Bitkom: Drei-Punkte-Programm für die neue Gründerkultur

28.03.2002
Der Aufschwung naht: Ein Plus von etwa vier Prozent werde die ITK-Branche in diesem Jahr verbuchen, 2003 werde das Wachstum acht Prozent betragen, sagt der Bitkom. Wie jedes Jahr gab der Verband die aktuellen Zahlen im Vorfeld der Cebit bekannt und forderte - ebenfalls wie jedes Jahr - mehr Unterstützung vom Staat.

Der deutsche Markt für Infor-mationstechnik und Telekommunikation (ITK) ist im vergangenen Jahr um 1,7 Prozent auf ein Volumen von 137,8 Milliarden Euro gewachsen. "Damit hat die ITK-Industrie eines ih-rer schwierigsten und turbulentesten Jahre abgeschlossen", sagt Volker Jung, Präsident des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom).

In diesem Jahr werde das Wachstum mit einem Plus von 4,2 Prozent (auf 143,6 Milliarden Euro) wieder einen akzeptablen Wert erreichen, so die Schätzung des Verbandes. Aber erst 2003 werde die Nachfrage mit einem Plus von mehr als acht Prozent auch wieder spürbar anziehen. Jung erwartete von der diesjährigen Cebit, dass "sie den allmählichen Aufschwung einläutet".

Die Phase der Konsolidierung in der Informations- und Kommunikationswirtschaft sei vorüber, meint Jung. Was die Branche jetzt brauche, seien "optimale politische und steuerliche Rahmenbedingungen, hochqualifizierte Fachkräfte und eine neue Gründerkultur". Ganz oben auf der Agenda stehe 2002 der zügige Aufbau der UMTS-Netze. Jung: "Das hat oberste Priorität."

Impulse aus Software- und Servicesektor erwartet

Maßgebliche Impulse in der Informationstechnik erwartet der Ver-band aus dem Service- sowie dem Softwaresektor. Für das laufende Jahr rechne man in beiden Segmenten mit einem Plus von fünf bis sechs Prozent. Im Mittelpunkt der Nachfrage stünden dabei vor allem Anwendungen in den Bereichen E-Government, Sicherheit, Wissensmanagement und Enterprise Application Integration.

Die ITK-Branche habe nach Meinung des Verbandschefs den Strukturwandel von der Fertigungs- zur Dienstleistungsbranche weitgehend abgeschlossen. 71 Prozent der Umsätze werden nach Schätzung der Interessenvertreter inzwischen mit Telekommunikationsdiensten, IT-Services und Software erzielt. Jung: "Das ist auch deshalb besonders erfreulich, weil es sich hierbei um beschäftigungsintensive Segmente handelt. Softwarehäuser und IT-Dienstleister haben in Deutschland seit 1996 etwa 200.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen."

Die ITK-Branche habe eine in der Vergangenheit so nicht gekannte "Volatilität" entwickelt, erklärt Jung: "Vorbei sind die Zeiten, in denen es für alle fast immer nur bergauf ging. Wir müssen die Informations- und Kommunikationswirtschaft differenzierter betrachten." Die Branche entwickle sich zyklisch, einzelne Segmente könnten eine völlig gegenläufige Tendenz zeigen. Viele Unternehmen hätten der schwierigen Marktsituation im vergangenen Jahr mit einer Anpassung ihrer internen Kostenstrukturen begegnen müssen. "Die ebenfalls notwendige Reaktion der Politik steht jedoch noch aus", kritisiert der Bitkom-Präsident.

Jung fordert Entkrustung des Arbeitsrechts

Der Verband fordert deshalb eine "Entkrustung" des Arbeitsrechts, eine weitere Optimierung der steuerlichen Rahmenbedingungen und eine tiefgreifende Reform des Bildungswesens. Auch die Green Card müsse in ein vernünftig gemachtes Zuwanderungsgesetz eingebettet werden. Der Staat sei zudem auch als IT-Anwender gefordert: E-Government müsse mit mehr Nachdruck eingeführt werden, im Gesundheitswesen könnten einheitliche Standards und digitale Verfahren viel Geld einsparen, und auch die flächendeckende Einführung von Sicherheitstechnologien müsse auf der politischen Prioritätenliste "weit oben" stehen.

Um die Forderungen des Verbandes zu unterstreichen, stellte Jung auf der Cebit auch gleich ein Drei-Punkte-Programm vor, das sich mit konkreten Vorschlägen zur Erleichterung der Startbedingungen für Unternehmensgründer an die Politik richtet. "Selbst Startups mit soliden Business-Plänen finden heute nur schwer Investoren", bemängelt er.

GSM und das Internetprotokoll hätten allein in Deutschland zur Gründung von etwa 5.000 Unternehmen mit rund 100.000 Arbeitsplätzen und einer Wirtschaftsleis-tung von ungefähr 30 Milliarden Euro geführt. Auch im Umfeld von UMTS könnten zahlreiche Dienstleistungs- und Hightech-Unternehmen entstehen, "wenn der Netzaufbau vorankommt und die Rahmenbedingungen für Gründer stimmen".

Das Drei-Punkte-Programm zielt auf den Abbau bürokratischer Hindernisse, eine Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen sowie die Optimierung der öffent-lichen Förderprogramme. "Gerade in den ersten beiden Jahren haben Unternehmensgründer anderes zu tun, als sich um bürokratische Formalismen und steuerliche Pedanterie zu kümmern. Sie bräuchten viel mehr Freiraum zum Wachsen." www.bitkom.org

ComputerPartner-Meinung:

Die Rede des Bitkom-Präsidenten hat schon Tradition: Der Verband fordert eigentlich jedes Jahr ein Umdenken, bessere Rahmenbedingungen und die Abschaffung der Bürokratiefallen - bislang jedoch ohne Erfolg. Vielleicht wäre es effektiver, wenn der Verband sich auf ein paar Punkte weniger kon-zentrieren und sich dann mit aller Kraft auch für deren tatsächliche Umsetzung einsetzen würde. (mf)

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