Personalverantwortung gesucht, sei das Alter "überhaupt kein Thema".

Offizielle Zahlen sprechen dafür, dass das stimmt, wenn auch auf bedrückende Art. Im Februar 2006 veröffentlichte die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) die Studie "Der Arbeitsmarkt für IT-Expertinnen und IT-Experten". Der Verfasser Bernhard Hohn weist darin nach, dass Arbeitslosigkeit in der IT kein spezielles Problem der älteren Jahrgänge ist. Im März 2005 waren 159 000 studierte IT-Experten sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Unter ihren rund 6200 Kollegen, die im September 2005 arbeitslos gemeldet waren, machen die noch nicht 35-Jährigen die größte Gruppe aus (2344 Personen). Es folgen die 35- bis 44-Jährigen (1964), die 45- bis 54-Jährigen (1423) und die über 55-Jährigen (493). Entsprechend ist unter denen, die Arbeit haben, der Anteil der mittleren und höheren Jahrgänge seit fünf Jahren kräftig gestiegen (35- bis 44-Jährige um 22 Prozent, 45- bis 54-Jährige um 52 Prozent, über 55-Jährige um 46 Prozent). Verlierer sind die unter 35-Jährigen, deren Anteil um 26 Prozent zurückging. Autor Hohns ernüchternde Erklärung: Die, die als Junge eingestellt wurden, sind gealtert; in großem Umfang neu angeheuert werden weder Alte noch Junge.

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