Unsicherheit im Big-Data-Markt

Big-Data-Mythen: Was ist dran?

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Im Big-Data-Markt herrscht viel Unsicherheit. Ständig verändern sich Techniken und Herangehensweisen. Ein guter Nährboden für Spekulationen, Gerüchte und Technik-Mythen.

Gartner prognostiziert, dass Unternehmen im laufenden Jahr für IT-Lösungen im Big-Data-Bereich 34 Milliarden Dollar ausgeben werden. Außerdem würden hier bis 2015 weltweit etwa 4,4 Millionen neue IT-Jobs entstehen, sagen die Analysten voraus.

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Die Suche nach dem eigentlichen Problem

Angesichts dieser Zahlen möchte man meinen, dass von einem etablierten, in sich gefestigten Markt die Rede ist. Doch davon ist Big Data noch weit entfernt. Bei Big Data handle es sich immer noch um eine Lösung, die auf der Suche nach ihrem eigentlichen Problem ist, sagt Gartner-Analystin Debra Logan. Zwar zeigten sich die Unternehmen sehr darum bemüht, in ihren Datensilos nach wertvollen Einsichten für ihr Geschäft zu suchen. Außerdem seien bereits viele Firmen engagiert dabei, mit neuen Techniken zu experimentieren.

Trotz all dieser Aktivitäten bestehe die größte Big-Data-Herausforderung darin, herauszuarbeiten, welche Fragen mit Hilfe des neuen Ansatzes überhaupt beantwortet werden sollen. „Sie untersuchen es, sie fragen sich, was das alles bedeutet, sie wollen lernen – aber das alles befindet sich in einer sehr frühen Phase“, lautet Logans Fazit. So ist es nicht verwunderlich, dass sich rund um Big Data zahlreiche Mythen durch Markt und Branche ranken. Das macht für Unternehmen, die die richtige Big-Data-Lösung für ihre individuellen Probleme suchen, die Aufgabe nicht unbedingt einfacher.

Mythos: Antwort auf alle Datenprobleme

In vielen Industrien und Branchen suchen die Verantwortlichen derzeit nach Mitteln und Wegen, ihre wachsenden Datenbestände effizient zu verwalten und daraus Kapital zu schlagen. Dass dafür Big Data automatisch die richtige Antwort sein muss, sei aber längst nicht ausgemacht, stellt Gartner-Expertin Logan fest. Auch wenn es am Markt unzählige Programme für das Daten-Handling gebe, sei es in so manchem Fall die beste Lösung, einfach einige Daten wegzuwerfen.

„Nicht alle Daten bedeuten Kapital für die Unternehmen – und wenn sie kein Kapital sind, dann kosten sie Geld“, so Logans Bilanz. Die Verantwortlichen müssten also als Erstes entscheiden, was im Umfeld von Big Data sinnvoll sei. Das wiederum hänge maßgeblich davon ab, welche Fragen die Unternehmen beantwortet haben möchten. „Was kann eine große Datenmenge über ein Problem sagen, was ein kleinerer ausgewählter Satz an Daten nicht sagen kann?“ Allerdings, so schränkt die Gartner-Expertin ein, müssten sich Unternehmen an den gesetzlichen Rahmen halten.

In manchen Branchen, die strengen regulatorischen Vorschriften unterworfen seien, wie beispielsweise das Gesundheitswesen, verbiete es sich, Daten einfach wegzuwerfen. Wo es darum gehe, den eigenen Datenbestand auf seinen Wert für das Unternehmen zu prüfen, müssten IT und Fachabteilungen deshalb eng zusammenarbeiten.

Mythos: Im Kern (k)ein IT-Projekt

Die Tatsache, dass rund um Big Data viele technische Aspekte wie das Sammeln, Speichern und Auswerten von Daten im Vordergrund stehen, verleitet Unternehmen, entsprechende Projekte in der IT-Abteilung abzuladen. Doch mit dieser zu einseitigen Herangehensweise riskierten die Unternehmen, mit ihren Big-Data-Initiativen zu scheitern, warnen Experten.

„Wenn Sie mit Big Data wie mit einem IT-Projekt umgehen, dann ist ein Fehlschlag programmiert“, sagt Michael Chui, Principal beim McKinsey Global Institute. Deshalb müssten die Verantwortlichen von Anfang an auch das Business mit ins Boot holen. Dabei gehe es vor allem darum, schon im Vorfeld die Anforderungen der Fachabteilungen möglichst exakt zu definieren. Erst damit erhält die IT eine verlässliche Basis dafür, welche Techniken sinnvollerweise zum Einsatz kommen sollten. Genauso wäre es jedoch ein großer Fehler, die IT in Big- Data-Fragen nicht anzuhören. Gerade im Zeitalter von schnell und einfach zu buchenden Cloud-Services fühlt sich vielleicht der eine oder Fachanwender ermuntert, das Heft selbst in die Hand zu nehmen.

Das dicke Ende kommt allerdings spätestens dann, wenn es um Integrationsfragen geht – sei es, welche Datenquellen wie an den Big-Data-Service angebunden werden können oder wie Auswertungsergebnisse zurück in die eigenen IT-Systeme fließen können. Dann hat die IT wieder ein gewichtiges Wort mitzureden.

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