Bitte nicht füttern!

14.03.2002
Kaum ein elektronisches Gerät kommt heute noch ohne Display aus. Ob Rasierapparat oder Videorekorder: Überall zeigen kleine Bildschirme bestimmte Funktionen an. Die Industrie fordert immer mehr und immer preiswertere Displays, die zudem noch stromsparend sein sollen, um sie auch in batteriebetriebenen Geräten einsetzen zu können. Und Farbe wär auch nicht schlecht.

Zurzeit eingesetzte Displaytechnologien basieren entweder auf Röhrengeräten, auf Flüssigkristallen oder auf Plasmabildschirmen. Für die meisten Anwendungen scheiden Röhrenmonitore aufgrund der großen Abmessungen und des hohen Energieverbrauchs von vornherein aus. Flüssigkristallbasierende Systeme sind zwar sehr stromsparend, brauchen aber bei Farbdarstellung eine Hintergrundbeleuchtung, die den Strombedarf wieder in die Höhe treibt. Schließlich bleiben noch Plasmabildschirme, die aber relativ teuer sind und ebenfalls viel Energie schlucken. Was die Industrie händeringend sucht, ist ein preiswertes, flaches, farbtüchtiges Display, das selbstleuchtend und zudem noch stromsparend sein soll. Das sind viele Wünsche auf einmal, die aber eine neue Technologie erfüllen könnte: OLEDs (Or-ganic Light emitting Diode).

Leuchtdioden auf organischer Basis (OLEDs) sind klein, bestehen aus preiswerten Grundmaterialien, brauchen wenig Strom und leuchten selbständig. LEDs auf organischer Basis wurden schon in den 80er-Jahren entdeckt. Die ersten Versuche waren nicht sehr vielversprechend, da die hergestellten Exemplare nur mit etwa 0,01 Prozent Wirkungsgrad arbeiteten und eine Lebensdauer von wenigen Minuten hatten. Inzwischen können die Entwickler aber große Erfolge verbuchen: Die Lebensdauer beträgt nun mehr als 10.000 Stunden bei einem Wirkungsgrad von rund fünf Prozent. OLEDs stehen damit kurz davor, sich ein breites Anwendungsfeld zu erobern.

Marktchancen

Displays mit OLED-Technologie haben das Potenzial, den Bildschirmmarkt zu ändern. In naher Zukunft könnten sie die LCDs verdrängen. Zurzeit findet dieser Verdrängungs-prozess bei den CRT-Monitoren statt. Aber das Bessere ist der Feind des Guten: OLEDs lassen sich preisgünstiger fertigen, brauchen weniger Strom und liefern noch bessere Bilder. Zurzeit werden OLEDs nur als monochrome Displays in mobilen Geräten und Geräten der Unterhaltungselektronik eingesetzt.

Marktforschern zufolge sollen beide Technologien zusammen bis zum Jahr 2005 bei Mobiltelefonen einen Umsatz von rund 717 Millionen US-Dollar erzielen. Dabei fällt auf die OLED-Technologie ein Anteil von etwa 40 Millionen Dollar. Das Marktforschungsinstitut Displaysearch sieht OLEDs noch positiver und prognostiziert für das Jahr 2007 einen weltweiten OLED-Umsatz von 4,7 Milliarden Euro. Kein Wunder, dass sich viele Firmen und Forschungsinstitute auf die OLED-Technik stürzen.

So funktionieren OLEDs

Im Prinzip arbeiten OLEDs wie ihre anorganischen Kollegen: In einer Art "Halbleitermaterial", allerdings auf organischer Basis, rekombinieren Elektronen mit so genannten "Löchern", wobei die dabei frei werdende Energie zum Teil als Licht abgestrahlt wird.

Allerdings gibt es Unterschiede. Bei Standard-LEDs wird das Licht nur in dem schmalen "p-n-Übergang" erzeugt, das heißt an der Grenzschicht zwischen den beiden verschieden dotierten Halbleitern. LEDs werden dementsprechend als Punktstrahler bezeichnet, weil von dem gesamten Halbleiterkris-tall nur eine winzige Fläche Licht emittiert. OLEDs leuchten dagegen auf der gesamten Fläche, sodass hellere Bilder erzeugt werden. Außerdem bieten sie dadurch einen größeren seitlichen Blickwinkel.

Der Aufbau einer OLED ähnelt der eines LC-Displays. Eine reflektierende, stromleitende Scheibe bildet den Grundkörper. Darauf befindet sich das organische Material. Abgedeckt wird es mit einer durchsichtigen und ebenfalls stromleitenden Scheibe. Legt man nun zwischen den beiden Elektroden eine geringe Spannung an, beginnt die organische Substanz zwischen den beiden Scheiben zu leuchten. Je nach Zusammensetzung des organischen Materials lassen sich unterschiedliche Farben erzeugen. Da die OLED von sich aus leuchtet, entfällt die aufwändige Hintergrundbeleuchtung, wie sie bei LCD-Bildschirmen notwendig ist. Auch die lichtschluckenden Polarisations- und Farbfilter können entfallen.

Dadurch wird ein OLED-Bildschirm äußerst flach, die Dicke kann weniger als einen Millimeter betragen. Außerdem kann fast jeder Untergrund mit der leuchtenden organischen Substanz versehen werden. Dadurch lassen sich beispielsweise diese Moleküle auch auf Plastikfolien aufbringen. Runde oder gewölbte Bildschirme sind damit kein Wunschtraum mehr.

Weiterer Vorteil: Die Substanzen werden in flüssiger Form auf die Grundplatten aufgebraucht und polymerisieren dort zum gewünschten organischen Halbleiter. Das kann zum Beispiel mittels modifizierter Tintenstrahldrucker geschehen. Allerdings müssen diese Drucker im Reinstraum unter Sauerstoffabschluss betrieben werden. Die verwendeten Substanzen reagieren nämlich sehr schnell mit dem Sauerstoff und Wasserdampf in der Luft und zerfallen dann.

Nun wird es bunt

Während in einem Farb-TFT-Bildschirm die drei farbigen Pixel (Rot, Grün und Blau) nebeneinander angeordnet werden, lassen sich OLEDs übereinander platzieren. Dadurch erreicht man eine dreimal größere Anzahl von Pixeln bei demselben Platzbedarf. Wie bei den TFTs lassen sich auch hier alle Pixel einzeln ansprechen und deren Helligkeitswert einstellen. Dadurch erzielen OLED-Displays eine weitaus bessere Bildwiedergabe als vergleichbare TFT-Bildschirme.

In vielen Instituten wird weltweit nach besseren und haltbareren Substanzen gesucht, welche die Entwicklung der OLEDs vorantreiben können. Im Institut der Fraunhoferstiftung in Dresden forschen die Entwickler eifrig nach Möglichkeiten des Einsatzes von OLEDs. Jörg Amelung vom Fraunhofer-Institut Dresden sieht in der OLED den Bildschirm der Zukunft. "Gebt uns ein paar Jahre Zeit," so Amelung, "dann ist die OLED-Technik reif, den TFT-Monitor abzulösen."

ComputerPartner-Meinung:

Hersteller von TFT-Displays müssen in Zukunft mit einer ernsthaften Konkurrenz rechnen. Aber die Marktforscher prophezeien schon heute den organischen Displays eine große Zukunft. Doch bis es so weit ist, wird noch einige Zeit ins Land gehen. Sie kommen zwar langsam, aber gewaltig. Sind erst einmal die technischen Schwierigkeiten ausgeräumt, werden OLED-Bildschirme mit Sicherheit das Ende der TFTs bedeuten. Denn diese Technologie läßt sich einfach und preiswert produziern und bietet bessere Bilder. (jh)

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