Big Blue will endlich in den Consumer-Markt

09.10.1998

MÜNCHEN: Daß der Retail-Kanal immer wichtiger wird, wissen nicht nur die Analysten von IDC. IBM wog sich mit der Positionierung seiner "Aptiva"-Rechner bei Comtech und Vobis anfangs in Sicherheit. Nun sehen sich die großen Blauen aber verstärkt durch die Lebensmitteldiscounter wie Aldi und Lidl in ihrem Konzept unterwandert. Der Verkauf über den Preis soll's richten.Durch die Ausdehnung der Vertriebspartnerschaft mit Comtech auf den PC-Hersteller und -Händler Vobis im Frühjahr schien IBM der große Wurf gelungen zu sein. "Unser Geschäft mit Vobis entwickelt sich sehr gut", behauptet Hansjörg Frey, Direktor der Consumer-Division bei IBM Deutschland GmbH in Stuttgart. Nach seiner Überzeugung wird trotz momentaner Gerüchte, daß CHS die Retail-Geschäfte schnellstmöglich wieder loswerden möchte, in puncto IBM alles beim alten bleiben. Verkaufte Stückzahlen will Frey jedoch keine nennen. Marktexperten zufolge finden die Aptiva-Rechner bisher noch nicht in der geplanten Menge den Weg zum Endkunden. "Mit einem Marktanteil von 4,6 Prozent liegen wir laut IDC nach dem zweiten Quartal 1998 in Deutschland auf dem sechsten Platz im heißumkämpften Consumer-Geschäft", erklärt der IBM-Mann stolz. In der Tat kann die IBM damit im Vergleich zum Vorjahr ein passables Ergebnis vorweisen. Denn 1997 war das Unternehmen in diesem Marktsegment praktisch nicht vertreten.

Mit diesem Erfolg will sich der IBM-Manager aber noch nicht zufrieden geben: "Unser größter Mitbewerber in diesem Markt ist ganz klar Fujitsu." Nach jüngsten Untersuchungen der Marktanalysten bei Context konnte Fujitsu im ersten Halbjahr 1998 mit einem Anteil von 62 Prozent im deutschen Retail-Kanal fette Beute machen und ist wohl ein übermächtiger Gegner. IBM kam im gleichen Zeitraum auf spärliche zwei Prozent. Dazu Frey: "Wir spüren natürlich die Verkäufe über die Lebensmittelschiene - eine Vermarktung über diese Kanäle kommt für uns aber nicht in Frage." Der Manager scheut sich nicht davor, in Zukunft die Preispunkte von Aldi oder Lidl zu treffen: "Wir werden den Markt mit eigenen preisgünstigen Produkten angreifen." Die notwendige Grundlage für wettbewerbsfähige und rentable Produkte soll die Fertigungsstätte von Vobis in Würselen liefern.

"Wir können schneller auf Marktbedürfnisse reagieren und minimieren so das Lagerrisiko, indem wir heute das produzieren lassen, was wir nächste Woche brauchen."

Auch die Notebook-Abteilung liefert noch in diesem Jahr (Start voraussichtlich im November) ein preisaggressives Gerät der "Thinkpad"-Reihe aus. Ausgestattet mit TFT-Display und Pentium II-Prozessor wird das Gerät um etwa 2.500 Mark angesiedelt sein. "Wir wollen das Gerät bewußt in der Preisklasse der Aptiva-Desktop-Geräte anbieten, damit der Kunde in der gleichen Leistungsklasse zwischen stationärem und transportablem Computer wählen kann", beschreibt Frey das Ziel der Aktion.

Damit soll aber das Vermarktungskonzept noch nicht komplettiert sein. Nach eigenen Angaben befindet sich der Konzern gerade in Verhandlungen mit weiteren PC-Vermarktern. Womöglich werden Aptivas also auch bald bei der Vobis-Konkurrenz zu finden sein. (akl)

IBM-Consumer-Markt-Chef Hansjörg Frey befindet sich bereits in Verhandlungen zur Vermarktung der Aptivas in weiteren Retail-Ketten.

Mit solchen Anzeigen will IBM über die Vobis-/Comtech-Ketten einen Fuß ins Consumer-Geschäft bekommen.

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