Bewerben ab 40: Schinderei mit Chancen

17.07.2006
Von Michael Schweizer
Trainiern Hannelore Bostick empfiehlt den europäischen Lebenslauf, der auch soziale Fähigkeiten berücksichtigt.
Trainiern Hannelore Bostick empfiehlt den europäischen Lebenslauf, der auch soziale Fähigkeiten berücksichtigt.

"Soft Skills, Soft Skills, Soft Skills", sagt Trainerin Bostick und meint damit, dass Unternehmer bestimmte gute Eigenschaften älteren Mitarbeitern eher zutrauen als jüngeren: Ruhe, Überblick, Standfestigkeit, ferner die Fähigkeit, das Vertrauen älterer Kunden zu gewinnen - schließlich sind sie es in der Regel, die das Geld haben. Hier setzt die Trainerin an: Schweigsame Techniker sollen lernen, für sich zu werben, indem sie ihre allgemein menschlichen "Qualifikationen in Worte packen".

Für die schriftliche Bewerbung empfiehlt Bostick den Europäischen Lebenslauf. Weil die formellen Bildungsabschlüsse der Mitgliedsländer schwer zu vergleichen sind, räumt der EU-Lebenslauf außerberuflichen, zum Beispiel sozialen und künstlerischen Fähigkeiten breiten Raum ein. Das kommt älteren Bewerbern entgegen. Bostick und der Journalist Hans-Joachim Wiehager haben darüber ein Book on Demand geschrieben ("Erfolgreich bewerben mit dem Europäischen Lebenslauf", BoD, Norderstedt 2005, 120 Seiten, 9,80 Euro).

Aussteiger - Einsteiger

Hermann Globerger müsste sich nicht mehr bewerben. Der 1951 geborene Diplommathematiker hat eine Karriere als Systemanalytiker und -programmierer hinter sich, die ihn auf leitende Positionen in großen Ruhrgebietsunternehmen, zum Beispiel Veba Glas und Ruhrkohle AG, geführt hat. Aber statt ungestört seinen Vorruhestand zu genießen, hat Globerger sich bei "Erfahrung Deutschland" registrieren lassen, einer neuen Initiative, die hoch qualifizierte Ruheständler in kleine und mittelständische Unternehmen vermitteln will. Vor allem Existenzgründern möchte er mit seiner Erfahrung im "Innovations-, Change- und Risiko-Management zur Seite stehen".

Für die wesentlich jüngere Cornelia DeVos wäre es dagegen normal gewesen, wenn sie sich wieder beworben hätte. Doch als die gelernte Industrietechnologin ihre Stelle bei Siemens im Rahmen einer Massenkündigung verlor, erinnerte sie sich, wie viel Freude ihr das Studium an der vom Jesuitenorden betriebenen Hochschule für Philosophie in München bereitet hatte, und wagte einen Szenenwechsel. Sie verließ die teure Landeshauptstadt, zog aufs fränkische Land und gründete den Verlag Auditorium Maximum für philosophische Hörbücher. Ihre IT-Kenntnisse kommen ihr dort zum Beispiel im Online-Vertrieb und bei der Website-Gestaltung zugute. Aber der neue, "steinige Weg" bedeutet ihr viel mehr: "Ich kann alles einbringen, was ich je gelernt habe. Für mich ist das die Berufs- und Lebenserfahrung schlechthin."

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